Wie kli­ma­freund­lich ist So­lar­strom?

Wie gross ist der CO -Fussabdruck von Solarstrom? In der Diskussion um die Energiewende und den künftigen Ausbau der Solarenergie ist diese Frage wieder aktuell. Anhand mehrerer Studien ermittelt Swisssolar deren Ökobilanz.

Publikationsdatum
23-06-2015
Revision
25-08-2015

Die Produktionsverlagerung von Photovoltaikmodulen nach Asien, vor allem nach China, hat deren Preise seit 2006 um über 60 % sinken lassen. Diese Entwicklung hat jedoch Schattenseiten: Weil die Produktion von Solarmodulen viel Strom benötigt und dieser in China vorwiegend aus fossilen Quellen stammt, hat sich die Klimabilanz des Solarstroms verschlechtert. Dies zeigt eine Studie, die die Ustemer Evaluierungsfirma Treeze im Auftrag des Bundesamts für Energie BFE 2014 erstellte.1 

Herkunft spielt eine Rolle

Chinas Marktanteil in der Herstellungskette von mono- und polykristallinen Zellen lag demnach im Jahr 2011 bei 73–81 %. In China sind die Treibhausgasemissionen bei der Produktion um rund 75 % höher als in Europa, wo teilweise Wasserkraft und Kombikraftwerke eingesetzt werden und auch der durchschnittliche Strommix weniger Treibhausgase emittiert als der chinesische.

Ausgehend vom genannten Produktionsmix berechneten die Autoren die Klimabelastung des Solarstroms aus einer monokristallinen, auf einem Schweizer Schrägdach installierten PV-Anlage. Beim eingesetzten Modulwirkungsgrad von 15.1 % und einer Lebensdauer von 30 Jahren betragen die Treibhausgasemissionen 88 g CO2 eq/kWh.

Vergleicht man diese Werte mit früheren Jahren, zeigt sich folgendes Bild: 2009 betrug der Marktanteil chinesischer Module gemäss einer Studie von Paul Scherrer Institut und ESU-Services hierzulande erst ein Drittel.2 Bei einem damals durchschnittlichen Wirkungsgrad von 14 % resultieren dabei Treibhausgasemissionen von 79 g CO2  eq/kWh.3

Höherer Wirkungsgrad

Es stellt sich die Frage, ob die neuste Studie die technologische Entwicklung ausreichend berücksichtigt. Der eingesetzte Wirkungsgrad von 15.1 % entsprach 2011, dem Referenzjahr der Studie, etwa dem Marktdurchschnitt monokristalliner Zellen. Die Entwicklung geht jedoch rasant weiter. Bis 2013 ist der durchschnittliche Wirkungsgrad monokristalliner Module bereits bei rund 16 % angelangt.4 

Nebst dem Modulwirkungsgrad hat die Performance Ratio Einfluss auf die Effizienz einer PV-Anlage. Dieser Wert bezeichnet, wieviel des produzierten Strom tatsächlich am Ort der Nutzung ankommt. Entscheidend sind vor allem die Verluste bei der Umwandlung des Gleichstroms in Wechselstrom.

Die genannten Studien gehen alle von einer Performance Ratio von 75 % und einem Stromertrag pro installierte Leistung von 922 kWh/kWp aus. Dieser Wert entspricht laut Markterhebung Sonnenenergie von Swissolar5 etwa dem durchschnittlichen Ertrag der Schweizer Bestandsanlagen, die auch über zwanzigjährige Anlagen enthalten.

Seither ist der Systemwirkungsgrad jedoch deutlich gestiegen und liegt bei einer modernen Anlage bei 85 %. Im Schweizer Mittelland mit einer Solareinstrahlung von 1100 W/m2a beträgt der jährliche Ertrag pro kWp also 935 kWh/kWp, in Bergregionen mit einer jährlichen Einstrahlung von 1500 W/m2a bis zu 1300 kWh/kWp.

Faktor Einstrahlung

Wie entscheidend der jährliche Stromertrag einer PV-Anlage für die Ökobilanz von Solarstrom ist, zeigt ein Vergleich mit der Ökobilanz von Solarstrom aus Süditalien6: Selbst bei einem eher tief angesetzten Wirkungsgrad von 14 % und rein chinesischen Modulen liegen die Treibhausgasemissionen bei 72 CO2 eq/kWh – deutlich tiefer als in der Schweiz. Denn in Süditalien mit einer jährlichen Solarstrahlung von 1700 W/m2 beträgt der jährliche Solarstromertrag selbst bei einem tief angesetzten Systemwirkungsgrad von 75 % knapp 1300 kWh/kWp.

Doch unabhängig davon, mit welchen Daten gerechnet wird, hat Solarenergie bereits heute einen deutlich kleineren Fussabdruck als beispielsweise Erdgaskraftwerke, die rund 450 g CO2-eq ausstossen. Und sie leistet einen bedeutenden Beitrag zur Reduktion des Verbrauchs an nicht erneuerbaren Energien: Liefert eine Schweizer PV-Anlage den Strom ins europäische Netz und verdrängt dort die klassische thermische Produktion, hat sie bereits nach zweieinhalb Jahren den Verbrauch nicht erneuerbarer Primärenergie um so viel reduziert, wie für die Herstellung der Anlage benötigt wurde.7

Emissionen werden sinken

Noch besser wird die Klimabilanz in Zukunft aussehen. Denn in den Bereichen Moduleffizienz, Materialverbrauch oder Lebensdauer ist noch Potenzial zur Effizienzsteigerung vorhanden.

Zudem ist zu erwarten, dass sich der Strommix in den Herkunftsregionen verändern wird. So ist in China eine deutliche Reduktion des Kohlestroms zu erwarten. Diese Entwicklungen sind in der Treeze-Studie in drei Zukunftsszenarien abgebildet.

Selbst bei einem konservativen Szenario rechnen die Autoren bis 2050 mit einer Reduktion der Treibhausgasemissionen aus PV-Strom in der Schweiz um mehr als ein Drittel, bei einem realistischen Szenario um knapp 70 %, bei gleichen Marktverhältnissen wie heute.

Beim realistischen Szenario, das von einem Modulwirkungsgrad von 25.2 %, einer Lebensdauer von 35 Jahren und einem reduzierten Materialbedarf an Silizium, Silber und Glas ausgeht, wird der CO2-Ausstoss einer dachintegrierten, monokristallinen Solaranlage nur noch knapp 26 g CO2/kWh betragen. 

Anmerkungen/Quellen

  1. R. Itten et al., «LCI of the global crystalline photovoltaics supply chain and of future photovoltaics electricity production», 2014, BFE
  2. Ch. Bauer et al., «Umweltauswirkungen der Stromerzeugung in der Schweiz». PSI, ESU-Services, 2012, im Auftrag des BFE
  3. Die Studie von Ch. Bauer et al. bezifferte den CO2-Ausstoss auf 97 g/kWh, mit Netzverlusten des Solarstroms von 8.8 %. Zur Vergleichbarkeit berechneten R. Itten et al. (2014) die Bilanz ohne Netzverlust neu und aktualisierten den Strommix der verschiedenen Regionen.
  4. Photon International, 2/2014
  5. Markterhebung Sonnenenergie 2013, Teilstatistik der Schweizerischen Statistik der erneuerbaren Energien, Swissolar/BFE
  6. D. Yue et al., «Domestic and overseas manufacturing scenarios of silicon-based photovoltaics: Life cycle energy and environmental comparative analysis», 2014, Solar Energy 105, S. 669–678
  7.  R. Itten et al., 2014, BFE

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