«Ver­fah­ren sind nur so gut wie ih­re Ini­tia­to­ren»

Im Gespräch mit Monika Jauch-Stolz, Architektin aus Luzern und neue Präsidentin der SIA-Kommission Ordnungen 142/143 für Wettbewerbe und Studienaufträge.

Data di pubblicazione
31-08-2017
Revision
31-08-2017

SIA: Frau Jauch-Stolz, was sind Ihre wichtigsten Ziele als Präsidentin der Kommission 142/143?
Monika Jauch-Stolz: Öffentlichkeitsarbeit ist mir ein grosses Anliegen. Denn es bringt wenig, wenn wir als «Hüter des heiligen Grals» agieren und die Praxis uns nicht spürt. Die Ordnungen 142 und 143 haben eine grosse Bedeutung in der schweizerischen Baukultur und geniessen auch international Anerkennung. Dieses Erbe gilt es zu erhalten. Ich bin seit 1992 Mitglied der Wett­bewerbskommission; über die Jahre habe ich festgestellt, dass Reformen notwendig sein können, Konstanz aber auch Sicherheit schafft. Die Anwendung der Ordnungen in der Praxis ist etab­liert, die inhaltliche Kenntnis hingegen kann verbessert werden: Vorbe­reiter und Jurys von Wettbewerben sind leider nicht immer gut qualifiziert für diese Aufgabe – das ist ein ernstes Problem.  Gern würde ich hier über Schulungen Verbesserungen erreichen; denn weil die Wettbewerbsbegleiter und Juroren die Ausloberseite beraten, haben sie eine Schlüsselstellung inne. Wettbewerbsteilnehmer erwarten zu Recht, dass die beurteilende Seite neben der fachlichen auch die wettbewerbsrechtliche Kompetenz mitbringt.

SIA: Was hat Sie bewogen, als ­Präsidentin zu kandidieren?
Monika Jauch-Stolz: Ich wurde von Ruedi Vogt, dem ehemaligen Präsidenten, als seine Nachfolgerin angefragt. Nach einer Bedenkzeit, wie ich meinen Alltag als Architektin mit dem Zeitaufwand für ein Präsi­dium vereinbaren kann, habe ich mich dafür entschieden.

SIA: Was sind die wichtigsten Baustellen im Bereich der Ordnungen?
Monika Jauch-Stolz: Momentan sehe ich die korrekte Um- und Durchsetzung der vorhandenen Ordnungen als vorrangig. Die Wegleitungen sind dafür ein geeignetes Hilfsmittel. Am Tag meiner Wahl zur Präsidentin habe ich erfahren, dass die von der KBOB regelmässig publizierten Stundenansätze ab Juli 2017 nicht mehr angewendet werden dürfen. Dazu werden wir uns positionieren und geeignete Lösungen finden müssen – nicht nur die Kommission 142/143, sondern auch der SIA als Ganzes. Insbesondere der Vorstand ist hier angesprochen; denn dies ist eine politische Angelegenheit, bei der wir als Kommission in erster Linie beratend agieren können.

SIA: Welches Thema erscheint Ihnen bezüglich der Ordnungen 142 und 143 persönlich ­vordringlich?
Monika Jauch-Stolz: Leider zeigt sich immer noch das Phänomen, dass Wettbewerbe oder Studienaufträge «in Anlehnung» an die Ordnungen 142 und 143 durchgeführt werden und das Label somit verfälscht wird. Es kann nicht sein, dass im Sinn eines Rosinenpickens die Ordnung ausgeschlachtet wird und eine Mischform entsteht, die die Teilnehmer in der Scheinsicherheit wiegt, dass das Verfahren mit den SIA-Ordnungen übereinstimme.
    
SIA: Wie ist Ihr eigener beruflicher Hintergrund?
Monika Jauch-Stolz: Gemeinsam mit meinem Partner bin ich seit 27 Jahren Inhaberin eines eigenen Architekturbüros. Dessen Grösse pendelt zwischen 15 und 20 Mitarbeitenden. Wettbewerbe und Studienaufträge waren von Beginn an Hauptquellen unserer Projekt­akquisition. Schwerpunktmässig sind wir für öffentliche Bau­herrschaften tätig, zunehmend kommen aber Umbauten und Ertüchtigungen von innerstädtischen Wohnbauten hinzu. Auffallend ist, dass die Bauaufgaben zunehmend komplexer werden. Neubauten entstehen heute oft auf belasteten Grund­stücken, sei es durch Lärm, eine schwierige Orientierung zur Sonne und schwierige Umgebungen. Die Premium-Grundstücke sind alle vergeben. Dies macht unsere Aufgabe nicht einfacher, aber spannender!
 

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