UHFB über Rhone, Bahn und Au­to­bahn

3.3 km Fahrbahnen weist der Viadukt der Kantonsstrasse T9 bei Riddes auf – eine der grössten Autobahnüberführungen der Schweiz. Um das marode Bauwerk noch weitere 15 Jahre nutzen zu können, kam ultrahochfester Faserbeton in grossem Stil zum Einsatz. Die Ingenieure berichten.

Date de publication
13-05-2022

Der Viadukt der Kantonsstrasse T9 Martigny–Sitten bei Riddes hat gewaltige Ausmasse: Er überquert das Rhonetal und damit die Simplon-Bahnlinie der SBB, die Nationalstrasse N9, Felder und die Rhone. Vier Zufahrtsrampen stellen den Anschluss des Viadukts an die Nationalstrasse sicher. Das als Kastenträgerbrücke umgesetzte Bauwerk weist mit seinen zwei parallelen 1250 m langen Brücken und den Zufahrtsrampen eine Gesamtlänge von rund 3300 m auf und ist damit eine der längsten Brücken des Kantons Wallis.

Zu unterscheiden sind acht Abschnitte des Bauwerks: vier Rampen sowie die Abschnitte über die SBB-Linie, die Nationalstrasse, die Ebene und die Rhone. 132 sechseckige Betonpfeiler mit Höhen zwischen 5 und 10 m, die auf 10 m tiefen Pfählen gründen, sind nötig, um das Bauwerk zu tragen. Die einzelnen Felder zwischen den Pfeilern haben meist Längen zwischen 24 und 28 m. Bei der Überfahrung der Nationalstrasse 9 beträgt die Spannweite jedoch 40 m und bei der Überquerung der Rhone gar 53 m.

Bei Letzterer weisen die Kastenträger einen gevouteten Querschnitt auf, während sie in den übrigen Abschnitten eine konstante Höhe von 1.45 m haben. Zwei Hohlkästen aus armiertem Spannbeton tragen die Brückenplatte des Hauptviadukts mit einer Gesamtbreite von 19.60 m. Vier Fahrstreifen finden darauf Platz. Die Brückenplatten der Rampen sind mit nur einem Hohlkasten ausgebildet und haben eine geringere Breite von 8.45 m für je einen Fahrstreifen und ein Bankett.

Mitte der 1970er-Jahre ging der Viadukt, der im Eigentum des Bundesamts für Strassen (Astra) und des Kantons Wallis ist, im Rahmen der Umfahrung Riddes in Betrieb.1 In den 1990er-Jahren waren umfassende Unterhaltsarbeiten erforderlich, bei denen die Strassenränder, die Abdichtung und der Belag, die ­Fugen und einige Lager ersetzt wurden. 2018 bekam das Planungsbüro Ingphi den Auftrag, das Bauwerk im Rahmen des Erhaltungsprojekts «EP Martigny& Environs» instand zu setzen.

Schäden führen zur Sperrung

Die visuellen Inspektionen im Innern der Hohlkästen, die gemäss der SIA-Norm 269 Grundlagen der Erhaltung von Bauwerken durchgeführt wurden, förderten beträchtliche Schäden wie Risse, Abplatzungen, Korro­sionsspuren an der Armierung und Wassereintritte zutage. Die Risse, die dem Verlauf der Vorspannkabel folgten, waren klar ersichtlich. Um den Korrosionsgrad des Spannstahls sowie die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Einspritzmasse zu überprüfen, stellten die Ingenieure umfassende Untersuchungen an: Mehrere Bohrungen quer zu den Spanndrähten erfolgten, und mikroskopische und mechanische Betonanalysen wurden durchgeführt, um den Fortschritt der ­Alkali-Aggregat-Reaktion (AAR) zu ermitteln.

