Pa­vil­lon von An­go­la an der Ar­chi­tek­tur­bi­en­na­le

Beyond Entropy Angola

Angola ist in diesem Jahr zum ersten Mal an der Biennale vertreten. Der Besuch der Ausstellung auf der Insel San Giorgio Maggiore lohnt sich allein schon wegen des für Venedig (und die Biennale) ungewöhnlich ruhevollen Ortes.

Publikationsdatum
18-10-2012
Revision
01-09-2015

Angola liegt im Südwesten von Afrika, zwischen Namibia im Süden und der Demokratischen Republik Kongo im Norden. Die ehemalige portugiesische Kolonie durchlebte nach der Unabhängigkeit Mitte der 1970er-Jahre einen 27 Jahre andauernden Bürgerkrieg, der erst mit der Auflösung der Befreiungsbewegung Unita beendet werden konnte und dessen Folgen in Form von Landflucht und fehlenden sozialen Einrichtungen noch heute im Land sichtbar sind.

Luanda/Venedig

Im Benediktinerkloster San Giorgio Maggiore präsentiert das Land mit «Beyond Entropy Angola» einen niederschwelligen Ansatz, der nicht nur den Problemen der schnell wachsenden Hauptstadt Luanda begegnen, sondern auch auf weitere expandierende Metropolen des Kontinents anwendbar sein soll.
Die italienischen Architekten und Kuratoren des Beitrags, Stefano Rabolli Pansera und Paula Nascimento, zeigen am Beispiel Luandas, einer Küstenmetropole mit fünf (nach anderen Quellen sieben) Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern, wie mit einer einfachen Intervention ohne Zerstörung der bestehenden Siedlungsstrukturen sowohl der hohen Dichte bei fehlender Infrastruktur als auch der mangelnden Qualität des öffentlichen Raums begegnet werden könnte: Sie schlagen vor, in bestehenden Baulücken der informellen Siedlungen Riesenschilf (Arundo Donax) anzupflanzen. Die Felder sollen einerseits als Garten den öffentlichen Raum bereichern, aber auch das Regenwasser filtern und Energie in Form von Biomasse liefern. Die bis zu 6m hohe Pflanze wächst mit grosser Geschwindigkeit und hat einen Wurzelstock aus feinen Fasern, die das Wasser filtern können. Zudem besitzt sie einen harten Stamm, der grosse Mengen von CO2 absorbiert und somit prädestiniert ist für die Erzeugung von Energie.
In Venedig bauten die Kuratoren einen 1:1-Prototyp dieses «energetischen Common Ground». Der Pavillon selber ist das Modell: Besucherinnen und Besucher können zwischen den Pflanzen, die gleichzeitig Infrastruktur sind, hindurchlaufen und einen Raum erleben, der nicht kategorisiert oder definiert und im besten Sinne ambivalent ist.

Öl gegen Schilf

Die Idee, Energie produzierende Infrastruktur in den öffentlichen Raum zu integrieren, ist angesichts von Oilpeak und der sich zumindest im Westen anbahnenden Energiewende ein interessanter Ansatz. Die poetische Umsetzung bietet zudem einen Mehrwert für das an (öffentlich zugänglichen) Grünflächen arme Venedig. Ob sich das Vorgehen jedoch – wie von den Kuratoren proklamiert – als Nachhaltigkeitsmodell für Städte im gesamten Subsahara-Raum durchsetzen kann, bleibt angesichts des auf reichen Ölvorkommen basierenden Wirtschaftswachstums von Angola, aber auch Staaten wie Nigeria, Sudan oder der Republik Kongo, fraglich.

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