Der Gar­ten als Wis­sens­raum

Publikationsdatum
19-08-2013
Revision
10-11-2015

Botanische Gärten sind eine ganz spezifische Art von Gärten, schliesslich dienen sie der wissenschaftlichen Erforschung von pflanzlichen Zusammenhängen. Ihre Entstehung hängt massgeblich mit den Universitätsgründungen ab der Renaissance zusammen, als die medizinischen Fakultäten für die Lehre nach Pflanzengärten verlangten. Dort sollte die Vielfalt von überwiegend Heilkräutern am direkten Beispiel gezeigt werden.Die Pflanzen mussten zur genauen Bestimmung morphologisch wie auch anatomisch untersucht werden, und die Suche nach umfassenden Ordnungssystemen führte im 18. Jahrhundert u.a. zur Anerkennung der Botanik als eigenständige Wissenschaft.

Mit den Entdeckungsreisen gelangten massenweise neue Pflanzen nach Europa, zu deren Kultivierung die botanischen Gärten mit verschieden temperierten, oftmals repräsentativen Gewächshäusern ausgestattet wurden. Botanik wurde gewissermassen Prestige. Damit unterhielten auch einige Regenten oder wohlhabende Bürger prachtvolle Anlagen zur Forschung und Anschauung, denn botanische Gärten gewähren den Blick in die reichhaltige, vielfältige, mitunter exotische Welt der Pflanzen aus den verschiedensten Erdteilen und besitzen daher eine besondere Ausstrahlung.

Genau diese Anlagen nimmt die Publikation «Der Garten als Wissensraum. Eine Reise zu Gärten der botanischen Sammlungen in Europa» zum Thema, die in diesem Jahr (2013) am Institut für Städtebau, Landschaftsarchitektur und Entwerfen der Technischen Universität Wien von Karin Standler herausgegeben wurde. Darin werden insgesamt 22 wissenschaftliche Anlagen aus den unterschiedlichsten Städten in Europa vorgestellt und die jeweiligen pflanzlichen, historischen oder gestalterischen Besonderheiten beschrieben.

Die Auswahl der Gärten erfolgte anhand eines Kriterienkatalogs, und so vereinen sich hier die weithin renommierten botanischen Forschungsstätten wie Kew Gardens oder jene in Wien, Uppsala und Berlin mit den weniger bekannten Anlagen, etwa von Belgrad, Giessen, Bordeaux oder Ventimiglia. Leider ist kein Beispiel aus der Schweiz darunter. Dennoch liegt genau in der umfänglichen Fusion von botanischen Gärten die Qualität der Veröffentlichung: Die Leser erhalten einen Überblick über die Vielfalt solcher Anlagen in Europa und Einsicht in die unterschiedlichen Ausrichtungen der dargestellten Beispiele im Speziellen.

Die einzelnen Beschreibungen enthalten zusätzlich zu den allgemeinen Hinweisen über die Sammlungen und die Gestaltung der Anlagen auch nützliche Tipps für den Besucher. Bereichert wird das Buch neben Fotografien der jeweiligen botanischen Gärten durch historische Pflanzenillustrationen von Nikolaus Joseph von Jacquin (1727-1817), der u.a. dem botanischen Garten der Universität Wien vorstand und hier zahlreiche Forschungsergebnisse für die Botanik gewann.

Aufgrund der geringen vorhandenen Literatur zum Thema «botanische Gärten» ist die Herausgabe des Buches sehr zu begrüssen. Gerade für Liebhaber dieser Gärten, aber auch für Experten ist die Publikation zu empfehlen, denn sie zeigt die Fülle botanischer Anlagen mit ihren Eigenheiten, ermöglicht einen Vergleich und regt zum vertieften Lesen an.

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