2000-Watt-La­bel für Area­le

Das Zertifikat «2000-Watt-Areal» kann nach Ende der Pilotphase nun angewendet werden. Es schliesst eine Lücke in der Labellandschaft Schweiz, in der bisher nur die Nachhaltigkeit von Einzelbauten bewertet wurde. Erstmals kann man auch ein Zertifikat für die Betriebsphase erhalten.

Publikationsdatum
10-07-2014
Revision
18-10-2015

Die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft sehen vor, den nicht erneuerbaren (fossilen und nuklearen) Anteil des Primär­ener­giebedarfs in der Schweiz bis zum Jahr 2050 auf etwa ein Drittel und die Emissionen an Treibhausgasen auf etwa ein Viertel zu senken.

Um diese Ziele im Gebäudebereich zu erreichen, wurde der SIA-Effizienzpfad Energie erarbeitet. Er setzt für die Gebäudekategorien Wohnen, Büro und Schule Zielwerte für Primärenergie und Treibhausgas­emissionen fest – sowohl für Neu­bauten als auch für Umbauten und Sanierun­gen. Durch Berücksichtigung des Energiebedarfs während des Betriebs, der grauen Energie für die Erstellung/Entsorgung und der gebäudeinduzierten Mobilität rückt der gesamte Lebenszyklus von Gebäuden in den Fokus. Da aber der SIA-Effizi­enzpfad Energie kein Label ist, gibt es keine Stelle, die die Einhaltung der Anforderungen bestätigt. 

Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurde die Methodik des SIA-Effizienzpfads Energie auf ganze Areale ausgeweitet, zudem wurden weitere Ziel- und Richtwerte für die Nutzungen Hotel, Restaurant und Verkauf entwickelt. Mit dieser Erweiterung lassen sich für ganze ­Areale mit Mischnutzung in einer frühen Planungsphase anhand einer ein­fachen Rechenhilfe Projektwerte bestimmen und den Zielwerten für Primärenergie und Treibhausgas­emissionen gegenüberstellen.

Die Erfüllung der 2000-Watt-Ziele können Arealentwickler mit dem Zertifikat für 2000-Watt-Areale belegen, das vom Trägerverein Energiestadt vergeben wird. Die Prüfung erfolgt nach einem dualen System, das neben dem oben beschriebenen quantitativen Nachweis auch eine qualitative Bewertung umfasst.

Hierfür wurde ein Fragenkatalog auf Basis des Energie­stadt-Katalogs für Gemeinden und des Standards Nachhaltiges Bauen Schweiz entwickelt. Er deckt fünf Bereiche ab: Managementsystem, Kommunikation und Kooperation, Ver- und Entsorgung, Gebäude sowie Mobilität. Zur Erlangung des Zertifikats müssen mindestens 50% der möglichen Punktezahl pro Bereich erreicht werden.

Auch grössere Über­­bauungen zertifizierbar

Damit ein Areal als 2000-Watt-Areal zertifizierbar ist, muss es folgende Bedingungen erfüllen:

Die Standortgemeinde des Areals ist eine Energiestadt. Es besteht eine in Bezug auf die Belange des Zertifikats für das Areal handlungsbevollmächtigte Trägerschaft. Das Areal umfasst mindestens zwei Gebäude, die über einen in der Zuständigkeit der Arealträger­schaft liegenden Aussenraum ver­bunden sind. Es besteht ein klar definierter räumlicher Perimeter. Das Areal hat eine eigene Identität oder schafft eine neue. Eine Mindestgrösse von ca. 10.000m2 Areal- und/oder Geschossfläche wird vorausgesetzt. Mindestens 80% der gesamten Geschossfläche müssen Neubauten sein. Eine Mischnutzung aus Wohnen und Büro ist erwünscht, aber nicht zwingend notwendig. Somit können auch Mononutzungen wie reine Wohn- oder Büroüberbauungen zertifiziert werden.

Zertifizierung auch im Betrieb

Das Zertifikat für 2000-Watt-Areale ist befristet und muss, analog zum Label Energiestadt, während der Entwicklungs-, Realisierungs- und Betriebsphase periodisch geprüft und rezertifiziert werden. Die Projektwerte auf Basis von Berechnungen werden im Betrieb durch real gemessene Werte abgelöst. Bereits in einer frühen Projektphase kann das Zertifikat «Areal in Entwicklung» beantragt werden. Sind 50% der Gebäudeflächen ihrer bestimmungsgemässen Nutzung übergeben, gilt das Zertifikat «Areal in Betrieb» – was bis anhin kein anderes Label vergibt.

Mit der Entgegennahme des Zertifikats verpflichtet sich die Arealträgerschaft zu einer jährlichen Erfolgskontrolle, die durch 2000-Watt-Arealberater organisiert wird. Um eine möglichst breite Anwendung zu unterstützen, übernimmt EnergieSchweiz die Zertifizierungsgebühren für die Projekte. Für die Arealträgerschaft fallen somit nur Kosten für den akkreditierten Arealberater an.

Energieeffizienz einfordern und vermarkten

Projektentwickler, Bauträger oder Investoren können das Zertifikat bei der Vermarktung von Anfang an ­öffentlichkeitswirksam einsetzen. Auch gegenüber den Gemeinden oder Behörden dient es als Nachweis für vorbildliche Planung oder Betrieb. Nicht selten ermöglicht es so eine höhere Ausnutzung, mehr Freiheiten im Nutzungsmix oder weitere Ausnahmeregelungen.

Das Label liegt an der Schnittstelle zwischen der behördlich gesteuerten Raumentwicklung und der – in den meisten Fällen ­privatwirtschaftlich getragenen – Entwicklung und Realisierung von neuen Arealüberbauungen. Durch Vorgaben im Sondernutzungsplan besitzen viele Gemeinden ein Ins­trument, um das Label von den Entwicklern einzufordern. Die Stadt Luzern beispielsweise hat dies bereits umgesetzt.

Mehr Freiheit für die Planer

Der ganzheitliche Ansatz des Zertifikats eröffnet den Planern verschiedene Strategien, die zum angestrebten 2000-Watt-Ziel führen. Für die verschiedenen Bereiche kann dies beispielsweise wie folgt aussehen:

Erstellung: Wahl eines Gebäudekonzepts mit einem möglichst geringen Materialverbrauch und/oder mit Baustoffen mit niedriger grauer Energie und tiefem CO2-Ausstoss in der Herstellung. Betrieb: Wahl eines hohen Dämmstandards und/oder Verwendung von überwiegend erneuerbarer Energie mit tiefem CO2-Ausstoss zur Deckung der Betriebsenergie. Mobilität: Wahl einer minimalen Anzahl an Parkplätzen und/oder Lage mit einer sehr guten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.

Dabei muss das Areal nicht in allen Bereichen und über alle Gebäude den höchsten Anforderungen genügen, denn der Zielwert muss nur gesamt­haft für die Bereiche Erstellung, Betrieb und Mobilität eingehalten werden. Damit für den Investor keine Gefahr besteht, «die Katze im Sack zu kaufen», hat er mit dem Label die Möglichkeit, vom Entwickler die Erfüllung der Ziele im Betrieb einzufordern.

Weitere Infos: www.2000watt.ch

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