Ener­ge­ti­sche Ver­ne­tzung in 2000-Watt-Area­len

Das 2000-Watt-Areal-Zertifikat bietet eine umfassende Qualitätssicherung für nachhaltige Areale. Mittlerweile wurden fast 30 Siedlungen und Projekte erfolgreich zertifiziert. Auf welche Energieversorgungsstrategien setzen sie?

Data di pubblicazione
19-06-2019

In der jungen Debatte um Smart Citys kommt der energetischen Vernetzung von Siedlungsarealen oder gemischt genutzten Quartieren eine grosse Bedeutung zu. Dieselbe Versorgungsstrategie prägt auch die zertifizierten 2000-Watt-Areale, verteilt über fast die gesamte Schweiz. Anhand der Zertifizierungsanträge für die sieben Standorte, die bereits bewohnt sind, und für die 17 weiteren Entwicklungsprojekte wurden deren ­Systeme zur Strom- und Wärmeversorgung analysiert.

Diese Systeme werden jeweils gemäss den Ökobilanzdaten im Baubereich klassifiziert, die von der Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB) herausgegeben werden. Der quantitative Nachweis für ein 2000-Watt-Areal beruht auf diesen Daten, mit denen jeweils der Primärenergieverbrauch und die Treibhausgasemissionen standortspezifisch berechnet werden.

Überwiegend erneuerbare Wärme

Etwas mehr als die Hälfte der 24 Areale verwendet nicht nur eine einzelne Wärmequelle. Über alle Standorte zusammengenommen stammen 54 % der Wärmeenergie aus einem Fernwärmenetz; 38 % werden sogar lokal erzeugt und die übrigen 8 % vor Ort standortungebunden bereitgestellt. Der Gesamtanteil von Wärme aus erneuerbaren Energien ist mit 94 % beachtlich hoch. Wird dazu Abwärme entweder aus der Nachbarschaft oder dem Standort selbst genutzt, ist die langfristige Verfügbarkeit dieser Quelle abzuklären.

Um sich auf einen allfälligen Wegfall vorzubereiten, sind Alternativen frühzeitig durchzudenken. Arealentwickler und -planer erhalten deshalb die Zusatzaufgabe, eine resilien­te Energieversorgung sicherzustellen.Als Beispiel dafür ein Standort, der die Abwärme aktuell von einem benachbarten Rechenzentrum bezieht. Als Ausfallvariante wurde zum einen der Anschluss an das Fernwärmenetz einer Abwasser­reinigungsanlage evaluiert, dessen Erweiterung geplant ist. Zum anderen wäre eine nachträgliche Installation von ­Sonnenkollektoren möglich; dafür sind die baulichen Voraussetzungen an den Neubauten bereits realisiert.

Wie konkret solche Ausfallszenarien sind, zeigt ein weiteres zertifiziertes 2000-Watt-Areal: Ursprünglich war eine Büronutzung vorgesehen, deren Abwärme bei der Gebäudekühlung in das lokale Anergienetz eingespeist und den Wohnungen zugeführt werden sollte. Schliesslich entschied man sich für einen deutlich geringeren Büroanteil, sodass dieser Beitrag an das lokale Wärmeversorgungssystem entfällt und das Konzept für das Gesamtareal überarbeitet werden musste. Nun wird die Wärmelast vollständig auf die verfügbaren Energiequellen, das Grundwasser und das Erdreich, verteilt.

Photovoltaik ist verbreitet

17 von 24 Arealen produzieren selber Strom; diese decken im Durchschnitt 21 % des internen Strombedarfs mit eigenen Photovoltaikanlagen (PV). Der höchste Eigenversorgungsgrad liegt bei 39 %. Die PV-Anlagen werden entweder vom Arealeigentümer selbst oder über ein Contracting durch ein Energieunternehmen betrieben. Auch die Organisa­tion von Eigenverbrauchsmodellen ist in den 2000-Watt-Arealen anzutreffen. Für alle gilt: Der Reststrom wird jeweils vom öffentlichen Netz bezogen.

Die Stromversorgung der Areale ist ebenfalls resilient zu planen: Auf einem ehemaligen Industrieareal fasste der Entwickler den Plan, ein bestehendes Kleinwasserkraftwerk zu reaktivieren. Die ökologischen Anforderungen an das Fliessgewässer, etwa eine Fischtreppe, waren aber zu hoch, sodass die Photovoltaik als einzige Variante zur Stromerzeugung vor Ort verblieben ist.

Erneuerbare Energieträger entscheiden

Das Erfolgsrezept für ein 2000-Watt-Areal-Zertifikat lautet: weg von fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energiequellen. Für die Erfüllung des SIA-Effizienzpfads Energie, der der 2000-Watt-Areal-Beurteilung zugrunde liegt und auf einem Ökobilanz-Ansatz beruht, ist eine klimafreundliche Qualität der Energieträger der entscheidende Faktor.

Die Vernetzung spielt dagegen eine ökologisch untergeordnete Rolle: Für zentrale Systeme sprechen hohe Wirkungsgrade bei grossen Energiezentralen und die Effizienz der Verteilung. Bei kleineren, dezentralen Energiesystemen fallen dagegen kurze Wege und geringere Verluste bei der Wärmeverteilung positiv in Betracht.

Soziale Vernetzung thematisiert

2000-Watt-Areale sind mehrheitlich nicht nur energetisch vernetzt, auch die soziale Vernetzung spielt intern eine wichtige Rolle. Deshalb fliessen der Nutzungsmix und Partizipationsmöglichkeiten in die qualitative Bewertung ein. An einigen Arealstandorten ermög­lichen elektronische Applikationen oder ein Intranet zudem den digitalen Austausch unter den Nutzerinnen und Nutzern.

Unter anderem lässt sich damit der persönliche Energieverbrauch einsehen und mit dem Arealdurchschnitt vergleichen. Denn auch dies ist auf dem Weg zum nachhaltigen Leben zu be­achten: Neben den passenden Techno­lo­gien rücken das Nutzerverhalten und
die Suffi­zienzmassnahmen vermehrt in den Fokus.
 

Ein Versprechen für die Klimazukunft – 2000-Watt-Areal in Transformation

Zwei Geschäftsareale und zwei Bildungscampus haben die erstmals vergebenen Zertifikate «2000-Watt-Areal» für Quartiere in Transformation erhalten. Damit soll die energetische Sanierung des bestehenden Gebäudeparks angeschoben werden. Die Auszeichnung orientiert sich am SIA-Effizienzpfad Energie und am Energiestadt-Label für Gemeinden.

Elf Areale haben an der dreijährigen ­Pilot- und Testphase teilgenommen; vier sind nun in diesem Frühjahr mit dem ­Zertifikat «2000-Watt-Areal in Transformation» ausgezeichnet worden:

• Campus Sursee, Oberkirch LU, das grösste Bildungs- und Seminarzentrum der Schweiz
• Swiss Re Campus in Zürich
• Firmensitz der AXA in Winterthur
• Université de Lausanne (UNIL) in Ecublens, Chavannes-près-Renens, St Sulpice und Lausanne


Der Artikel ist erschienen im Sonderheft «Immobilien und Energie II». Weitere Beiträge in unserem digitalen Dossier.

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