Ei­gen­stän­di­ger Städ­te­bau an pe­ri­phe­rem Stand­ort

Ausbau Polizei- und Justizzentrum Biberbrugg SZ

Für den Ausbau des Polizei- und Justizzentrums (PJZ) des Kantons Schwyz schlägt nur das Siegerteam einen vom Bestand losgelösten Baukörper vor. So wird der erste von drei Standorten ortsverträglich bespielt.

Publikationsdatum
15-12-2022

Selektiver Projektwettbewerb für Generalplanerteams, mit Präqualifikation

Wie zurzeit viele Kantone plant auch der Kanton Schwyz, seine Ämter räumlich zu zentralisieren. Klares Ziel dabei: wirtschaftliche und orga­nisatorische Effizienzsteigerung. Naheliegend scheint die Konzen­trierung im Hauptort Schwyz, wo bereits grosse Teile der Verwaltung beherbergt sind. Doch der Schlussbericht der Standortevaluation von 2017 zeigte auf, dass eine totale Zentralisierung an der Bahnhofstrasse in Schwyz im Vergleich zu anderen Standorten sehr hohe Kosten zur Folge hätte.

Mit einer Aufteilung der Verwaltung in zwei Zentren in Biberbrugg und in Schwyz können, so die Prognose, die Gesamtkosten in der Langzeitbetrachtung um die Hälfte gesenkt werden. Das war Argument genug, mit zwei Standorten weiterzuplanen (vgl. Karte in der Bildgalerie).

Dieser Entscheid führte zu drei wichtigen Wettbewerben, die der Kanton Schwyz aktuell durchführt. Neben dem Projektwettbewerb für das PJZ in Biberbrugg fanden fast zeitgleich ein Wettbewerb für das neue Verwaltungs- und Sicherheitszentrum Kaltbach und ein Studienverfahren für die Umnutzung der ehemaligen Verwaltungsgebäude an der Bahnhofstrasse (beide in Schwyz) statt. Für einen Kanton, in dem es in den letzten Jahren wettbewerbstechnisch besorgniserregend ruhig war, ist das eine verheissungsvolle Nachricht.

Ist dezentral auch ideal?

Das PJZ ist Teil der kantonalen ­Verwaltung und der Ausbau am peripheren Standort in Biberbrugg Resultat einer kantonalen Entwicklungsstrategie. Biberbrugg liegt auf der Schwelle der beiden Kantonsteile Inner- und Aus­serschwyz und ist vor allem ein Verkehrsknotenpunkt. Seit 2007 befindet sich zwischen dem Bahnhof Biberbrugg und dessen Namensgeber, dem Fluss Biber, der Sicherheitsstützpunkt des Kantons, mit Ab­teilungen der Kantonspolizei, der Staatsanwaltschaft und Haftzellen.

Dieser etablierte Standort, zusammen mit dortigen Landreserven, führten unter anderem zum Entscheid des Ausbaus in Biberbrugg. Immerhin ist der Ort gut an den öffentlichen Verkehr angeschlossen. Aus raumplanerischer Sicht wäre die Positionierung der Verwaltung an einem Zentrumsort klar gewünscht, da dies den übergeordneten Siedlungs- und Raum­strategien entspricht. Im Fall des PJZ ist der Entscheid des Kantons allerdings auch nachvollziehbar und zeigt Alternativen zum von verschiedenen Seiten kritisierten Neubau des Polizei- und Justizzentrums in Zürich: Das riesige Zürcher Bauvolumen in rigidem Kleid und mit publikumsarmer Nutzung an zentraler Lage ist problematisch für eine lebendige Stadt. Vor siebzehn Jahren, als der Zürcher Wettbewerb ausgeschrieben wurde, erschien die Vorstellung, das Areal des ehema­ligen Güterbahnhofs werde einst «mitten in der Stadt» liegen, eben sehr fern.

Ein Projekt setzt sich ab

Für den selektiven Projektwettbewerb des PJZ Biberbrugg haben sich 31 Generalplanerteams beworben. Zehn Teams wurden zur Teilnahme zugelassen und neun davon haben im Sommer 2022 ein Projekt abgegeben. Gewonnen hat das Team um das Architekturbüro Penzel Valier dank einem überzeugenden städtebaulichen Ansatz.

Das Raumprogramm sah vor, im Neubau die Abteilungen der Kantonspolizei, der Staatsanwaltschaft, des Justizvollzugs und der Migra­tion unterzubringen. Zudem waren öffentliche Nutzungen wie Empfangshalle und -schalter, Besprechungsräume sowie gemeinsame Personalräume zu planen. Auf einem separaten Perimeter war ein Vorschlag für eine Parkierung für rund 200 Autoabstellplätze gefragt. An den bestehenden kantonalen Sicherheitsstützpunkt SSB durfte angebaut werden.

