Spe­zi­al­ze­ment CEM III/B

Wertvoll für den Tiefbau und für massige Bauteile, aber ohne Vorteile für den Hochbau. Eine Stellungnahme der Normenkommission SIA 262 Betonbau.

Publikationsdatum
04-01-2023
Winnie Matthes
Diplom-Mineralogin TU Bergakademie Freiberg, Mitglied der Arbeitsgruppe Beton, TFB AG
Yves Schiegg
dipl. Bau-Ing. ETH/SIA; Leiter AG Beton der Normenkommission SIA 262 «Betonbau»

Aufgrund seines geringen CO2-Ausstosses wird CEM III/B häufig für Betone im Hochbau vorgeschrieben. Technisch ist er den Anforderungen im Hochbau jedoch nicht gewachsen, denn CEM III/B enthält 66 bis 80 % gemahlenen Hüttensand als Hauptbestandteil. Dieser muss vollumfänglich in die Schweiz importiert werden und wird aufgrund der gestiegenen Energiekosten in Europa zunehmend knapp.

Daher darf CEM III/B nicht als Massenzement betrachtet und in Anwendungen verwendet werden, in denen er praktisch keine technischen Vorteile bringt. Bei Betonen für den Hochbau sind vor allem schnelles Erhärten für einen raschen Baufortschritt und ein hoher Karbonatisierungswiderstand gefragt. Dort ist der gemächlich erhärtende, klinkerarme CEM III/B gegenüber klinkerreicheren Zementen eindeutig im Nachteil.

Spezialzement für den Tiefbau

CEM III/B ist ein Spezialzement für Tiefbauanwendungen und für massige Bauteile. Tiefbaubetone haben einen erhöhten Zement- und einen eher geringen Wassergehalt bei ­höherer Bewehrungsüberdeckung. Dort leistet der CEM III/B aufgrund seiner einzigartigen Eigenschaften, wie der geringen Hydratationswärme und seiner hohen Dauerhaftigkeit bei einem chemischen Angriff oder einer Alkali-Aggregat-Reaktion (AAR) einen hervorragenden Beitrag zur Lebensdauer und damit zur Nachhaltigkeit von Bauwerken.

Gemäss SN EN 197-1 ist CEM III/B ein Kompositzement, der mit 20 bis 34 Prozent vergleichsweise wenig Portlandzementklinker enthält. Dieser wird durch das Brennen von Kalkstein und anderen Roh­materialien erzeugt. Für Klinker werden daher im Vergleich mit anderen Zementbestandteilen die höchsten CO2-Emissionen ausgewiesen. Um möglichst CO2-arm zu bauen, wird daher gern auf möglichst klinkerarme Zemente zurückgegriffen – und einer davon ist CEM III/B. Eine solche Vorgabe zum einzusetzenden Zement ist gemäss SN EN 206:2013+A2:2021, Absatz 6.3.2 für Beton nach Eigenschaften zulässig. Wenn Bauherrschaften von Hochbauten jedoch aus alleinigen Überlegungen zum CO2-Ausstoss CEM III/B ausschreiben, greift das oft zu kurz. Die Gründe dafür werden im Folgenden erläutert.

Durch seinen hohen Gehalt an Hüttensandmehl weist CEM III/B technische Eigenschaften auf, die vor allem in Tiefbauanwendungen und in massigen Bauteilen besonders wertvoll sind und in dieser Ausprägung von keinem anderen Portlandkompositzement erreicht werden.

Vorteil 1: Geringe Hydratationswärme

Da Hüttensandmehl ein reaktiver, aber nur langsam reagierender Zementbestandteil ist, entwickeln CEM-III/B-Zemente während des frühen Erhärtens nur sehr wenig Wärme. Dadurch lässt sich die Temperatur im Innern von Betonen mit hoher Bauteildicke, sogenannten Massenbetonen, wirksam reduzieren, wodurch thermisch bedingte Rissbildungen vermieden werden können. Auch bei erhöhten Umgebungstemperaturen, beispielsweise in Tunnel, leistet Beton mit CEM III/B ausgezeichnete Dienste.

