Ro­bert Wal­ser, Held der Er­folg­lo­sen

13. Schweizerische Plastikausstellung – Bauen für die Kunst

Eine Skulptur zu Ehren von Robert Walser ist diesen Sommer auf dem Bieler Bahnhofsplatz begeh- und erlebbar. Im Rahmen der 13. Schweizerischen Plastikausstellung stellt der Künstler Thomas Hirschhorn damit etablierte Codes und politische Korrektheit infrage.

Publikationsdatum
26-06-2019

Eine Wand aus Holzpaletten, beklebt mit Skizzen und Zeichnungen, überrascht die Reisenden am Bahnhofsausgang in Biel. Dahinter versteckt sich eine 1200 m2 grosse provisorische Landschaft aus hölzernen Tribünen, Treppen, Podesten und Pavillons. Die Robert-Walser-Skulptur des Künstlers Thomas Hirschhorn wirkt wie eine Mischung aus Favelas, Baubaracken und Abenteuerspielplatz.

Nicht nur seiner Erscheinung, auch seiner prominenten Lage wegen sorgte das Vorhaben bereits während der Planung für Aufruhr: Taxi- und Velofahrer protestierten, der Platz werde für ihre Vehikel versperrt; dann folgte der Rücktritt des Stiftungspräsidenten der Schweizerischen Plastikausstellung und die Verschiebung der Eröffnung.

Doch jetzt ist es so weit. Mit Lesungen, Ateliers, Vorträgen, Theater, einer Bibliothek und Ausstellungen wird die Skulptur vom 15. Juni bis 8. September 2019 zum Begegnungsort. Durch die Bürgerbeteiligung an der seit 2016 laufenden Planung ist es Hirschhorn gelungen, einen Teil der Bieler in das Projekt zu involvieren und dafür zu begeistern. Am Bau und an den Events ­beteiligt sind über 200 entlöhnte Bürgerinnen, Vereine und Institu­tionen. Nicht zuletzt das Budget von 2 Mio. Fr. hat für viel Unmut in der nicht eben wohlhabenden Bevölkerung gesorgt. Die Kosten tragen zu rund einem Drittel Stadt und Kanton.

Was ist Erfolg …

Aber wieso eine Skulptur für Walser und weshalb in Biel? Walser, der in Biel geboren wurde, hätte durchaus Erfolg haben können. Doch er entschied sich dagegen – und warf damit die grundsätzliche Frage auf, was Erfolg bedeutet. Hirschhorn begründet seine Wahl Walsers unter anderem damit, dass der Schrift­steller ein Held gewesen sei. Er habe sich verloren, sich todesmutig dem Prekären zugewandt, sei den Weg des Unsicheren, Nicht-Garantierten, Fragilen gegangen und habe das Unbeachtete, Schwache ernst genommen. Rebellisch und fröhlich habe er den Misserfolg angestrebt.

… in der Architektur?

Die Frage, ob der künstlerische Blick Hirschhorns auf Walsers Themen für die Architektur taugt, ist etwas provokativ. Und was bedeutet Erfolg in der von schweizerischem Präzi­sions- und Perfektionsstreben geprägten Bauwirtschaft? Das Fragile und Bescheidene dagegen vermag auch in der Architektur oft eine Kraft zu entfalten, die über das Mittelmässige, Etablierte hinauswächst. Es zu beachten, kann eine Möglichkeit sein, das Wesentliche zu erkennen.

Die mit einfachen Mitteln  gebaute Raumskulptur richtet sich an ein breites Publikum und ist kostenlos begehbar. Als soziale Plastik, Reflexions- und Erlebnisraum soll sie die Kunst in die Stadt tragen.
 

Mehr zur Skulptur:
www.robertwalser-sculpture.com

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