Sicherheit und Gesundheit gehen Hand in Hand
Arbeitssicherheit und Corporate Health Convention vom 6.8. Juni 2012 in Bern
Mit 2387 Besucherinnen und Besuchern und 129 Ausstellern wurden die Messe Arbeitssicherheit und die Corporate Health Convention erfolgreich durchgeführt, wie die Messe mitteilt.
«Es gibt ein simples Motto bei der Sicherheit: Nur gesunde Mitarbeitende sind sichere Mitarbeitende», brachte der stellvertretende Sicherheitschef der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), Paul Hügli, an der Pressekonferenz zum Messeauftakt den Zusammenhang auf den Punkt. Seit 1994, einem schwarzen Jahr in der Geschichte der SBB mit schweren Unfällen, werde das Thema Arbeitssicherheit in seinem Unternehmen systematisch angegangen und weiterentwickelt. In einem ersten Schritt sei es gelungen, die Unfallzahlen durch Überwachung und Sanktionierung um ein Drittel zu reduzieren. Eine weitere Senkung habe die Förderung der Eigenverantwortung ermöglicht: «Die Mitarbeitenden mussten begreifen, dass sie den Schutzhelm nicht für den Chef, sondern für sich selbst tragen.» Mit der Pflege des Teamansatzes gehe man jetzt noch einen Schritt weiter: Das Ziel sei die «lernende Organisation».
Arbeitssicherheit ist «Abfallprodukt guter Führung»
Es sei eine grosse Herausforderung, im ehemaligen Militärbetrieb in eine Fehlerkultur einzuführen, räumte Hügli ein. Ein Instrument zu diesem Zweck sei die Sicherheitswerkstatt: «Wir wollen die Chefs und Mitarbeiter dazu erziehen, einen Sicherheitsdialog zu führen. Sie sollen aber nicht nur miteinander sprechen, sondern ganz konkret Mängel beheben im Team.» Die vorstrukturierten Meetings würden auf allen Unternehmensstufen angewendet, also auch auf höchster Ebene in der Konzernleitung. Hügli betonte, wie wichtig das Verhalten der Vorgesetzten sei. Arbeitssicherheit sei ein «Abfallprodukt einer guten Führung» sie funktioniere mit einem Chef, der nicht wegsehe, sondern sich verantwortlich fühle für seine Leute und für seinen Arbeitsplatz.
Im Rahmen der Entwicklung einer HR-Strategie und der Einführung eines HR-Geschäftsmodells sei 2008 entschieden worden, das Thema Gesundheit aktiv und systematisch im Betrieb einzuführen und zu steuern, erklärte Daniela Steiner, Leiterin des Kompetenzcentrums Betriebliches Gesundheitsmanagement. Daraus seien eine Vision, vier strategische Stossrichtungen und eine Roadmap bis 2015 entstanden. Bei 28.000 Mitarbeitenden und 150 verschiedenen Berufsbildern könne man aber nicht einfach eine einzige Kampagne lancieren. Um jeden Einzelnen zu erreichen, werde nicht nur top-down agiert, sondern parallel auch viel Raum für Bottom-up-Anfragen geschaffen. Bei allen Aktionen würden die Verhaltens- und die Verhältnisprävention aufeinander abgestimmt. Ziel sei, die richtigen Leute am richtigen Ort gesund und sicher zu halten.
Mangelnde Sicherheitsbereitschaft kostet Leben
Um dieses Ziel ging es auch an den Messen selbst. «Keine Arbeit ist so wichtig, dass es sich rechtfertigen würde, seine Gesundheit oder gar sein Leben zu riskieren», lautet die Dachbotschaft der Suva-Kampagne «Vision 250 Leben», die Suva-Sicherheitsingenieur Adam Maurus vorstellte. Die Zahl an Arbeitsunfällen sei in der Schweiz zwar sinkend, trotzdem seien jährlich etwa 100 Todesfälle am Arbeitsplatz zu beklagen. Der Grossteil ereigne sich bei Instandhaltungsarbeiten an Maschinen und Anlagen. So würden beispielsweise Maschinen vor einer Instandsetzung zwar üblicherweise abgeschaltet, aber nicht durch Verriegelungsventile, einen Steckstopp oder das persönliche Vorhängeschloss gesichert Anlass für die Versicherung, acht lebenswichtige Regeln zu propagieren.
Thomas Pietschmann (asecos) öffnete dem Publikum die Augen für unsichtbare und damit häufig verkannte Gefahren im Umgang mit entzündlichen Stoffen: Eine offenbar entleerte Kleinbatterie setzt Stahlwolle in Brand, Acetol zieht eine Flamme förmlich an, und schon kleinste Mengen eines Gasgemischs reichen aus, um eine ohrenbetäubende Explosion hervorzurufen.
