Der Nut­zen von BIM beim Bau des Vor­tex

Während der Olympischen Jugend-Winterspiele 2020 wohnten die Athletinnen und Athleten in einem kreisrunden Bau bei Lausanne. Nun werden darin Studierende untergebracht. Dank digitaler Planung konnte der Total­unternehmer die extrem kurze Bauzeit von 900 Tagen einhalten.

Date de publication
29-10-2020

Ein einziges Gebäude, das rund tausend Wohnungen beherbergt – der Vortex hebt sich durch seine Bauweise ab, die auf der Verknüpfung von zwei leicht erkennbaren geometrischen Formen beruht: ­Parallelepipeden, in denen die Wohnungen nach einem orthogonalen Raster angeordnet sind, und zwar in einer leicht steigenden Spirale, die als Zugangsrampe zu den Unterkünften fungiert. Im Vergleich zu konventionellen Bauwerken, die sich leicht mittels kartesischem Koordinatensystem darstellen lassen, wirft dieser Entwurf zwei Probleme auf: fehlende horizontale Referenzwerte und die Schwierigkeit, Schnittpunkte zwischen den zu realisierenden Objekten mithilfe ein­facher orthogonaler Schnitte effektiv darzustellen.

Um genau dieser a priori komplexen Situation Rechnung zu tragen, hat das beauftragte Unternehmen bereits vor der Teilnahme an der Ausschreibung als Totalunternehmung beim Auswahlverfahren seiner Partner von diesen die Zusage verlangt, mit der Open-BIM- Methode zu arbeiten. Dies führte dazu, dass sich die Auftragnehmer schnell und selbstverständlich zusammensetzten, um über das digitale Modell zu diskutieren, das eine Art virtuelle Gesamtkonstruktion darstellte.

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Man hat sich dazu entschieden, dass jeder Ring der Spirale als Stockwerk fungiert, wobei die Ebene 0 dort beginnt, wo die Spirale aus dem Untergrund auftaucht und das natürliche Bodenniveau verlässt. So wird mit jeder Windung der Spirale eine neue Ebene definiert. Zwecks Positionierung im Plan wird die Kreisform der Spirale herangezogen: Die Position von Objekten wird durch einen Winkel (0° am Anfang des Laufgangs) oder eine Stunde (Mittag, Norden) definiert. Diese Informationen (Ebenen und Winkel) wurden sowohl im 3-D-Modell als auch in der Datenbank für die Bezeichnung der Objekte verwendet, und diese Logik wurde auch bei der Nummerierung der Wohnungen beibehalten.

Gemäss Miguel Bermudez, BIM-Ko­ordinator für den Vortex bei Losinger Marazzi, zeichnet sich BIM dadurch aus, in Zusammenarbeit innerhalb eines einzigen Systems ein 3-D-Modell zu erstellen, das die geometrische Definition aller umzusetzenden Objekte enthält sowie eine synchronisierte Datenbank mit der Dokumentation und sämtlichen Angaben, die für die Beschreibung der Objekte erforderlich sind. Jeder Auftragnehmer (Architekten, Bauingenieure, Elektriker, Heizungsbauer usw.) ist für sein eigenes Modell verantwortlich, das er regelmässig aktualisiert. Dabei berücksichtigt er die Informationen, die von den anderen Akteuren zur Verfügung gestellt werden und auf die er in ein und demselben System direkten Zugriff hat. Weiter erklärt Miguel Bermudez, dass die BIM-Methode die Herangehensweise an Bauprojekte grundlegend verändern werde, da durch die gemeinsame Nutzung des Modells zahlreiche Koordinationsfragen vorausgesehen und gelöst werden können.

Beim Vortex wurde das Modell daher schnell zum zentralen Instrument für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Koordinationssitzungen. Jeweils zwei Tage vor den Sitzungen übermittelten die Auftragnehmer ihr aktualisiertes Modell an den BIM-Koordinator. Dieser hatte dann einen Tag Zeit, um allfällige Konflikte zu identifizieren und aufzulisten, damit sie in der Sitzung besprochen werden konnten. Die Probleme wurden am Modell verdeutlicht, und die involvierten Personen analysierten und diskutierten die nötigen Korrekturen.

Ausserdem ermöglichte das System die Überwachung der Konfliktlösung sowie deren Protokollierung. Im Verlauf des Projekts wurden weitere Partner gebeten, den BIM-Prozess zu übernehmen – ein Schritt, der besonders bei der Vorfertigung der Badezimmer, der Anordnung der technischen Installationen in den Untergeschossen und auch beim Einbau der Lifte eine entscheidende Rolle spielte.

Die Relevanz und Effizienz der BIM-Methode lässt sich am Beispiel des Einsatzes von Metallprofilen (statische Notwendigkeit) zur Verankerung des ­Spiralkreises an den Wohnungswänden verdeutlichen. Der unregelmässigen Geometrie folgend, wurden sie an den Schnittpunkten von Wänden und Spirale befestigt, wobei sich herausstellte, dass die Profile nicht nur zusätzliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den HLKS-Installationen verursachten (insbesondere im Hinblick auf Gefälleelemente), sondern manchmal auch in Konflikt mit bestimmten Liftanlagen standen. Zudem variierten ihre Eigenschaften sowie die Montage- und Einsatzart (mit Verbindungsstab) abhängig von ihrer Positionierung. Mit der BIM-Methode liessen sie sich nach Typen zusammenfassen.

Eine weitere äusserst effiziente Nutzungsmöglichkeit des Modells, um die komplexe Geometrie des Bauwerks in den Griff zu bekommen, bestand darin, dass jeder Akteur vor Ort mithilfe eines Tablet-Computers auf das Modell zugreifen und so während der Bauphase in situ Schnitte und 3-D-Ansichten nach den eigenen Vorstellungen erstellen konnte.

Die Informationen aus den Daten­banken haben ihrerseits das Baustellen­management erheblich erleichtert. In Verbindung mit dem 3-D-Modell bieten sie zudem den Vorteil, ein vollständiges und ortsgenaues Bestandsverzeichnis ­aller Objekte, die während der Bauphase umgesetzt wurden, liefern zu können. Sobald der Eigentümer oder der Betreiber des Bauwerks Änderungen daran plant, ist dies für ihn ein beachtlicher ­Vorteil.

Dieser Beitrag ist erschienen im zweiten Sonderheft «BIM –Reality Check». Viele weitere Artikel zum Thema finden sich in unserem digitalen Dossier.

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