Der Kantön­li­geist spukt wie­der

Energieeffizienz und erneuerbare Energien werden von der öffentlichen Hand gefördert. Aber es fehlt an Harmonie und Kontinuität. Seit diesem Jahr macht fast jeder Kanton, was er will.

Date de publication
26-01-2017
Revision
26-01-2017

Der Kanton Zürich setzt die Energiewende eigenwillig fort: Kurz vor Ende letzten Jahres hat der Regierungsrat die Förderung von erneuerbaren Energien gestoppt. Ab diesem Jahr wird die Installation von Sonnenkollektoren, Wärmepumpen und anderen CO2-armen Heizsystemen nicht mehr unterstützt. Die Exekutive begründet diesen Entscheid mit der Entlastung des öffentlichen Haushalts und hob darum das gegenläufige Votum im Parlament auf. Das kantonale Energieförderprogramm, das 2010 lanciert worden war, ist damit beendet. Bis Ende 2016 hatte der Kanton aus seiner Kasse insgesamt 16 Mio. Fr. Fördergelder ausbezahlt.

Auch in der Zentralschweiz reduziert sich der öffentliche Support für Hausbesitzer, die an der nachhaltigen Energiezukunft mitbauen wollen. Die Energiefachstelle Zug teilt Ende Januar mit, dass das Fördergeld in den nächsten Wochen ausgeschöpft sein wird. In Luzern sind ebenfalls Abstriche an der kantonalen Förderung geplant. Und weil das Budget 2017 noch nicht rechtskräftig verabschiedet worden ist, können vorläufig gar keine Beitragsgesuche behandelt werden.

Gebäudeprogramm ausgelaufen

Dass die Förderquellen derzeit nicht ganz versiegen, dafür sorgt die nationale CO2-Abgabe. Der Bund verteilt die Erträge an die Kantone, die sich zunehmend zur Inkassostelle wandeln: Die CO2-Gelder werden zweckgebunden für Förderprojekte ausbezahlt, eigene Zusatzangebote dagegen eingespart. Die Chancen, dass sich weitere Zürich und Luzern zum Beispiel nehmen, sind leider gross: Seit Anfang Jahr sind die Kantone für die Ausgestaltung der Energieförderung selbstverantwortlich. Das zuvor gemeinsam mit dem Bund organisierte Gebäudeprogramm ist per Ende 2016 beendet worden.

Dieses Programm wurde vor sechs Jahren gestartet und hat nach zögerlichem Auftakt inzwischen eine hohe Erfolgsquote erreicht. Zwischen 2010 und 2016 konnten beinahe 100'000 Projekte zur energetischen Gebäudesanierung unterstützt werden. Dafür wurden rund 800 Mio. Fr. Fördermitteln ausbezahlt, wobei jeder öffentliche Energiefranken dreimal so hohe private Investitionen auslöst. Noch relevanter sind hingegen die ökologischen Effekte: Dank dem koordinierten Förderprogramm wurde der inländische CO2-Ausstoss um mehr als eine halbe Million Tonnen reduziert; zudem ist der Energiekonsum des Gebäudeparks um 600 GWh gesunken. Letzteres entspricht dem Wärmebedarf von etwa 50'000 Einfamilienhäusern.

Ein weiterer Vorteil war das schweizweit koordinierte Vergabesystem. Die zuvor verzettelte Förderpraxis ist dadurch bedeutend einheitlicher und berechenbarer geworden. Der Systemwechsel per Jahresbeginn hat nun eine föderale Vielfalt zurückgebracht. Zugleich ist das Spektrum der geförderten Massnahmen schwer überschaubar und wenig nachvollziehbar geworden: In Basel-Stadt wird der Austausch alter Fenster subventioniert; die Baselbieter Vororte tun dies aber nicht. Der Kanton Bern unterstützt Sanierungsvorhaben nur, wenn der Gebäudeenergieausweis um mindestens zwei Effizienzklassen verbessert wird.

Derweil verlangen die Energiebehörden in Solothurn und im Aargau, dass mindestens Fassade oder Dach gedämmt werden muss. Und selbst gegenüber dem Gebäudelabel Minergie verhalten sich die Kantone autonom. Obwohl sie selbst den Standard tragen, wird eine Zertifizierung nicht überall belohnt. Die Regeln ändern sogar innerhalb der Kantonsgrenzen: Gebäudebesitzer in Glarus Nord erhalten für dieselben baulichen und energetischen Verbesserungen einen Viertel weniger Fördergeld als Nachbarn in Glarus Süd.

Harmonisierungsrunde beschlossen

Dieser Förderdschungel wuchert, obwohl die Kantone untereinander eine Harmonisierungsrunde abgesprochen haben. Für die Ära nach dem Gebäudeprogramm wurde sogar ein gemeinsames Fördermodell skizziert. Doch der Vorschlag besitzt nur empfehlenden Charakter und lässt weiterhin individuelle Varianten zu. Resultat daraus ist, dass die meisten Kantone eigene und unterschiedlichste Varianten für die Förderung von Energieprojekten festsetzen. Bern erlaubt Gebäudesanierungen in Etappen; andernorts ist dies nicht der Fall. Thurgau, St. Gallen oder Freiburg unterstützen Neubauten, wenn sie höchsten Energiestandards genügen. Schaffhausen, Schwyz und Zürich stellen dafür keine Fördermittel bereit. Derweil unterstützt der Kanton Glarus, als eigene Spezialität, jeden Ersatzneubau mithilfe einer Abbruchprämie.

Bereits länger wurde intern vor der aktuellen Situation gewarnt. Genützt hat es bisher kaum. Und selbst die kantonalen Energiedirektoren können wenig mehr als eine Vereinheitlichung empfehlen. Doch es braucht langfristig planbare Förderkampagnen, damit Energieeffizienz und CO2-Bilanz im Gebäudebestand weiter verbessert werden können, so das Fazit im Harmonisierungsbericht.

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