De­sign­preise der Schwei­ze­ris­chen Eid­ge­nos­sens­chaft 2012

Die Ausstellung «Designpreise der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2012» im Museum Bellerive präsentiert die Arbeiten der 20 Preisträgerinnen der eidgenössischen Designpreise und der drei Grands Prix Design.

Date de publication
29-10-2012
Revision
25-08-2015

Der wichtigste nationale Wettbewerb zur Förderung des Schweizer Designs, den das Bundesamt für Kultur (BAK) seit 1918 jährlich organisiert, soll Plattformen schaffen und den Gewinnerinnen und Gewinnern helfen, in ihrem Beruf weiterzukommen und ihre Werke einer grösseren Öffentlichkeit zu präsentieren. Aus den 288 eingereichten Dossiers zeichnete das BAK in diesem Jahr 20 Designerinnen udn Designer aus den Bereichen Grafik- und Modedesign, Fotografie, Produkte und Objekte und Designvermittlung aus. Die Preise bestehen wahlweise aus einem Geldbetrag von 25.000 Franken, 6-monatigen Praktika in renommierten Designbüros oder freien Atelieraufenthalten in New York. Die GewinnerInnen in den Kategorien «Fotografie» und «Designvermittlung» sind Noha Mokhtar und das Herausgeber-Trio des Magazins «Dorade», Sylvain Menétrey, Emmanuel Crivelli und Philippe Jarrigeon.

Zwischen Realität und Fiktion

Die junge Lausannerin Noha Mokhtar hat mit zwei Arbeiten den Eidgenössischen Preis für Design 2012 gewonnen: mit der Videoarbeit «El Hob wal Melh | Amour et sel» und der Fotoserie «Al Fassad | La Corruption». Die beiden Projekte waren zugleich ihre Diplomarbeit, mit der sie 2011 an der Ecole Cantonale d'art de Lausanne (ECAL) als visuelle Gestalterin abschloss. Ausgangspunkt für die Videoarbeit war folgende Beobachtung: Der Fernseher steht im Zentrum eines arabischen Wohnzimmers, dem wichtigsten Raum des Hauses, wo Gäste empfangen werden und man seinen Reichtum zur Schau stellt. Der Inneneinrichtung dieser Salons wird meist sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt.
In «El Hob wal Melh | Amour et sel» ist die Kamera auf eine Fernsehszene gerichtet, in der eine arabische Soap-Opera läuft. Plötzlich schwenkt die Kamera nach rechts, vom Fernseher weg, und langsam wechselt das Bild vom fiktiven in das reale Wohnzimmer, in dem die Kamera steht. Der Ton und die Untertitel laufen weiter und das Bild zeigt in einer langsamen 360°-Drehung die Inneneinrichtung des Raumes. Die Grenzen zwischen Realität und Dokumentation lösen sich auf, und man vergisst leicht, dass die Schauspieler nicht hinter der tatsächlichen Kamera stehen, sondern sich die Szene noch immer im Fernsehen abspielt.
In der Fotoserie «Al Fassad | La Corruption» setzt sich Noha Mokhtar mit dem Innen und Aussen, mit dem Ornament und der Fassade der ägyptischen Gesellschaft auseinander, in dem sie beobachtet, wie sich das Land nach aussen präsentiert. Die Fotografin stellt Filmkulissen, Baustellen von neuen Palästen und Ruinen in Kairo einander gegenüber. Ihre Arbeiten sind keine reine Dokumentation, sondern sie mischt architektonische Ansichten mit Bildfragmenten von Stoffen, Texturen und Mustern. So fügt Noha Mokhtar ihre Arbeiten zu einem Puzzle zusammen, das einen spannenden Blick auf den Nahen Osten eröffnet.

Ein Magazin als Ausstellungsraum

Das Magazin «Dorade – Revue galante, photographie et formes critiques» wurde 2009 von den Lausannern Sylvain Menétrey, Emmanuel Crivelli und Philippe Jarrigeon gegründet. Bisher erschienen vier Ausgaben, die letzte im Frühjahr 2012. Die drei Herausgeber kommen aus unterschiedlichen Berufen: Sylvain Menétrey, Chefredaktor, ist Journalist und Schriftsteller. Für die grafische Umsetzung ist der Ecal-Absolvent Emmanuel Crivelli verantwortlich, und die künstlerische Leitung liegt beim Fotografen Philippe Jarrigeon. «Dorade» will kein klassisches Magazin sein, sondern ein Ausstellungsraum in Papierform. Die Herausgeber verstehen sich als Kuratoren, die für jede Ausgabe fotografische Arbeiten, Dokumente, Interviews sowie literarische und wissenschaftliche Texte zusammentragen. Für die Form des Magazins entschieden sie sich, weil es sich über das Internet einfach vertreiben lässt, die Produktionskosten tragbar sind und weil es als physisches Objekt zum Sammeln anregen soll. Den Herausgebern ist es wichtig, dass die Fotografie einen experimentellen Platz zugewiesen bekommt. Die teils paradoxen, teils amüsanten Bildstrecken stammen mehrheitlich von Philippe Jarrigeon selbst, werden aber durch einzelne Bilder oder Serien von anderen Fotografen ergänzt. Auch der Textteil will ein kreatives Labor sein, in dem von verschiedenen Autorinnen und Autoren neue Formen gesucht werden. Zwar orientieren sie sich an traditionellen Textsorten wie etwa dem Interview, treiben dieses aber ad absurdum. So spricht beispielsweise ein Kleid über die Arbeit des Designers, der es geschaffen hat und nicht er selbst. In der Schweiz ist das Magazin «Dorade» in einigen Kunstbuchhandlungen erhältlich.

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