Korrodierte Vorspannkabel kamen zum Vorschein, von denen einige gar durchtrennt oder locker waren. Ausserdem gab es Eintritte von mit Chloriden belastetem Wasser entlang bestimmter Kabel. In einigen Abschnitten wies der Hohlkasten trotz einem hohen Anteil an Spannbeton abnormal viele Risse auf. Des Weiteren war der Beton lokal delaminiert, mit stark korrodierten Armierungen in der Fahrbahnplatte und im Hohlkastenboden.

Die AAR hatte sich bis ins Innere der Elemente sehr stark ausgebreitet2, und zwar beim gesamten Bauwerk, einschliesslich der Fundamente, was zu einer Verringerung der mechanischen Eigenschaften von rund 25% geführt hatte. Wasser drang über Defekte in der Fahrbahnabdichtung in das Bauwerk ein, ausserdem wies das Entwässerungssystem im Innern der Hohlkästen zahlreiche Mängel auf. Lokal führte dies zu sehr hohen Chloridkonzentrationen im Beton.

Unter Berücksichtigung dieser Materialschäden führten die Ingenieure statische Überprüfungen durch. Dem korrosionsbedingten Ausfall der Vorspannkabel trug man durch eine rechnerische Verringerung ihrer Querschnitte Rechnung. Um die fortgeschrittene Alkali-­Aggregat-Reaktion in der Fahrbahnplatte abzubilden, setzte man die Eigenschaften des Betons mit verminderten Werten an. Das Ergebnis zeigte an einigen Stellen des Viadukts eine unzureichende Biege- und Querkrafttragfähigkeit, weshalb der Viadukt im Juli 2019 für Fahrzeuge ab 3.5 t gesperrt wurde.

Eine Baute von 1% von 16000

Dass die Schäden am Viadukt von Riddes aussergewöhnlich waren, zeigt die aufgrund der Inspizierung vorgenommene Zustandsklassifizierung der Baute: Abschnitte der Brücke wurden der Zustandsklasse 4 des Astra zugeordnet. Dies bedeutet, das Bauwerk ist in einem schlechten Zustand, weist erhebliche Schäden ohne Auswirkungen auf die strukturelle Sicherheit oder auf die Verkehrssicherheit auf und erfordert eine mittelfristige Massnahme. Von den 16000 Kunstbauten – sie umfassen die kleine Stützmauer wie auch die grosse Brücke – im Verantwortungsbereich des Astra gehören derzeit nur 1% dieser Klasse an.

Lesen Sie auch: «Kontrollierte Werte – wertende Kontrollen» – Wie das Astra Kunstbauten in nutzbarem Zustand hält.

Halbieren, dann sanieren

Um die Beschränkung für den Schwerverkehr wieder aufzuheben und das Fortschreiten der Verschleissmechanismen zu bremsen, veranlasste die Bauherrschaft notfallmässig ein Projekt zur Behebung der Schäden. Gleichzeitig galt es, die finanzielle Investition für eine verkürzte restliche Nutzungsdauer zu optimieren.

Zur Begrenzung des Instandsetzungsaufwands passte man die Verkehrsführung auf dem Hauptviadukt an und reduzierte die Anzahl der Fahrstreifen in jeder Richtung von zwei auf einen. So konnte der östliche Viadukt, der den schlechteren Zustand aufwies, ausser Betrieb genommen werden. Die Instandsetzungsarbeiten bezogen sich also nur auf den westlichen Viadukt und lokale Massnahmen, um die Anschlüsse an die Zufahrtsrampen sicherzustellen.

Hochleistungsmaterial auf grosser Fläche

Die Hauptarbeiten an den bestehenden Brückenplatten umfassten das Anbringen einer Verstärkungs- und Abdichtungsschicht mit einer theoretischen Dicke von 50 mm aus armiertem Ultrahochleistungs-Faserbeton (UHFB) auf der gesamten Fahrbahnplatte. Für die Verstärkung kam ein UHFB der Klasse UB-C120 gemäss der SIA-Norm 2052 Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) – Baustoffe, Bemessung und Ausführung (2016) zum Einsatz. 1530 m3 bedurfte es davon.

