«Nicht vor mei­ner Haustüre!»

Swissbau 2014

Metropolen in aller Welt, aber auch die Schweizer Altstädte bezeugen, wie reizvoll urbane Dichte sein kann. Diese Qualität soll vermehrt realisiert werden. Doch wie? Der Swissbau-Themenanlass «Dichte gestalten – Selbstverantwortung der Projektentwickler oder Lenkung durch behördliche Vorgaben » widmete sich einer politisch brisanten Frage.

Date de publication
24-01-2014
Revision
01-09-2015

«Die Siedlungsentwicklung ist nach innen zu lenken», fordert das revidierte Raumplanungsgesetz. Nun gilt es, gut erschlossene Standorte besser auszunutzen. Über die Art und Weise, wie dies geschehen soll, scheiden sich allerdings die Geister. Im Gegensatz zur Absichtserklärung, bestehende Siedlungen zu verdichten, steht der Widerstand der Bevölkerung, sobald dies in ihrer Nachbarschaft umgesetzt werden soll. 

Dichtes Bauen hat nur dann eine Chance auf Akzeptanz, wenn es nicht nur mehr Häuser auf weniger Quadratmetern, sondern auch mehr Lebensqualität generiert. Je höher die Dichte, desto sorgfältiger muss sie gestaltet werden. Nicht nur die Bauten selbst, sondern auch die öffentlichen Räume müssen eine besondere Qualität aufweisen. Doch was heisst Qualität? Wer definiert, was darunter zu verstehen ist? Wer setzt sie durch, mit welchen Mitteln? Braucht es mehr Vorgaben, Standards und Regeln der öffentlichen Hand? Oder soll mehr den Kräften des Marktes und der Selbstverantwortung der Investoren überlassen werden  

In einer freiheitlichen Gesellschaft gibt es keine einfache Antwort auf solche Fragen. Die beteiligten Akteure – Investoren, Projektentwickler, Politiker, Behördenvertreter und Nutzer – müssen gemeinsam Ideen aushandeln und die Werkzeuge entwickeln, um sie zu verwirklichen. Die Veranstaltung «Dichte gestalten» kreiste denn auch um ein zentrales Anliegen: Wie lassen sich trotz divergierenden Interessen im Zusammenspiel gute Lösungen erzielen 

Ohne Gewinn keine Investition

Jörg Koch, CEO der Pensimo Management AG, vertrat die Sicht eines Investors, der vorwiegend Geld aus der beruflichen Vorsorge in Immobilien anlegt. Als Endinvestoren mit langfristiger Perspektive haben institutionelle Anleger durchaus Interesse an qualitätsvollen Bauten, denn nur diese behalten ihren Wert und werfen stetig Rendite ab.

Damit stehen sie im Gegensatz zu Projektentwicklern, die einen schnellen Verkauf mit maximalem Gewinn anstreben. Doch für alle gilt: «Ein Investor investiert nur dann in eine Liegenschaft, wenn er damit Geld verdienen kann.» Koch plädierte für gute Rahmenbedingungen, vernünftige Anreizsysteme und viel Wettbewerb. Zu starke Regulierungen führten zu Ineffizienz und falschen Anreizen.

Dass die öffentliche Hand bereits jetzt genügend Instrumente hätte, um die gewünschte Verdichtung zu fördern, bestätigte auch Peter Kotz, Geschäftsleiter der InterUrban AG, die auf Entwicklungsprozesse sowie Urban- und Gebietsmanagement spezialisiert ist. Doch der politische Wille fehle. Urbanität sei zwar nicht planbar, doch urbane Dichte – die Voraussetzung für ihre Entstehung – könnten die Gemeinden sehr wohl als Vision definieren und in Zusammenarbeit mit Privaten umsetzen.  

Eigentumsgarantie abschaffen 

Einen Lagebericht aus der Politik lieferte Bernhard Krismer, Geschäftsführer der Krismer + Co und Gemeindepräsident von Wallisellen. Seine Gemeinde erlebt zurzeit ein geradezu explosionsartiges Wachstum. Das Überbauen ehemaliger Industrieareale erfolgt in Zusammenarbeit mit Investoren, wichtigstes Instrument ist dabei der Gestaltungsplan.

In der anschliessenden Podiumsdiskussion beklagte Hans-Georg Bächtold, Raumplaner und Geschäftsführer des SIA, das Fehlen einer urbanen Vision für die Schweiz: Selbst Planungsfachleute würden dem Idealbild einer ländlichen Idylle nachtrauern, anstatt sich ernsthaft mit städtischer Qualität auseinander zu setzen.

Martin Neff, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz, provozierte mit der Forderung, die bisher unantastbare Eigentumsgarantie in Frage zu stellen: Diese sei zwar in der Verfassung verankert, doch das öffentliche Interesse an Wohnungen sei nicht minder hoch zu gewichten. Eine der stärkste Hemmnisse gegen die Verdichtung seien immer noch die Partikularinteressen weniger Akteure.

In einem Punkt waren sich alle einig: Ohne Zusammenarbeit ist Verdichtung nicht zu haben. Auf die Fortführung der Diskussion darf man gespannt sein!

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