Vorteil 2: Hohe Dauerhaftigkeit

Bei der Hydratation bildet der CEM III/B im Beton mit der Zeit ein sehr dichtes Gefüge aus. So wird das Eindringen von Lösungen mit betonangreifenden Bestandteilen wie Sulfaten, Chloriden oder Alkalien deutlich erschwert. Auch das Zirkulieren des Porenwassers im Beton wird durch die Verfeinerung des Porensystems wirksam reduziert, was die zerstörerische Alkali-Aggregat-Reaktion effektiv verhindert. Zudem können Schadstoffe, beispielsweise Alkalien, in die Hydratationsprodukte des Hüttensandmehls eingebaut und somit fixiert werden.

Vorteil 3: Helle Farbe

Trockene, unversiegelte Betonoberflächen mit CEM III/B weisen eine sehr helle Farbgebung auf (off-white), die in Richtung von Betonen mit Weisszement geht. Die beiden erstgenannten Vorteile sind, vor allem in Kombination, für Tiefbauanwendungen und massige Betonbauteile von hohem Wert und können mit anderen Portlandkompositzementen nicht ohne Weiteres erreicht werden. Die helle Farbe von unversiegelten Betonoberflächen mit CEM III/B ist gegebenenfalls architektonisch und ästhetisch interessant, wobei hier Weisszemente eine bessere Alter­native bieten. Natürlich hat der CEM III/B auch Nachteile. Diese betreffen insbesondere den Hochbau.

Nachteil 1: Langsame Erhärtung

CEM III/B erhärtet wegen der Re­ak­tionsträgheit des Hüttensandmehls markant langsamer als klinkerreichere Kompositzemente. Das führt zu deutlich längeren, vor allem bei tieferen Temperaturen bis mindestens doppelt so langen, Ausschal- und Nachbehandlungsfristen. Das ist ein klarer Nachteil im Hochbau, wo der Baufortschritt entscheidend ist.

Nachteil 2: Tiefer Karbo­­­­natisierungswiderstand

Aufgrund seines tiefen Klinkergehalts hat CEM III/B einen geringeren Widerstand gegen die Karbonatisierung, die unter wechselfeuchten Bedingungen zur Korrosion der Bewehrung führt. Die Praxiserfahrung zeigt, dass die Grenzwerte für die Hochbaubetone B und C, vor allem in Kombination mit Recycling-Gesteinskörnung, nicht immer sicher eingehalten werden. Erschwerend kommt hinzu, dass Hochbaubetone in der Regel eher geringe Zementgehalte und höhere Wasserdosierungen sowie eine geringere Bewehrungsüberdeckung aufweisen als Tiefbaubetone, sodass sie empfindlicher auf einen geringen Karbonatisierungswiderstand des Zements reagieren.

Nachteil 3: Verfügbarkeit von Hüttensandmehl

Hüttensand ist ein knappes Gut. Er entsteht bei der Erzeugung von Roh­eisen aus Eisenerz im Hochofenprozess. Dieser Prozess ist enorm energieintensiv. Die dabei entstehende Schlackenschmelze wird zu einem glasigen, reaktiven Hüttensand granuliert, der dann fein gemahlen werden muss. Da die Schweiz über keine Hochöfen verfügt, muss der gesamte Hüttensand importiert werden. Die Energiekrise mit den im Lauf des Jahres massiv gestiegenen Energiekosten verknappt auch die Hüttensand­produktion. So hat Arcelor-Mittal, einer der weltgrössten Stahlproduzenten, in seinem Werk in Bremen Ende September 2022 einen der zwei Hochöfen bis auf Weiteres stillgelegt und auch andere Stahlproduzenten sind wachsam.

CEM III/B ist kein Massenzement

Der hohe Anteil an Hüttensandmehl im CEM III/B ist verantwortlich für seine besonderen technischen Eigenschaften hinsichtlich Temperaturentwicklung und Dauerhaftigkeit bei chemischem Angriff und AAR. Diese Eigenschaften sind in Tief­bau- und Massenbetonanwendungen von unschätzbarem Wert. In diesen Anwendungen leistet der CEM III/B einen grossen Beitrag zur Lebensdauer und Nachhaltigkeit der Bauwerke.

Hüttensand ist aber beschränkt vorhanden und muss zudem vollumfänglich importiert werden. CEM III/B kann damit kein Massenzement sein, sondern ist als Spezialzement für besondere technische Anforderungen im Tiefbau zu betrachten. Er darf daher nicht in Hochbauanwendungen verwendet werden, in denen sich seine langsame Erhärtung und sein geringerer Karbonatisierungswiderstand nachteilig auf den Baufortschritt und potenziell auch auf die Dauerhaftigkeit auswirkt.

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