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Design Preis Schweiz 2021

Publikationsdatum
08-11-2021

Der Begriff vom «guten Design» steht längst nicht mehr allein für eine gelungene Form, sondern schliesst vor allem Aspekte des sorgfältigen Umgangs mit Material und der sozialen Relevanz mit ein. Mit der zweijährigen Auslobung des Wettbewerbs bietet der Design Preis Schweiz als gemeinnütziger Verein dem Diskurs um einen sich verändernden Designbegriff eine Plattform. Neben Produkten können auch innovative, umsichtig gestaltete Forschungsarbeiten, Dienstleistungen oder ephemere Projekte eine Würdigung erfahren. Dafür betrachtet die Jury auch Formate von Schweizer Designschaffenden im Ausland oder in der Schweiz tätigen ausländischen Studierenden und Unternehmen.

Diese Auffassung von Schweizer Design entspricht der häufig grenzüberschreitenden Entwicklungsarbeit von Designschaffenden und fördert eine entsprechende Vernetzung. Ihr Ziel ist die Prämierung von «Design als Resultat eines integrierten Entwicklungsprozesses, der die Möglichkeiten entlang der Wertschöpfungskette nutzt und dadurch Mehrwert entfaltet», wie es im Konzept des Vereins heisst.

Den neun Preiskategorien steht eine voran: Mit dem «Design Leadership Prize for Enablement and Inclusion in an Aging Society» werden Arbeiten hervorgehoben, die sich mit Lebensformen, Produkten und Dienstleistungen für uns als alternde Gesellschaft befassen.

Interessanterweise entschied sich die Jury in diesem Jahr, einen speziell für Menschen mit eingeschränkter körperlicher Kraft entworfenen Armlehnstuhl, der ursprünglich für diese Hauptkategorie eingereicht wurde, in der Kategorie «Furniture» auszuzeichnen. Eine Einstufung, die zuerst irritiert, aber dann ganz schnell einleuchtet. Die gute Benutzbarkeit des Stuhls «Lotte», entwickelt von der Designerin Sarah Hossli (ECAL), ist ein selbstverständlicher Teil seiner Gestalt und macht die Nennung in einem gesonderten und auch stigmatisierenden Kontext überflüssig. Ein ebensolches Statement wäre es, eines Tages die Kategorie «Going Circular Economy» abzuschaffen und stattdessen als einen wichtigen Aspekt in die allgemeinen Voraussetzungen für gutes Design zu integrieren.

Bemerkenswert ist auch die in der Kategorie «Space» prämierte Inszenierung des Stücks «Niemandsland – Eine Reise zu dem, was zwischen uns liegt». Klang und Licht erfüllen einen atmosphärischen Bühnenraum, der nur mit wenigen verspiegelten Elementen und Podien angedeutet ist und sowohl das Publikum als auch die Darstellenden umschliesst. Mit dieser Szenografie gelingt es dem Team um Dimitri de Perrot beispielhaft, einem bestehenden Raum mit sparsamen Mitteln eine wirkungsvolle Präsenz zu verleihen.

Einer von zwei Gewinnern in der Kategorie «Furniture»: «Lotte»; Sarah Hossli / ECAL


www.sarahhossli.ch
www.ecal.ch


Production Partner:
Girsberger AG | Customized Furniture, Bützberg: Davide Mastrodomenico, Manuel Stöckmann, Jürgen Dold, Daniel Benevento

girsberger.com/de/loesungen/customized-furniture


Research Partners:
Generationenhaus Neubad, Basel; Zentrum Schönberg, Bern; Lindenhofgruppe, Bern


Kommentar der Nominatoren:

«Ein auf der Basis einer sorgfältigen Analyse entstandener, hervorragend gestalteter Armlehnsessel, der perfekt auf die funktionalen Bedürfnisse von gebrechlichen Menschen reagiert und jede stigmatisierende Assoziation vermeidet.»

Einer von zwei Gewinnern in der Kategorie «Furniture»: «Tense» Lounge Chair


Design: Panter & Tourron
Stefano Panterotto, Alexis Tourron


Client: Cappellini

www.pantertourron.com
www.cappellini.com


Kommentar der Nominatoren:

«Der «Tense» Lounge Chair überzeugt durch seine formale Eigenständigkeit, seinen minimalen Materialeinsatz, seine platzsparende Transportierbarkeit und seine einfache Montage.»


Einer von vier Gewinnern in der Kategorie «Going Circular Economy»: «Project Circleg»


Members: Fabian Engel, Simon Oschwald, Laura Magni, Daniel Vafi, Nicole Colmenares Pulido, Martina Horber

www.projectcircleg.com


Kommentar der Nominatoren:

«Ein überaus spannendes Projekt, das die Circular-Design-Prinzipien überzeugend anwendet und mit einem starken sozialen Ansatz verbindet. Die Prothesen werden dank modularem Design und lokaler Produktion plötzlich erschwinglich und ermöglichen so Hilfe zur Selbsthilfe. Der modulare Aufbau der Prothesen unterstützt deren Langlebigkeit.»

Gewinner in der Kategorie «Space»: Niemandsland – Eine Reise zu dem, was zwischen uns liegt


Members: Dimitri de Perrot (Idee, Musik, Bühnenbild und künstlerische Leitung), Anna Papst (Dramaturgie), Balz Bachmann (Co-Komposition Musik), Karl Egli (Lichtdesign), Max Molling (Sounddesign),


Bühnenbild: Franziska Born (Design und Recherche), Leo Hoffmann (Entwicklung und Konstruktion), Werkstatt Gessnerallee (Assistenz Konstruktion)


Kommentar der Nominatoren:

«Eine spannende Szenografie, der es mit recht bescheidenen Mitteln gelingt, eine starke Wirkung zu erzielen. Mit seiner transdisziplinär angelegten, narrativen Installation macht Dimitri de Perot den Begriff «Raum» auf ganz unterschiedliche Weise erlebbar.»


Kommentar der Jury:

«Das Projekt «Niemandsland» präsentiert sich als innovative, aus Sound und Materie komponierte Raumschöpfung, der es gelingt, das Publikum auf mehreren Ebenen anzusprechen und zu einer gedanklichen Reise ins eigene Innere zu animieren. Die übliche Trennung von Bühne und Zuschauerbereich ist aufgehoben. Die reduzierte räumliche Gestaltung fördert die Fokussierung auf den Gehörsinn. Die Gesamtkomposition der im Raum eingesetzten Medien und choreographierten Phänomene fördert eine atmosphärische Wirkung von grosser Suggestionskraft.»

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