Na­ch­hal­tig­keits­waage für die In­fras­truk­tur

Der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz ist ein Gebäudezertifikat, das ökologische, ökonomische und soziale Kriterien kombiniert. Nun ist eine analoge Projektbewertung auch im Tiefbau möglich, dank dem SNBS für Infrastrukturbauten.

Date de publication
04-11-2020

In wenigen Wochen ändern die Regeln für den Zuschlag respektive die Vergabe von Bauaufträgen: Ab nächstem Jahr tritt das revidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen BöB in Kraft, das den Auswahlkriterien Nachhaltigkeit und Qualitätswettbewerb mehr Gewicht beimessen will. Die entsprechende Gesetzesrevision beschloss das Parlament vor 15 Monaten. Passend zum absehbaren Vollzug lanciert das Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz NNBS nun ein praxisreifes Planungsinstrument, mit dem sich die Nachhaltigkeit von Infrastrukturbauten erstmals bewerten lässt. Das Nachhaltigkeitsurteil wird mithilfe von 75 Indikatoren gefällt, dabei soll sich eine ausgewogene Balance zwischen den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt ergeben. Zu den Kriterien gehören unter anderem die Biodiversität, der haushälterische Umgang mit Boden, der Rohstoffkonsum generell und etwa eine Kosten-Nutzen-Analyse.

Zielkonflikte verhindern

Im Vergleich zum SNBS-Zertifizierungsraster für Hochbauten werden «transversale Themen» zusätzlich bewertet, sodass ein Ausräumen allfälliger Zielkonflikte frühzeitig erfolgen kann. Zu den bewertbaren Projektkategorien gehören Mobiliätsanlagen wie Strassen und Schienentrassen, Wasserleitungen und Schutzbauten sowie Energie- und Kommunikationsanlagen; eine Nachhaltigskeitsbeurteilung lässt sich mit unterschiedlichen baulichen Eingriffen wie Neubau, Sanierung oder Unterhalt kombinieren.  

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Projektbegleitende Pilotbewertungen finden bereits statt; deren Ergebnisse liegen aber noch nicht vor. Unter anderem werden die laufende Ausbauetappe der Abwasserreinigungsanlage Thalwil am Zürichsee und die Korrektur des Rhonelaufs im Kanton Wallis mithilfe des SNBS Infrastruktur auf ihre Nachhaltigkeit überprüft. Das SNBS-Bewertungstool ist unentgeltlich verfügbar auf der Webseite des Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz. Der Infrastrukturstandard richtet sich an die öffentliche Hand sowie an Planungsbüros und Ausführende, die im Infrastrukturbereich tätig sind.Zudem ist er kompatibel mit bestehenden Bewertungssystemen wie die Norm SIA 112/2 «Nachhaltiges Bauen – Tiefbau und Infrastrukturen» oder mit den Vorgaben für eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

Der Kriterienkatalog und das Zertifizierungswerkzeug können auf www.snbs-infrastruktur.ch kostenlos heruntergeladen werden 

Neues vom Hochbau-Standard


SNBS Hochbau kündigt bereits seine dritte Version an. Per 1. Januar 2021 wartet der Gebäudestandard mit folgenden Neuerungen auf: Zum einen lassen sich erstmals Bildungsbauten zertifizieren. Zum anderen wurde der Erfüllungsgrad angepasst: Neue und sanierte Gebäude erhalten auch dann ein Zertifikat, wenn höchstens eine Note pro Bereich Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft ungenügend ausfällt.

Gleichzeitig steht eine Reorganisation der Zertifizierung an. Mit dem Wechsel zu SNBS Version 2.1 übernimmt die Geschäftsstelle von Minergie die operative Tätigkeit. Demgegenüber verliert der internationale Zertifizierungskonzern SGS mit Sitz in Genf das Mandat zur Markteinführung des nationalen Gebäudestandards. Bereits laufende Zertifizierungen werden gemäss Version 2.0 zu Ende geführt. 

Die Organisationsreform steht gemäss einer Medienmitteilung im Zusammenhang mit der Neuausrichtung der Gebäudelabelfamilie Schweiz, die von EnergieSchweiz begleitet wird. Zur Familie gehören neben SNBS Hochbau und Minergie der Gebäudeenergieausweis der Kantone (GEAK) und die 2000-Watt-Areale. 

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