Grün­raum in Stadt­nä­he

Agglopark Limmattal: Raum für Erholung und Kontemplation

Zur Erholung streben Städter gern in die Ferne. Dabei gibt es auch vor der Haustür attraktive Grünräume. Im Limmattal zwischen Zürich und Baden sollen diese Naherholungsgebiete mit der Schaffung eines Agglomerationsparks aufgewertet, besser vernetzt und bekannter gemacht werden. Die ­Realisierung erfolgt allerdings über einen längeren Zeitraum und basiert auf dem freiwilligen Engagement der 17 beteiligten Städte und Gemeinden.

Publikationsdatum
31-01-2012
Revision
01-09-2015

Regionaler Naturpark, Nationalpark und Naturerlebnispark sind Parkkategorien des Bundes mit offiziellen Definitionen und eigenem Label. Nicht so der Agglomerationspark. Es sei hier deshalb – im Sinne einer Diskussionsgrundlage – ein erster Definitionsversuch gewagt: «Agglomerationspärke stellen in dicht besiedelten Gebieten langfristig ein attraktives und zusammenhängendes Freiraumnetz sicher. Sie dienen als Ausgleichsräume zur dichten Besiedlung. Im Vordergrund steht die landschaftsbezogene Erholung im nahen Wohn- und Arbeitsumfeld (‹Erholung vor der Haustür›). Die Realisierung erfolgt in grenzüberschreitender Zusammenarbeit.» Der Agglomerationspark ergänzt dabei die bestehenden Strategien zur Siedlungs-, Verkehrs- und Wirtschaftsentwicklung. 

Grünes Pendant zur Bandstadt Limmattal

Ein Beispiel für einen Agglomerationspark ist der «Agglopark Limmattal» zwischen Zürich und Baden.1,2 Dieses Gebiet ist durch eine starke Entwicklungsdynamik gekennzeichnet, immer mehr Menschen arbeiten und wohnen hier. Bauten und Infrastrukturen bestimmen das Erscheinungsbild. Ruhe und Freiraum werden zum raren Gut bzw. sind es schon längst geworden. Dass im Limmattal neben Wohnen und Arbeiten noch Raum – im wahrsten Sinne des Wortes – für Erholung und Kontemplation bleibt, dafür sorgt der Agglopark Limmattal. Die vorhandenen Landschaftsqualitäten und kurzen Verbindungen zu Fuss und per Velo in die Ebene und die angrenzenden Hügelzüge sind eine Chance, die genutzt werden soll. Ziel des Aggloparks Limmattal ist es, die verbliebenen Freiräume im Limmattal zu sichern und aufzuwerten, ihre Identität zu stärken und das Naherholungsangebot bekannt zu machen. Im Sinne einer «grünen Infrastruktur» bilden die siedlungsnahen Landschafts- und Freiräume des Aggloparks ein Pendant zur «Bandstadt Limmattal».
Der Agglopark Limmattal erstreckt sich über das gesamte Limmattal von Zürich bis Baden und umfasst 17 Städte und Gemeinden. Er wurde im Jahr 2007 als ein «Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung» mit einer Anschubfinanzierung des Bundesamtes für Raum-entwicklung ins Leben gerufen. Träger sind die Kantone Aargau und Zürich, die Stadt Zürich sowie die Planungsverbände Baden Regio und Zürcher Planungsgruppe Limmattal (ZPL).  

Freiraumkonzept als Basis

Das Projekt konzentriert sich auf den Talraum und das Freiraumnetz ausserhalb der Bauzone, wobei die Freiräume im Siedlungsbereich und die Landschaftsqualitäten der angrenzenden Hügelzüge funktional mitberücksichtigt werden. Als Basis für die gemeinsame Stossrichtung und die zukünftige Projektentwicklung wurde für den gesamten Raum ein Freiraumkonzept erarbeitet.3 Darin werden die wesentlichen Elemente des Aggloparks näher beschrieben und Massnahmen zu den Themen Erholung, Kultur, Langsamverkehr, Landschaft und Natur vorgeschlagen. Der Agglopark setzt sich aus unterschiedlichen Freiräumen zusammen: 

«Blaues Band»
Die Limmat bildet als «blaues Band» mit den angrenzenden Landschaftsräumen die zentrale Freiraum- und Erholungsachse des Aggloparks Limmattal. Sie ist vielfältiger Naherholungs-raum, dient als Vernetzungskorridor für Pflanzen und Tiere und übernimmt wichtige ökologische Ausgleichsfunktionen. Die Limmat wird in ihrer Qualität als durchgängiger Erholungs- und Naturraum gestärkt, bestimmte Abschnitte werden in ihrer gestalteten, städtischen Ausprägung hervorgehoben, während andere Bereiche zurückhaltend als Rückzugsbereiche für die ruhige, landschaftsbezogene Erholung entwickelt werden.

