Tiefenlager-Entscheid: Protest aus den betroffenen Regionen
Die Standortevaluation für ein Tiefenlager konzentriert sich auf das Dreieck Marthalen-Dachsen-Benken an der Kantonsgrenze Zürich-Schaffhausen sowie auf ein Gebiet, nordöstlich von Brugg. Die betroffenen Regionen und Kantone kritisieren diese Auswahl.
Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat aus sechs möglichen Standorten zwei gemacht. Das Tiefenlager von schwach- und mittelradioaktiven respektive hochradioaktiven Atomabfällen soll weder im Jura-Südfuss, Nördlich Lägern, Südranden oder am Wellenberg realisiert werden. Für die Weiterbearbeitung wurden hingegen die Regionen «Jura Ost», nordöstlich von Brugg, sowie «Zürich Nordost», an der Kantonsgrenze Zürich-Schaffhausen erkoren. Behörden und Endlagergegner aus beiden betroffenen Standorten sind mit dem «Überraschungsentscheid» aber nicht einverstanden. Ursprünglich wollte sich die Nagra erst auf vier Standortkandidaten beschränken.
Der Aargauer Regierungsrat äussert grosse Vorbehalte zum Standort «Jura Ost» und wehrt sich insbesondere gegen die Oberflächenanlagen in der Gemeinde Villigen. Zum einen darf der Forschungsstandort rund um das Paul-Scherrer-Institut räumlich nicht behindert werden. Zum anderen leide der Mittellandkanton heute schon unter grossen Lasten im Verkehrs- und Energiebereich. Das Regierungskollegium im Nachbarkanton Zürich ist ebenfalls «sehr überrascht, dass die Evaluation auf nur noch zwei Standorte eingeschränkt werden soll».
Die Opposition gegen ein Tiefenlager gründet aber nicht speziell auf regionalen Aspekten sondern hat wie seit Beginn des Auswahlverfahrens fundamentalen Charakter. Die Kantone Zürich und Aargau zweifeln zudem die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse an. Die erste Analyse der Unterlagen vermittle nicht den Eindruck, dass die geforderten Kriterien eingehalten worden seien, schreibt der Zürcher Regierungsrat. Er erinnert dabei an das Versprechen der Aufsichtsbehörde ENSI, nur bei eindeutigen Nachteilen ein Standortgebiet aus dem Verfahren zu entlassen. Auch lokale Kreise lehnen die Standortvorschläge der Nagra ab. Der Verein «Kein Atommüll im Bözberg» weist auf hohe Risiken für die Geologie und das Grundwasservorkommen hin. Derweil vermutet der Gemeinderat von Marthalen, es werde der finanziell günstigste Weg zur Fortsetzung der Standortevaluation gesucht.
Die Bevölkerung vor Ort wird in den kommenden Wochen direkt informiert. Bis Ende 2016 findet nun eine Vernehmlassung statt: Gemäss Sachplanverfahren des Bundes ist bis dann die behördliche Überprüfung der Nagra-Vorschläge und die Anhörung der Bevölkerung vorgesehen. Der Ausschuss der Kantone hat inzwischen eine eigene Expertengruppe Sicherheit beauftragt, die Nagra-Unterlagen zu analysieren und noch dieses Jahr einen Bericht vorzulegen.