Holz im Knop­floch

Mit dem siebengeschossigen Verwaltungsbau des Zürcher Medienkonzerns Tamedia betritt der Schweizer Holzbau Neuland: Erstmals ist ein Gebäude dieser Grösse ohne Metallteile errichtet worden. Der Architekt Shigeru Ban formulierte die gestalterische Vorgabe der Steckkonstruktion in Holz, SJB.Kempter.Fitze und Blumer-Lehmann setzten das Konzept präzis um.

Date de publication
07-11-2013
Revision
30-10-2015

Eine Steckkonstruktion bedeutet unkonventionelle Montage in Rahmenbauweise anstelle der üblichen geschossweisen Etappierung. Die Holzpfosten und Balken des Tragwerks erhalten ihre Stabilität allein durch Verbindungen aus Buchensperrholz. Charakteristisch sind die durchgängigen Stützen und die Zangen mit den bionischen, knochenartigen Verbindungen sowie die ovalen Längsträger. Die Knoten müssen diverse Anforderungen erfüllen:

grosse Krafteinleitung und Durchleitung Krafteinleitung quer zur Faserrichtung in der Zange Schwinden/Quellen der Querschnitte Brandwiderstand 60 Minuten kein Schlupf in den Verbindungen keine Metallteile – einfache Montage zur Kostenreduktion

Der Holzbauer Hermann Blumer schlug vor, «eine Art Lochverstärkungen um die Ovale» anzubringen. Ähnlich wie bei den Blättern in Ringordnern verstärkte er die Bolzenlöcher mit Ringen: «Als Lösungsansatz schwebte mir eine naturnahe bionische Form vor, die ich Shigeru Ban während einer kurzen Besprechung am Flughafen zeigte. Er übernahm sie – und so musste sie dann gebaut werden. Die neuartige Buchenholzverbindung kam mir wie ein Gedankenblitz kurz vor der entscheidenden Sitzung. Ich erinnerte mich, dass mir beim Abbruch der alten Blumer-Sägerei in der Waldstätter Mooshalde1 etwas am Wellenlager der Gattersäge aufgefallen war: Die am stärksten beanspruchte Stelle, die über 40 Jahre hielt, bestand aus Hagebuche, dem härtesten europäischen Nutzholz. Das sind Bilder, die man einfach in sich trägt.» Wesentlich ist, dass für die Bolzen/Ovale und die Lochverstärkungen Holz mit geeigneten Materialeigenschaften verwendet wird – in diesem Fall Buchensperrholz.

Die Ausführung

Die Zangen wurden in zwei Hälften hergestellt und die Verstärkungsringe eingeleimt. In einem weiteren Arbeitsschritt wurden die Zangen blockverleimt. Die Stützen sind im Knotenbereich ausgeklinkt und haben ebenfalls einen Buchensperrholzring zur Kraftübertragung eingeleimt. Die Ausblattung der Stütze würde in einem Versagensfall des Bolzens verhindern, dass die Zange einfach abschert – sie würde auf der pfannenartigen Ausfräsung aufliegen.

Schwinden und Quellen ist problemlos möglich, da nur in Zangenmitte eine Bolzenverbindung vorhanden ist. Die Verbindungsteile sind vor Brandeinwirkung geschützt – ein Brandwiderstand R60 ist problemlos erfüllt.

Der Bau eines Mockups/Musters 1 : 1 vor der eigentlichen Ausschreibungsphase war unerlässlich und erwies sich für alle Projektbeteiligten als wertvolle Hilfe. Die Tragkonstruktion wurde aufgrund der damit gemachten Erfahrungen 2012 aus 1400 in Gossau vorgefertigten Holzbauelementen vor Ort zusammengebaut. 

Anmerkung
1 Die Sägerei wurde 1973 abgebrochen.

Am Bau Beteiligte


Architektur
Shigeru Ban Architects


Entwicklung Holzbau
Création Holz GmbH


Holzbauingenieur
SJB Kempter Fitze


Holzbau
Blumer-Lehmann AG

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