Vers­chalt verk­lei­det

Schulhaus Looren, Zürich Witikon

Gelungen ist der Versuch der Architekten Horisberger Wagen, die Béton-brut-Ästhetik einer Schulanlage aus den 1960er-Jahren in die energetische Jetztzeit zu überführen. Die wärmegedämmte Fassade aus Holz interpretiert die Ruppigkeit des Originals neu.

Date de publication
02-12-2021

Das zwischen 1966 und 1971 fertiggestellte Schulhaus Looren der Architekten Eduard del Fabro und Bruno Gerosa ist mit seiner starken städtebaulichen Setzung und formalen Strenge ein wichtiger Zeitzeuge der Schweizer Spätmoderne. Der grosszügige Aussenraum wurde von Ernst Cramer gestaltet, einem der bedeutendsten Gartenbauarchitekten dieser Zeit. Im Originalzustand überzogen die horizontalen Bretterschalungsmuster des Béton brut in subtilen Rhythmen sowohl die Gebäude als auch die gestalteten Umgebungselemente.

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Diese Eintracht von Bau und Landschaft wurde nach etwa 50 Jahren aufgrund ihrer Altersschwächen auf die Probe gestellt. Die ungedämmten Sichtbetonfassaden bildeten mittlerweile ein energetisches Problem. Da die Schulanlage ein wichtiges Identitätsmerkmal für das Quartier ist und ihr landschaftsarchitektonischer Wert hoch geschätzt wird, war ein Abriss kein Thema.

Die Anlage musste baulich und energetisch saniert werden. Eine Machbarkeitsstudie der Stadt Zürich von 2011 empfahl eine Aussenwärmedämmung als Massnahme. Horisberger Wagen Architekten überzeugten mit ihrem Vorschlag, die Fassade mit einer Holzlattung zu verkleiden und damit an die Oberflächenstruktur des Bestands aus rohem Sichtbeton anzuknüpfen.

Referenz statt Reproduktion

Mit der Lösung, die ausdrucksstarke Sichtbetonfassade hinter einer neuen isolierenden Hülle verschwinden zu lassen, taten sich die Architekten anfangs schwer. Deshalb prüften sie die Möglichkeit, die Betonoberfläche durch eine aussen liegende Schicht aus Betonelementen im selben Material zu reproduzieren. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Statik des Bestands ein solches zusätzliches Gewicht nicht verkraftet hätte. Daraufhin entstand die Idee, die Bauten mit einer 28 cm dicken Holzfassade zu überziehen.

Als Übergang zur Umgebung wurden die Eingangsfronten im Erdgeschoss und die ins Volumen einschneidenden Erdgeschossloggien mit einer neuen, wärmegedämmten Betonschicht überzogen. Ein neuer, niedriger Betonsockel verschafft der Holzschalung Abstand zum Boden. In Kombination mit neuen Fenstern, die in ihrer Gliederung und Position in der Fassade so nah wie möglich am Original entworfen wurden, erreichen die Schulbauten damit den ­Minergie-Standard für Umbauten von 2019, dem Jahr der Fertigstellung.

Dem Entwurf der Verkleidung diente die Sichtbetonfassade als Referenz, nicht als 1 : 1-Vorlage. Um den Anforderungen einer Holzfassade gerecht zu werden, gliedern nun vorstehende horizontale Geschossgesimse das Volumen und sorgen für konstruktiven Holzschutz.

Das neue Kleid besteht neben der horizontalen Lattung aus vorspringenden vertikalen Elementen, die ein Echo der Schottenbauweise bilden. So konnte die Verkleidung in handelsüblichen Formaten ausgeführt werden, und zugleich erzählt sie von der Geschichte des Bestands. Die dadurch entstandene leichte Plastizität wirkt wohltuend auf die grossen Fassadenfronten, ohne deren abstrakte Qualitäten zu beeinträchtigen.

Durch die disziplinierte Holzfläche haben die Gebäude etwas von ihrer ursprünglichen Ruppigkeit verloren. Doch ihre neue Erscheinung harmoniert gut mit den ausdrucksstarken Stufen und Mauern des Gartens, die Maserung des Holzes findet hier nach wie vor ein Echo. Die Oberflächen des Ensembles sind in ihrer Beschaffenheit differenzierter geworden, doch dabei dominiert kein Element das andere. Gemeinsam bilden sie einen ruhigen Hintergrund und überlassen den ausladenden Platanen die Bühne.

Die ausführliche Version dieses Artikels ist erschienen in TEC21 39/2021 «Brutalismus, sanft saniert».

Bauherrschaft: Stadt Zürich

 

Gesamtleitung: Horisberger Wagen Architekten, Zürich; b + p Baurealisation, Zürich; Hager Partner, Zürich

 

Tragwerksplanung: Eichenberger, Zürich

 

Fassadenplanung: Timbatec Holzbau­ingenieure, Zürich

 

Bauphysik: BAKUS Bauphysik & Akustik, Zürich

 

HLKS: Amstein + Walthert, Zürich

 

Elektroplanung: Schmidiger Rosasco, Zürich

 

Lichtplanung: mosersidler, Zürich

 

Brandschutz: Basler & Hofmann, Zürich

 

Kunst am Bau: Sonja Feldmeier, Basel

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