Sicherheits- und Schutzlösungen
Wie Gefahrenstoffe sicher gelagert werden können, zeigte Aussteller Denios mit Auffangwannen und belüfteten Brandschutzcontainern, die dafür sorgen, bei einem Leck oder Bränden Schlimmeres zu vermeiden. Das Unternehmen Lobsiger war mit webbasierten Softwarelösungen zum Thema Arbeitssicherheit präsent. Die Online-Lösungen böten Rechtskonformität und würden etwa 60% des Aufwands für die Überwachung einsparen. Die innovativen Programme liessen sich nahtlos an schon vorhandene HR-Software anschliessen, zudem gebe es Branchenlösungen für kleine und mittelgrosse Unternehmen.
Viele Erwerbstätige leiden unter chronischen Rückenschmerzen. Eine Lösung für dieses Problem stellte Aussteller Wekatex vor: Der Rückenstützgurt stabilisiert die Körperhaltung und lindert beziehungsweise verhindert überlastungsbedingte Schmerzen. Der Gurt ist bei Bedarf komprimierbar und verschafft zum Beispiel bei hebenden oder sitzenden Tätigkeiten Ausgleich.
Thomi bot bei den Sicherheitsschuhe auch Modelle an, die zwar ebenfalls vollwertig, aber feiner sind, wie sie etwa von Architekten geschätzt würden. Eine Innovation beim aktiven Gehörschutz mit Kommunikationsübertragung fand sich zwischen vielen weiteren Ausstellungsstücken des Komplettanbieters Honeywell. Das Headset verfügt über Mikrofone und Lautsprecher und übernimmt die gesamte Steuerung selbst.
Corporate Health Convention
Auch im Corporate-Health-Bereich bedingt der technische Fortschritt Weiterentwicklungen. Die Online-Plattform für betriebliche Gesundheitsförderung von G.P.C. Partners umfasst ein Programm mit interaktiven Checks, Anleitungen, Filmen und Erklärungen zu den Themen mentale Fitness, Bewegung, Ergonomie, Ernährung und Entspannung. Körperliche Ertüchtigung in verschiedenen Spielarten belegte einen prominenten Platz, im Mittelpunkt der Corporate-Health-Convention standen jedoch psychische Überlasung und Erkrankungen. Einen fundierten Einblick in die Stress-Problematik vermittelten Margot Vanis, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Ressort Grundlagen Arbeit und Gesundheit des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), und Dr. Wolfgang Kälin, Dozent für Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Bern. Die Ergebnisse der zweiten Stress-Studie unter Schweizer Erwerbstätigen aus dem Sommer 2010 zeigen, dass das Stressempfinden gegenüber der Untersuchung aus dem Jahr 2000 gewachsen sei, erklärte Margot Vanis. 34.4% (2000: 26.6%) der Befragten gaben an, sich häufig oder sehr häufig gestresst zu fühlen. Als stärkste aufgabenbezogene Belastungen gelten Unterbrechungen, Arbeiten mit hohem Tempo, Termindruck und Umstrukturierungen. Die «Hitliste» bei den sozialen Faktoren führen Beleidigungen, Mobbing und Erniedrigungen an.
Abbau von Stressoren Aufbau von Ressourcen
Nicht alles, was uns belaste, mache uns auch krank, betonte allerdings Co-Referent Dr. Wolfgang Kälin. Es komme immer darauf an, was wir den Anforderungen an uns entgegenzusetzen hätten. Einzelpersonen und Unternehmen könnten sich durch Stressbewältigungsstrategien wappnen, die zum einen auf den Abbau von Belastungen (Stressoren), zum anderen auf den Aufbau der verfügbaren Kräfte (Ressourcen) abzielten. Unterstützung dazu erhielten sie auf der Website stressnostress.ch, die in Reaktion auf die bereits alarmierenden Ergebnisse der ersten Stress-Studie entstanden sei.
Ob und wo in ihrem Betrieb ein Ungleichgewicht zwischen Belastungen und Ressourcen besteht, können Unternehmen auch mit dem «S-Tool» von Gesundheitsförderung Schweiz herausfinden. Dessen «Stressbarometer» weist gleich einem Ampelsystem je nach Handlungsbedarf grüne, gelbe und rote Bereiche aus.
Investment mit einzigartig hoher Rendite
Auf den deutlichen Gewinn, der durch betriebliche Gesundheitsförderung und ein gutes Fehlzeitenmanagement erzielt werde, verwies u.a. Hansjörg Huwiler. «Ich bin überrascht, wie viele Firmen die Anzahl der angefallenen Fehltage in ihrem Betrieb und vor allem die daraus resultierenden Kosten nicht kennen», meinte der Präsident des Schweizerischen Verbandes für betriebliche Gesundheitsförderung (SVBGF). Bei einem immer wieder belegten Return on Investment von 1 zu 5 müsse man einfach in Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) investieren, befand der Referent.
Weitere Informationen: www.arbeits-sicherheit-schweiz.ch