«Wir dis­ku­tie­ren die zen­tra­len The­men stets mit in­ter­dis­zi­plinä­rem Blick»

Im Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein SIA beraten die Fachräte den Vorstand zu den drei Schwerpunktthemen Klima, Beschaffungswesen und Digitale Transformation. Die Fachratspräsidien Birgitta Schock, Anna Suter und Adrian Altenburger erinnern sich an die Highlights aus dem Jahr 2021 und beleuchten anstehende Projekte.

Date de publication
13-01-2022

SIA: Sie präsidieren die drei Fachräte und bearbeiten die Schwerpunktthemen des Vereins. Was bleibt vom vergangenen Jahr in Erinnerung?

Adrian Altenburger: Mit dem Fachrat Energie konnten wir der Delegiertenversammlung im April ein neues Positionspapier zum Thema Klima und Ressourceneffizienz vorlegen. Danach waren wir stark mit dessen Umsetzung beschäftigt. Neben anderem haben wir bei den Abstimmungen zum CO2-Gesetz sowie auf kantonaler Ebene zur Umsetzung der Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich, kurz MuKEn, Einfluss genommen. Zudem haben wir im November mit dem «Gebäudetechnikkongress» und der Fachtagung «Re-Use: Ressourcen schonen und Klima schützen» zu zwei gelungenen Veranstaltungen eingeladen – für mich sicher zwei Highlights.

Anna Suter: Auch für mich leuchtet der Scheinwerfer auf einen Event. Nämlich auf den «Ordnungstag» im September. Dass der SIA Akteure wie Jacques Ducrest, Delegierter des Bundesrats für die Agenda 2030, oder Bundesrichter Marc Steiner im Kongresshaus zusammenbringen und mit ihnen über die Folgen des revidierten Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) diskutieren konnte, macht mich stolz. Weiter ist erfreulich, dass 2021 mit der Beteiligung der Kantone am IVÖB die Harmonisierung auf dieser Ebene initiiert wurde.

Birgitta Schock: Im Rahmen der Veranstaltung «xCH21» konnten wir den Dialog zu unserem Schwerpunktthema anfangs Jahr fördern und aus unseren Silos ausbrechen. Zurzeit fokussieren wir unser Engagement auf die Strategie «Digitale Schweiz». Hierfür haben wir den Fachrat um gewichtige Experten erweitert. Wir möchten aber auch vermehrt Brücken schlagen zu anderen Gremien. Beispielsweise zum Fachrat Energie. Dekarbonisierung und Digitale Transformation sind Megatrends, die Branchen und Indus­trien zum Strukturwandel zwingen und traditionelle Geschäftsmodelle grundlegend verändern werden.

Wie schlagen Sie konkret Brücken zwischen den drei Fachräten?

Suter: Mit dem Paradigmenwechsel im öffentlichen Beschaffungswesen wurde die Nachhaltigkeit zum zentralen Zuschlagskriterium. Bei der Erarbeitung unserer Empfehlungen in diesem Bereich kann ein Austausch mit dem Fachrat Energie helfen.

Altenburger: Wir drei gehören dem Vorstand an und diskutieren dort die für den SIA zentralen Themen stets mit interdisziplinärem Blick. Nachhaltigkeitsthemen sind zentral, und wenn wir beispielsweise an die Einführung von Smartmetern oder an die Revision der Leistungs- und Honorarordnungen (LHO) denken, dann betreffen diese alle drei Fachräte.

Schock: Mit der zunehmenden Digitalisierung werden sich die Leistungen der Planenden in den einzelnen Phasen des Planungsprozesses verändern, was wiederum einen Einfluss beispielsweise auf die Ausgestaltung der LHO hat. Das zeigt: Wir werden vermehrt zusammenarbeiten müssen oder dürfen. Ob hierfür der Austausch im Vorstand reicht, wird sich weisen.

Was steht in diesem Jahr an?

