Mens sa­na in Cam­pa­ri So­da

Publikationsdatum
20-05-2020

Damals im April 1986, als der Atomreaktor in Tschernobyl explodierte und eine radioaktive Wolke über Europa zog, kauften wir die Regale mit Milchpulver und Kondensmilch leer. Zwar lagerte damals in jedem Schweizer Keller ein Notvorrat, wie vom Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung empfohlen – schliesslich stand die Mauer noch –, aber dass die Milch über Jahre hinaus verseucht sein könnte, damit hatte niemand gerechnet. Also rannte die ganze Nachbarschaft los, um sich mit Milchkonserven einzudecken.

Und heute? Welche Nahrungsmittel horten die Leute in der Pandemie? Büchsen und Konserven, hiess es. Doch das kann so nicht stimmen. Neulich ging ich an einer Wertstoffsammelstelle vorbei und sah keine Büchsen und kaum Einmachgläser, aber viele leere Spirituosenflaschen. Nutzen die Menschen das Zeug zum Desinfizieren? Trinken sie gegen die Einsamkeit im Shutdown an? Oder zum Träumen, weil die Strandferien ausfallen? «Campari Soda» hiess doch dieses Fernwehlied in den Siebzigern … Wollen sie ihre Immun­abwehr mit einer Kombi von Hochprozentigem und Hochleistungssport stärken? Das wäre schlecht, aber man kann es auch positiv sehen: Offenbar trinken die Leute ungesund, essen aber frisches Gemüse voller Vitamine. Ist doch super.

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