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Publikationsdatum
08-04-2015
Revision
08-10-2015

Neulich, an einer hochkarätig besetzten Fachtagung, präsentierte ein junger Architekt ein Museumsprojekt. Anstelle einer Visualisierung zeigte er sorgfältig ausgewählte, schwarz-weisse Referenzbilder. Es ging ihm nicht darum, die Erscheinung des künftigen Gebäudes fotorealistisch abzubilden; vielmehr dienten die Bilder als Hilfsmittel, um das eigentliche Wesen des Museums zu erforschen.

Diese Arbeitsmethode ist nicht neu. Referenzbilder von ikonischen Objekten, die bestimmte Eigenschaften wie Monumentalität oder Bewegung verkörpern, sind bewährte Entwurfswerkzeuge, ihr Einsatz wird an Hochschulen gelehrt. Dass sich dabei gewisse Bilder – das Schiff, das Getreidesilo, die Galerie des Machines – seit der frühen Moderne ständig wiederholen, gehört dazu. Der Rückgriff auf ein gemeinsames Repertoire und das Weiterdenken bestehender Werte sind das Kennzeichen jeder höheren Kultur.

Verblüffend dagegen ist, wie diese Referenzen mit scheinbar zwingender Konsequenz zu Projekten führen, die so unterschiedlich sind wie eine Villa, eine KVA oder eben ein Museum … verblüffend, und, bei näherem Hinsehen, auch recht unterhaltsam. Das gelehrte Spiel mit den Ikonen der Baukunst birgt lustvolle Überraschungen. So richtig ernst wirken nur die Spieler.

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