Altenburger: Wir sind an der Swissbau, die neu im Mai stattfindet, mit verschiedenen Veranstaltungen präsent, im Zentrum steht für uns die Kreislaufwirtschaft mit unserem Anlass «Design for Disassembly». Ein weiteres wichtiges Thema ist die sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Momentan befindet sich ein Gesetzesentwurf hierzu in Vernehmlassung. Und last, but not least beschäftigt uns der Fachkräftemangel, weshalb wir die Bildungsoffensive des Bundesamts für Energie unterstützen.

Schock: Wir treffen im Januar mit einer Allianz eine Delegation der Bundeskanzlei und des Bundesamts für Bauten und Logistik zum Austausch über die Strategie «Digitale Schweiz». Ein weiteres wichtiges Thema ist für uns die Schaffung eines Zentralrats für Informationsmanagement.

Suter: Die Herausforderung besteht darin, dass das revidierte BöB gelebt wird. Die Ordnung 144 und allenfalls präzisierende Wegleitungen sind für Planende und Bauherrschaften hilfreich. Nachdem wir uns in den letzten Jahren stark aufs Beschaffungswesen konzentriert haben, möchten wir nun die Revision der LHO eng begleiten. Zudem werden wir alle Anliegen des SIA in einem Positionspapier zum Beschaffungswesen zusammenfassen.

Die Fachräte sind gemäss Statuten ein Beratergremium für den Vorstand. Was können Sie bewirken?

Schock: Wir sind alle in der Praxis tätig und möchten letztlich Wirkung entfalten. Damit würden wir aber den Weitblick verlieren, der für einen Fachrat zentral ist.

Altenburger: Die Abgrenzung zwischen Strategischem und Operativem fällt uns tatsächlich nicht immer leicht. Wir vertreten als Fachratspräsidenten Anträge im Vorstand und bringen damit auf der operativen Ebene einen Stein ins Rollen.

Sie sind absolute Experten auf den SIA-Schwerpunktthemen. Wie haben sich das Beschaffungswesen, der Klimaschutz sowie die Digitalisierung in den letzten Jahren inhaltlich verändert?

Altenburger: Als der Fachrat Energie 2010 seine Arbeit aufgenommen hatte, waren die Diskussionen stark normativ geprägt. Im damaligen Energie­leitbild formulierten wir mit eingeschränktem Fokus. Das Thema beinhaltet aber auch Fragen zu Stadtklima, Materialressourcen und vielem mehr. Deshalb müssen wir zusätzliche Kompetenzen vereinen und Stakeholder einbeziehen.

Schock: Schweizer Firmen können sich Vorteile im digitalen Wettbewerb erschliessen, wenn sie die Digitalisierung als Nachhaltigkeitsmotor verstehen. Es geht um systemische Zu­sammenhänge, die unser aller Lebenswelt betreffen. Wir haben immer noch kommunikativen Handlungsbedarf, wenngleich das Thema in den letzten Jahren Eingang in den öffentlichen Diskurs gefunden hat.

Suter: Der SIA hat die Revision des öffentlichen Beschaffungswesens massgeblich mit­gestaltet. Das revidierte BöB ist für Planende eine Chance, weil nicht nur der Preis bei der Vergabe berücksichtigt wird. Nun besteht der Wille, den Aufwand für eine qualitätvolle Arbeit zu entlöhnen.

Adrian Altenburger und Anna Suter, Sie ziehen sich per kommender Delegiertenversammlung aus dem Vorstand zurück und geben auch den Stab in Ihren Fachräten weiter. Woran erinnern Sie sich am allerliebsten?

Altenburger: 2012 reiste ich mit einer nationalen Delegation unter Leitung des Bundesamts für Energie nach Tokio. Die ­Ereignisse in Fukushima haben viel ausgelöst bezüglich Klimaschutz. Dass ich in dieser Phase als Fachratspräsident agieren durfte, war ein Privileg und bestätigte mir die anerkannt wichtige Rolle des SIA.

Suter: Die erfolgreiche Revision des BöB ist für mich das absolute Highlight. Auch als Architektin, denn sie tut unserem Berufsstand gut. 

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