Nach dem Abfräsen und dem Entfernen von Belag und Abdichtung wurde die gesamte Fläche der Fahrbahnplatte mittels Hochdruckwasserstrahlverfahren 20 mm stark abgetragen. Der beschädigte Beton war somit entfernt und eine ausreichend raue Oberfläche für die Verbindung mit dem UHFB geschaffen. In der Nähe der Strassenränder brachte man Rillen an, um die UHFB-Schicht an die bestehenden Armierungen anzuschliessen.

Nach Einbau des ultrahochfesten Faser­betons wurde das gesamte Entwässerungssystem der Fahrbahnen und der Beläge erneuert. Wasserhöchstdruckstrahlen rauten die Oberfläche des neuen UHFB an, bevor ein Gussasphalt mit einer durchschnitt­lichen Dicke von 80 mm direkt darauf zum Einsatz kam.

Hochleistungsmaterial in den Kästen

Auch die stark angegriffenen Böden der Hohlkästen setzte man mit einer 60 mm dicken Schicht aus armiertem UHFB instand. Diese Reparaturen sind erforderlich, um die für das Gleichgewicht der Biegekräfte nötigen Querschnitte wiederherzustellen, insbe­sondere bei einer Verstärkung der oberen Platte im Bereich der Auf­lager. Der in einem manuellen Verfahren aufgebrachte UHFB –90 m3 waren hier nötig – wurde über Luken, die in der Fahr­bahnplatte erstellt wurden, eingebracht.

An den Zufahrtsrampen kam noch ein weiteres Hightechprodukt zum Einsatz: An acht 26 m langen Abschnitten der Rampen verstärken nun auf der Unterseite des Hohlkastens in Längsrichtung aufgeklebte Lamellen aus carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK) das Bauwerk. Einige Abschnitte, die über die N9 verlaufen, befanden sich in puncto Widerstandsfähigkeit in einem kritischen Zustand, da sie die Anschlusspunkte der Rampen sind und daher sehr stark beansprucht wurden.

Für drei bestimmte Abschnitte kam eine zusätzliche äussere Vorspannvorrichtung zum Einsatz. Ein siebenlitziges Kabel mit trapezförmigem Verlauf im Innern des Hohlkastens kompensiert nun die aufgrund von Korrosion ausgefallenen Spannkabel.

Verkehrsfreigabe dank zügiger Umsetzung

Die Hauptarbeiten gingen in weniger als einem Jahr vonstatten, sodass seit Dezember 2021 wieder Schwerverkehr über den Viadukt rollen kann. Möglich war dies, weil alle Beteiligten die neuartigen technischen Lösungen vollumfänglich beherrschten. Der Betrieb des Viadukts untersteht nun einer spezifischen Überwachung und einem Monitoring, um die verbleibenden Risiken man­agen zu können.

Der Beitrag ist eine Übersetzung des Artikels «Réfection du viaduc de Riddes», erschienen in Tracés 3518, März 2022.

Dieser Artikel ist erschienen in TEC21 14–15/2022 «Verschmälert, verbreitert, verbessert».

Anmerkungen

 

1 Einweihungsplakette «Déviation de Riddes» (Umfahrung Riddes), Baudepartement des Kantons Wallis, 1976.

 

2 Jean-Gabriel Hammerschlag und Christine Merz, «Alkali-Aggregat-Reaktionen (Teil 1/Teil 2)», Cementbulletin, 2000.

Bauherrschaft
Astra, Infrastruktur­filiale Thun, Dienststelle für Mobilität – Staat Wallis

 

Unternehmung
Konsortium VEMA 111: Jean Weibel, Châtel-St-­Denis; Walo Bertschinger, Eclépens; Dénériaz, Sion; Evéquoz, Conthey

 

Projektverfasser / örtliche Bauleitung
Ingphi, Lausanne

 

Weitere Beteiligte
S & P Clever Reinforcement Company, Seewen; UHPC Solutions, Dietikon

 

Baukosten
25 Mio. Fr.

 

Bauzeit
Februar 2021 bis Juni 2022

 

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