«Grüne Klammer»
Sie wird durch die bewaldeten Hügelzüge (Heitersberg, Schlierenberg, Altberg, Hönggerberg etc.) beidseits des Limmattals gebildet, die den Agglopark einfassen. 

«Landschafts- und Freiraumspangen»
Das Limmattal weist vier grössere Freiräume auf, die quer zum Tal verlaufen. Diese Quer-spangen sind Bewegungsraum und bilden zugleich die Zugänge für Fussgängerinnen und Velofahrer zum Limmatraum und zu den Landschaftsräumen an den Hangflanken. Ihnen kommt eine hohe Bedeutung bei der Raumgliederung und Raumvernetzung zu. Die Landschaftsspangen sollen weitgehend von Siedlungselementen freigehalten werden und als multifunktionale Kulturlandschaft sowohl der Landwirtschaft als auch der Erholungsnutzung dienen. Die Freiraumspange zwischen Gubrist und Schlierenberg stellt mit dem Bereich Werd einen Freiraum im urbanen Umfeld dar. Erholungs- und Freizeiteinrichtungen sowie freie Sichtbezüge prägen diese Querspange.

«Freiraumbänder»
Als Trenngürtel zwischen Siedlung und Wald sollen langfristig unverbaute Erholungsräume als Freiraumbänder zwischen Siedlungskörper und Waldrand erhalten bleiben. Diese Frei-raumbänder entlang der Hügelflanken eignen sich insbesondere für die ruhige Erholung und gehen nahtlos in die «Grüne Klammer» der Höhenzüge über.

«Attraktives Langsamverkehrsnetz»
Gut auffindbare, durchgehende und sichere Fuss- und Radwege verbinden die Erholungsräume und die im gesamten Projektgebiet verteilten kulturellen und landschaftlichen Merkpunkte. 

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Damit der Agglopark Limmattal als Einheit erlebbar wird, müssen die Limmattaler Gemeinden und die beiden Planungsregionen und Kantone grenzüberschreitend zusammenarbeiten und die gleiche Stossrichtung verfolgen. Als Grundlage für die Zusammenarbeit wurden folgende Prinzipien formuliert: «Gemeinsame Potenziale stärken und entwickeln» und «individuelle Stärken betonen». Es liegt nun an allen Beteiligten, dass diese Prinzipien bei den (politischen) Entscheiden zur künftigen Entwicklung des Limmattals zum Tragen kommen.
Der Agglopark Limmattal birgt für die einzelnen Gemeinden und Planungsträger keine rechtlichen Verpflichtungen. Das heisst, die Etablierung des Aggloparks Limmattal und die Umsetzung einzelner Massnahmen basiert auf dem freiwilligen Engagement der Beteiligten. Um dem Vorhaben dennoch ein gewisses Gewicht zu verleihen, haben die Kantone Aargau und Zürich, die Planungsverbände Baden Regio und ZPL sowie die 17 Städte und Gemeinden des Limmattals im September 2009 eine Absichtserklärung unterzeichnet und darin ihre Bereitschaft zur Umsetzung und Zusammenarbeit bekundet.  

Erste Schritte zur Umsetzung

Die Umsetzung erfolgt langfristig und projektweise. Erste Schritte sind bereits getan. So hat der Kanton Aargau den Agglopark Limmattal in den kantonalen Richtplan aufgenommen. Die Realisierung eines durchgängigen Limmatuferwegs wurde ebenfalls in Angriff genommen. Ein im Entwurf vorliegendes Massnahmenkonzept sieht Belagssanierungen, Wegverbreiterungen, Aufenthaltsbereiche und Zugänge zum Wasser vor. Die Realisierung soll im Rahmen des Aggloprogramms 2. Generation erfolgen. Die Projektierung obliegt dabei den Gemeinden, das heisst, diese bestimmen, wann, was, wo gemacht wird.
Die Gemeinden Killwangen, Neuenhof, Wettingen und Würenlos konkretisieren ausserdem zusammen mit dem Planungsverband Baden Regio die Landschaftsspange Rüsler-Sulperg. Ein gemeinsames Entwicklungskonzept enthält als noch unverbindliche Ideen beispielsweise die Schaffung von Biotopen auf den heutigen Kiesgrubenarealen sowie eine teilweise Überdachung der Kantonsstrasse. 

Alter Wein in neuen Schläuchen 

Neu am Agglomerationspark sind weniger die damit verbundenen Themen und Handlungsfelder als vielmehr der damit einhergehende Prozess und Bewusstseinswandel: «Der Agglomerationspark ist ein Vehikel, mit dem Gemeinden zur Zusammenarbeit kommen»4. Die Schaffung eines Agglomerationsparks kann die Aufmerksamkeit auf die Qualitäten und Bedeutung der Agglomerationslandschaft lenken und helfen, sie aus der Vernachlässigung zu befreien: weg von der Restlandschaft (bzw. Bauerwartungsland) hin zu einem aktiv bewirtschafteten und in Wert gesetzten Naherholungsraum.

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