Ge­schich­ten über die Ent­de­ckung der Ge­schich­te

In Frankfurt wird «Mission: Postmodern. Heinrich Klotz und die Wunderkammer DAM» gezeigt.

Publikationsdatum
21-08-2014
Revision
18-10-2015

Mit einer beeindruckenden Schau zur Postmoderne feiert das Deutsche Architekturmuseum sein 30-jähriges Bestehen. Am 2. Juni 1984 war das DAM eröffnet worden, O. M. Ungers hatte dafür eine Doppelvilla am Frankfurter Mainufer umgebaut und erweitert. Der Gründungsdirektor Heinrich Klotz zog aber nicht nur in einen Bau ein, der neben der ebenfalls 1984 in Stuttgart eröffneten Neue Staatsgalerie Stirlings als eines der wichtigen Gebäude der Postmoderne in Deutschland gilt. Mit der Eröffnungsausstellung «Die Revision der Moderne. Postmoderne Architektur 1960–1980» hatte Klotz gleichzeitig keinen Zweifel am Anspruch des Museums aufkommen lassen: mit dem DAM eine Plattform zur Auseinandersetzung über aktuelle Architektur zu schaffen. Obwohl er sich bewusst gewesen ist, wie umstritten die Postmoderne damals noch war, formulierte er dennoch im Katalog zur Eröffnungsausstellung, dass sie ihre Inkubationszeit hinter sich habe. Damit nämlich postulierte er einen weiteren Anspruch: dass die Diskussion in Deutschland sich im internationalen Diskurs zu verorten habe, anstatt ihn zu auszublenden.

2014 ist postmoderne Architektur selbst ein Teil der Architekturgeschichte geworden. In der Ausstellung wird die Geschichte des Hauses vorgestellt, es werden die ersten Ausstellungen wieder in Erinnerungen gerufen. Vor allem aber wird der Sammler Klotz gewürdigt, dem das Haus, so der Kurator Oliver Elser, nahezu alle Schätze der Sammlung zu verdanken habe. Klotz hatte nicht nur Architekturzeichnungen und -modelle erworben, sondern auch Kunst, die sich mit Architektur auseinandersetzte: Der erste Ankauf war eine Zeichnung Christos der Reichstagsverhüllung von 1977. 

Das Erdgeschoss erschliesst die Welt des Gründungsdirektors über dessen Arbeit – dazu gehören sein Pamphlet «Die röhrenden Hirsche der Architektur» und sein Versuch, in Marburg eine Art kleiner Bauausstellung der neuen Ideen in Deutschland zu befördern. Zu sehen ist ausserdem eine Rekonstruktion des von Ungers eingerichteten Direktorenzimmers. 

Das Obergeschoss zeigt in einem einer Wunderkammer des 15. oder 16. Jahrhunderts nachempfundenen Ausstellungskonzept Zeichnungen, Modelle, Artefakte. Dicht gehängte Zeichnungen von Aldo Rossi, Peter und Alison Smithsons oder Hans Hollein, eine Lampenstudie Frei Ottos für die Bundesgartenschau von 1971, das Modell des Entwurfs von Adolf Loos für die Chicago Tribune oder Teile der Nike von Haus Rucker Co, die sich 1977–79 in Linz in den Himmel gereckt hatte. Der Versuch von Klotz, dieser Nike am Mainufer eine neue Heimat zu geben, scheiterte leider. Eine Auswahl der etwa 8000 von Klotz auf seinen weiten Reisen gemachten Bilder werden in einer fortlaufenden Projektion gezeigt. Ein weiterer Schwerpunkt des Ausstellung zeigt Bauten der Postmoderne in Frankfurt – damit man sie sich möglicherweise gleich vor Ort anschauen kann. Das Prinzip der Wunderkammer, nicht nach Wissensgebieten gemäss unserem Wissenschaftsverständnis zu ordnen, sondern in einer durch Querbezüge symbolisch hergestellten Gesamtheit Weltdeutung und Weltverständnis abzubilden, passt hervorragend auf die Postmoderne, die bezweifelt hatte, dass ein absoluter Wahrheitsanspruch auf die Architektur anwendbar sei. 

Die Ausstellung regt dazu an, mit Postmoderne so umzugehen, wie es das, was Klotz unter dem Begriff des Postmodernen subsumierte, mit der Moderne getan hatte. So wird noch die ein oder andere überraschende Entdeckung zu machen sein.

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