Schwarz auf weiss

Ausstellung «Textbau», S AM Basel

Bis zum 22. Februar 2015 zeigt das Schweizerische Architekturmuseum eine Ausstellung über Architekturkritik. Die gelungene Szenografie unterstützt die Rezeption der hochinteressanten Texte und Statements.

Publikationsdatum
29-12-2014
Revision
05-10-2015

Vor zwei Jahren widmete das Schweizerische Architekturmuseum in Basel die Ausstellung «Bildbau» der Architekturfotografie (vgl. «Schweizer Architektur fotografiert». Unter dem Titel «Textbau» geht es nun um Architekturkritik, in geschriebener wie in gesprochener Form.

Hubertus Adam und Evelyn Steiner, die Kuratoren, wählten 15 Bauprojekte, die in den vergangenen 40 Jahren öffentlichkeitswirksame Debatten ausgelöst haben. Zu jedem trugen sie eine Palette von ganz unterschiedlichen Beiträgen aus Printmedien und Rundfunk zusammen, die geeignet ist, nicht nur über das Projekt zu informieren, sondern auch Grundlage zur Reflexion der Kritik selbst zu sein. Zusätzlich kann man in der Ausstellung die Statements von über Architektur Schreibenden zur Thematik lesen und hören. Die Ausstellungsgestaltung stammt von Holzer Kobler Architekten, Zürich, und lohnt ihrerseits einen genaueren Blick.

Die wenigen Bilder sind entrückt und verfremdet; auf Farben wird fast vollständig verzichtet; an den Wänden des Hauptraums befinden sich bis zur Unlesbarkeit verschwommene Textspalten – dass es hier um Worte geht, wird auf den ersten Blick deutlich. Von grossen Zeitungsstapeln können sich die Besucher bedienen, um die Textsammlungen vor Ort zu studieren oder sie mit nach Hause zu nehmen. Aus Kopfhörern dringt leise das Gemurmel zahlreicher Stimmen.

Zum Zuhören, Lesen und Diskutieren stehen Gruppen unterschiedlicher Sitzmöbel und Tische bereit. Sie wurden in den 1970er-Jahren vom italienischen Designer Enzo Mari entworfen und konnten unkompliziert nachgebaut werden. Tief hängende, grosse Lampenschirme unterstützen die Zonierung des grossen Raums. Bei aller Reduktion dient das Licht als Gestaltungsmittel. So ist zum Beispiel ein Nebenraum, in dem auf Liegestühlen die Statements von Schreibenden gehört werden können, grün beleuchtet. Von dort kommend scheint im weissen Hauptraum für einige Sekunden alles rosa zu sein – ein originelles Mittel, Wahrnehmung zu beeinflussen.

Die Gestaltung der Ausstellung unterstützt nicht nur deren Rezeption, sondern weist auch gewisse Analogien auf. Schwarz ist die Tinte, weiss das Papier – sich darauf zu beschränken, ist insofern naheliegend. Die beiden Extreme können sinnbildlich aber auch für eine Vielzahl unterschiedlicher Haltungen stehen, zu denen sich ein Kritiker positionieren muss. Der scharfe Kontrast verweist ausserdem sowohl auf die Radikalität und Sprengkraft, die Texte haben können, als auch auf die sprachliche Präzision, um die sich Schreibende bemühen.

Weil Sprache keine Mathematik ist, kann es wohl nur beim Bestreben bleiben. Enzo Maris Möbel sind aus einfachen Brettern zusammenge­nagelt; sie sehen sperrig und unbequem aus. Tatsächlich aber sitzt man gut. Auch beim Schreiben werden Worte als rohe Bestandteile zusammengefügt; an Formulierungen wird gefeilt. Diese Auseinandersetzung mit der Sprache ist aber immer auch eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt – und somit eine Arbeit, deren Resultat doppelt belohnt. 

Informationen zu Öffnungszeiten und Begleitveranstaltungen: www.sam-basel.org

 

 

Magazine

Verwandte Beiträge