Tri­umph­bo­gen im Wind­ka­nal

Damit die Verhüllung des Triumphbogens in Paris gelingen konnte, war die Ermittlung der Windlasten elementar. Einige Leserinnen und Leser sendeten uns hierzu Fragen, auf die die Windingenieure nun antworten.

Publikationsdatum
31-05-2022

Im Artikel «Vom Staatssymbol zum Kunstobjekt und zurück» in TEC21 7/2022 ging es um die temporäre Verhüllung des Triumphbogens im Herbst letzten Jahres. Aufgrund der Grösse des Monuments und seines erhöhten Standorts auf der Place Charles-de-Gaulle, wo der Wind von allen Seiten angreifen kann, erwarteten die Ingenieure und Ingenieurinnen sehr hohe Lasten. Spezialisierte Windingenieure ermittelten die Bemessungswindlasten für die Verhüllung. Hierzu haben uns einige Leserfragen erreicht, die wir gebündelt und ergänzt an Wacker Windingenieure weitergeleitet haben. Geschäftsführer Dipl. Ing. Tobias Wacker hat die Fragen schriftlich beantwortet.

TEC21: Für die Ermittlung der Bemessungswindlasten haben Sie ein massstabsgetreues Modell des Triumphbogens gebaut. Der Stoff wurde durch ein gelochtes Blech simuliert. Wie kamen Sie auf dieses Material? Welche Eigenschaften musste es haben?

Tobias Wacker: Ziel war es, ein Material zu finden, das im Modellversuch die gleichen aerodynamischen Eigenschaften im Hinblick auf dessen Durchströmung hat wie das Original. Hierzu wurden Druckverlustmessungen in einem eigenen Versuchsstand, einem kleinen Windkanal, durchgeführt. Hier haben wir so lange unterschiedliche Materialien, die für unseren Modellbau infrage kamen, vermessen und mit dem Originalstoff verglichen, bis das Material mit den gewünschten Eigenschaften gefunden war – ein Lochblech mit bestimmter Lochgrösse und Porosität. Auf den Fotos ist zu sehen, dass für die Modellierung der Umgebung ein anderes Material verwendet wurde. Auch für den Triumphbogen. Das Umgebungsmodell wurde aus Polystyrol gefertigt. Ziel der Untersuchungen war es, den Einfluss der grossen Prachtstrassen, die auf den Triumphbogen zulaufen, auf die Strömungsverhältnisse am Projektstandort selbst zu untersuchen (Strömungskanalisierungen, Düseneffekte). Es wurde daher nur im Nahbereich des Monuments gemessen, teilweise auch ohne Triumphbogen, nicht jedoch am Bauwerk selbst. Folglich war es nur erforderlich, die Umgebung und den Triumphbogen als einfache Verdrängungskörper nachzubilden.


Gibt es einen Unterschied, ob ein Bauwerk simuliert wird oder, wie in diesem Fall, die Verhüllung eines Bauwerks? Der Triumphbogen selbst ist ja sturmsicher.

Die Untersuchung der Verhüllung hat die Aufgabe für uns tatsächlich herausfordernder gemacht als dies bei einem Gebäude mit unbeweglicher und nicht durchströmbarer Oberfläche der Fall ist.


Inwiefern?

Aufgrund der erforderlichen Simulation der Durchströmung des Verhüllungsmaterials. Die grundsätzliche Methodik dahinter ist jedoch weitgehend dieselbe.


Das Gewebe des Kunstprojekts wurde mit roten Seilen gehalten. Wie sind die Eigenschaften der Seile in das Modell eingeflossen?

Vom Tragwerksplaner haben wir aus dessen Berechnungen inklusive den Seilen Angaben zur möglichen Verformung der Verhüllung erhalten. Auf dieser Basis haben wir in einer separaten Untersuchung den Einfluss der Verformung bzw. des Abstands zwischen Triumphbogen und Verhüllung auf die Winddruckverhältnisse im hinterlüfteten Raum untersucht.


Wie wurde das Flattern simuliert?

Wir haben die Untersuchungen an einem starren Modell durchgeführt. Der Einfluss wurde jedoch indirekt – über die unterschiedlichen Abstände des Stoffes vom Triumphbogen – berücksichtigt.


Wie wurden die Ankerkräfte an der Fassade bestimmt?

Der Tragwerksplaner hat von uns als Ergebnis die Bemessungswindlasten pro Quadratmeter erhalten und konnte sich daraus die gewünschten Schnittgrössen bestimmen.


Musste die Unterkonstruktion aufgrund der Versuche stark verändert werden?

Die Unterkonstruktion konnte optimiert werden, da die Ergebnisse aus dem Versuch geringer ausfielen als vom Tragwerksplaner in der Vordimensionierung angenommen.


Hat sich die Simulation bewährt, d.h. haben Gewebe und Seile sich tatsächlich so verhalten, wie es die Simulation ergeben hat?

Ja absolut, denn es gab tatsächlich, trotz der kurzen Aufstellzeit, ein Sturmereignis, das ungefähr dem Bemessungsniveau entsprach. Gemäss Rückmeldung des Tragwerksplaners hat alles gehalten, viel höhere Windgeschwindigkeit hätten jedoch nicht auftreten dürfen. Dies haben kleinste Beschädigungen am Stoff an windexponierten Stellen sowie die Eindrücke des Tragwerksplaners live vor Ort bestätigt.

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