Die Planerinnen und Planer von Penzel Valier entschieden sich dagegen und setzen sich so mit ihrem Projekt von den übrigen Entwürfen ab. Als einziges Projekt positioniert es sich unabhängig und losgelöst vom bestehenden Sichtbetongebäude mit den liegenden Lochfenstern von Rigert + Bisang Architekten. Nur die Untergeschosse sind aus organisatorischen Gründen miteinander ­verbunden. Die zueinander verschobenen Geschosse und die daraus resultierenden Auskragungen verhelfen dem grossen, orthogonalen Bau­körper zu einer differenzierten Volumenbildung. Wichtige Elemente wie der Haupteingang oder das Personalrestaurant werden dadurch akzentuiert.

Die Gebäudeausrichtung folgt der Topografie der Landschaft, nicht wie vielleicht naheliegend, dem bereits bestehenden Baukörper. «Durch die räumliche Trennung des Neubaus und die abgedrehte Posi­tion parallel zum Flussverlauf wird das PJZ und dessen Adressbildung durch zwei eigenständige Gebäudepersönlichkeiten bestimmt, die gemeinsam einen Zugangsplatz definieren», so die Jury. Hinzu kommt der Vorteil, dass durch den Zwischenraum der Gebäude die Verbindung vom Zugangsplatz in den Landschaftsraum erhalten bleibt.

So unterscheidet sich das zukünftige PJZ in Biberbrugg von seiner gros­sen Schwester in Zürich auch städtebaulich: Nicht die Grossform, sondern die Ensemblebildung hat die Jury überzeugt, und sie hat damit auf eine ortsverträgliche Lösung gesetzt. Eine der Aufgaben, die sie dem Siegerteam für die Weiterbe­arbeitung auf den Weg gibt, ist das Überprüfen von Wirtschaftlichkeit und Ausdruck des Tragwerksystems, das die Fassadengestaltung in weiten Teilen vorgibt.

Das Fazit ist erfreulich: In Biberbrugg konnte sich das städtebauliche Ensemble gegenüber einer Grossform behaupten. Die Wettbewerbsbeiträge ­zeigen auf, wie wichtig dabei ein gut organisiertes, faires Verfahren ist, das die Grundlage für die Er­arbeitung einer breiten Palette an hochwertigen Wettbewerbsprojekten schafft. Von einer solchen Qualitätssicherung profitieren sowohl der Kanton wie die Bevölkerung gleichermassen.

Dieser Artikel ist erschienen in TEC21 40/2022 «Selbstbewusste Nachfolgerin».

-> Weitere Pläne und Bilder auf competitions.espazium.ch.

Auszeichnungen

1. Rang «Topos»
Penzel Valier, Bischoff Landschaftsarchitektur, HKG Engineering, Gruner­Siplan, Bakus Bauphysik & Akustik, axet, IBV W. Hüsler
2. Rang «Puma»
Miebach Oberholzer Architekten, dardelet landschaftsarchitektur, Ghisleni Partner, Dr. Neven Kostic, pbp Engeneering, wsp Ingenieure, GRP Ingenieure u. a.
3. Rang «Aequitas»
Bauart Architekten und Planer, SKK Landschaftsarchitekten, Demmel & Partner Baumanagement, Schnetzer Puskas Ingenieure u. a.
4. Rang «Luegisland»
ARGE Büro Konstrukt Architekten, Raumfacher Architekten, ORT AG für Landschaftsarchitektur, Büeler Fischli Bauingenieure u. a.
5. Rang «Wilder»
ffbk Architekten, Stauffer Rösch, ACS-Partner Holz­projekt Boess und Partner, Wirkungsgrad Ingenieure u. a.

Fachjury

Patrik Bisang, dipl. Architekt ETH SIA BSA, Luzern; Marie-Theres Caratsch, dipl. Architektin ETH SIA, Flüeli-Ranft; Adrian Sommer, dipl. Architekt ETH SIA, Immobilienökonom FH, St. Gallen; Stefan Köpfli, Landschaftsarchitekt BSLA, Luzern; Christoph Dettling, dipl. Architekt ETH SIA BSA, Kantonsbaumeister Schwyz (Fachmoderation); Michael Ambauen, Leiter Bauman­a­gement, Hochbauamt Kanton Schwyz (Ersatz)

Sachjury

André Rüegsegger, Regierungsrat Kt. Schwyz, Vorsteher Baudepartement (Vorsitz); Herbert Huwiler, Regierungsrat Kt. Schwyz, Vorsteher des Sicherheits­departements; Damian Meier, Kommandant Kantons­polizei Schwyz; Julia Hotz, Personal­bereichsleiterin Kanton Schwyz; Michael Marty, Chef Kommandoabteilung, Kantonspolizei Schwyz (Ersatz)

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