Die neue Norm SIA 269/8
Seit dem 1. Dezember 2017 ersetzt die Norm SIA 269/8 «Erhaltung von Tragwerken – Erdbeben» das Merkblatt SIA 2018:2004 «Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben».
Die neue Norm SIA 269/8 wurde von der Arbeitsgruppe SIA 269/8 der Normenkommission SIA 261 bearbeitet und in die Reihe der Erhaltungsnormen SIA 269 ff. integriert. Sie ist heute die Grundlage für die Überprüfung der Erdbebensicherheit von bestehenden Bauten. Die wesentlichen Neuerungen der Norm SIA 269/8 umfassen folgende Aspekte:
Mauerwerk
Das Kapitel «Mauerwerk» wurde komplett neu erarbeitet mit Regeln für Modellbildung, Steifigkeit, Widerstände und Verformungsvermögen von Bauteilen aus Mauerwerk sowohl für das kraftbasierte als auch für das verformungsbasierte Verfahren. Ferner wurden die Bestimmungen für den Nachweis quer zur Wandebene erweitert.
Geotechnik
Um festzustellen, ob auf eine Überprüfung der Erdbebensicherheit verzichtet werden darf, umfasst das neue Kapitel «Geotechnik» einfache Abgrenzungskriterien für Erd- und Stützbauwerke. Zu erwähnen sind die neuen Überprüfungsdiagramme, mit denen der Einfluss der Verflüssigung oder der Scherfestigkeitsverminderung des Baugrunds abgeschätzt werden kann.
Erdbebensicherheit
Bei der Beurteilung der Erdbebensicherheit gilt, wie bisher gemäss Merkblatt SIA 2018:2004, dass generell ein Erfüllungsfaktor von mindestens 1.0 anzustreben ist. Das bisherige Kriterium der Zumutbarkeit wurde gestrichen, sodass neu der Mindesterfüllungsfaktor unabhängig von den Ertüchtigungskosten erreicht werden muss. Der Mindesterfüllungsfaktor beträgt αmin = 0.25 für die Bauwerksklassen I und II bzw. αmin = 0.4 für die Bauwerksklasse III. Für Schulen und Kindergärten gilt neu ein Mindesterfüllungsfaktor von αmin = 0.4 statt wie bisher 0.25. Damit sollen die Kinder besser geschützt werden.
Als Ausnahmeregel darf bei Bauten mit einem sehr kleinen Personenrisiko ein Erfüllungsfaktor αeff < αmin = 0.25 akzeptiert werden, wenn die mittlere Personenbelegung kleiner als 0.2 Personen ist und sichergestellt ist, dass sich nie mehr als zehn Personen im vom Versagen gefährdeten Bereich befinden. Für Infrastrukturbauten mit lebenswichtiger oder zumindest bedeutender Infrastrukturfunktion wurden neu ein Infrastruktursatz und ein Mindesterfüllungsfaktor von αmin = 0.4 eingeführt. Die Beurteilung der Verhältnismässigkeit von Erdbebensicherheitsmassnahmen erfolgt dank dem Infrastruktursatz unabhängig von den Personenrisiken.
Am 13. Juni 2019 organisiert die Schweizer Gesellschaft für Erdbebeningenieurwesen und Baudynamik (SGEB) einen Einführungskurs in die neue Norm SIA 269/8 an der ETH Zürich. Der Flyer mit dem Link für die Anmeldung findet sich auf www.sgeb.ch.
Eine Wiederholung auf Französisch ist für den 8. November 2019 an der EPFL geplant.