Baus­tein 07 im In­se­la­real Bern

Forschungs- und Ausbildungszentrum Medizin Universität Bern, Baubereich 07

Sechs medizinische Institute, bisher in unterschiedlichen Gebäuden tätig, sollen in einem Neubau vereint werden. An prominenter ­Stelle soll er den Zugang zum Inselareal markieren. Der Wettbewerb für das Baufeld 07 der Insel geizte nicht eben mit Ansprüchen.

Date de publication
24-09-2020

Beim Wettbewerb für ein ­neues Gebäude im Inselareal in Bern war es das Ziel, ein Forschungs- und Ausbildungszentrum Medizin der Universität Bern zu projektieren. Sechs Institute finden sich dort künftig unter einem Dach: Anatomie, Biochemie und ­Molekulare Medizin, Physiologie, Pharmakologie, das Institut für ­Infektionskrankheiten und das Theodor-Kocher-Institut. Dementsprechend komplex waren die Ausschreibung und ihr Raumprogramm. Das erstrangierte Projekt «Janus» erfüllt nicht nur diese Vorgaben, es verspricht ein städtebaulich stimmiger Baustein der Insel zu werden.

Vielschichtige Ansprüche

Der Wunschkatalog zum Bauprojekt aus den beteiligten Stellen spiegelte die Vielschichtigkeit des Vorhabens. Das Amt für Grundstücke und Gebäude des Kantons Bern (AGG) legte Wert auf eine betrieblich optimale, nachhaltige und architektonisch stimmige Lösung, die ein leistungsfähiges und qualitätsbewusstes Generalplanerteam, bestehend aus Architekt, Bauingenieur und HLKK-Ingenieur, zu erbringen habe. Die Universität Bern wies auf die Tatsache hin, dass die einzelnen Einheiten in teils traditionsreichen und identitätsstiftenden Liegenschaften verortet waren, künftig aber neu an gemeinsamer Adresse unter einem Dach tätig sein werden. Der Neubau solle also eine attraktive Umgebung bieten, in der die einzelnen Insti­tute Teile eines Ganzen bilden und dennoch ihre Eigenständigkeit behalten. Die Stadt Bern sieht den Baubereich 07 der Insel als Tor zum Gesamt­areal und erwartet ein gestalterisch, konstruktiv und städtebaulich überzeugendes Projekt.

Als Hauptbedarf hinsichtlich der nutzerspezifischen Anfor­derungen waren auch die Zuord­nungen und internen Abläufe umschrieben. Genannt waren Büros, Forschungs- und Speziallabors, Sitzungs­zimmer sowie ein Teil der Ausbildungsinfrastruktur, ein multifunktionaler Veranstaltungsraum und ein kleines, zentrales Gastro­angebot. Drei Raumcluster wurden definiert: Forschung, Fachunterricht und Begleitnutzungen. Das Ganze sei ­unter eine hohe Nutzungsflexi­bilität zu stellen.

Zahlreiche Wünsche unter einem Hut

Diese Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen ist an sich schon sehr anspruchsvoll. Den Hut dann auch noch repräsentabel und nützlich zu formen, das verlangt ganz offenbar hohes Können. 34 Teams haben sich mit Referenzprojekten um die Teilnahme beworben, 12 bestrangierte Bewerber wurden letztlich zum Wettbewerb eingeladen. Es handelte sich mehrheitlich um Schweizer Teams. Sämtliche Projekte wurden zur drei Tage dauernden Jurierung zugelassen (18./19. Februar, 10. März 2020). Nach dem ersten Rundgang wurden fünf Projekte ausgeschieden und nicht weiter beurteilt. Grund dafür waren städtebauliche Aspekte, das Gesamtkonzept, der ar­chitektonische Ausdruck und Betriebsabläufe. Zwei weitere Projekte wurden im zweiten Wertungsgang ausgeschlossen. Dabei ging es um die Eingliederung des Baus in die Umgebung, interne und externe Erschliessungen und die spezifische Ausgestaltung der inneren Bereiche. Die letztlich beschlossene Rangierung und die Preiserteilung erfolgten einstimmig.

«Janus»: städtebaulich klare Gesamtsituation

Die Jury lobt in ihrem Schlussbericht das Projekt «Janus» sozusagen ohne Vorbehalte. Das Projekt sei eine überzeugende Antwort auf die komplexe Aufgabenstellung. Wörtlich ist zu lesen: «Mit der schlüssigen volumetrischen Bearbeitung entsteht ein städtebaulich stimmiger Baustein innerhalb des Inselareals. Seine ­klare Strukturierung, die inneren Verknüpfungen und die daraus generierten räumlichen Qualitäten sowie der einem Laborgebäude angemessene Ausdruck überzeugen und bilden auch betrieblich eine gute ­Basis für die Umsetzung der gestellten vielfältigen Anforderungen.» Dieser Bau auf dem Baufeld 07 werde gemeinsam mit dem Bau 06 eine klare Eingangsgeste bilden. Die abgeknickte Fassade lasse ihn gegenüber dem Theodor-Kocher-Haus zurück­springen, was zu einer angemessenen Vorzone und damit zur «Adressbildung» führe. Es entstehe eine städtebaulich klare Gesamtsituation.

Klare Organisation der Bereiche

Der Zugang von der Friedbühlstrasse her bietet bei der grosszügigen Eingangshalle eine Cafeteria mit einem Aussenbereich. Das Foyer lässt sich mit dem angrenzenden Versammlungsraum inklusive Gastronomieteil ­multifunktional nutzen. Eine breite, gewendelte Treppe führt zu den Obergeschossen mit den Seminarräumen und den nebenan lie­genden Zugängen zu den Aufzügen. Der Zugang zu den Regelgeschossen ist auf diese Weise intuitiv auffindbar. Vorgesehen sind zwei Hauptkerne für die vertikale Erschliessung, was zu kurzen Verbindungen zwischen den einzelnen Laborgeschossen führt.

Auch die Zonierung im Innern ist klar gelöst. Die Bürozone mit der öffentlichen Treppe bildet die lebendige Fassade in Richtung Friedbühlstrasse. Der rückwärtig gelegte Mittelbund ist effizient und einfach strukturiert, die Laborschicht ist zum hinter dem Bau liegenden kleinen «Pocket-Park» orientiert.

Schlüssiges Tragwerk

Der funktionale Aufbau der Innenräume zeichnet sich auch in der ­Fassade ab, die ein offenes Eingangsgeschoss, darüber die sieben Laborgeschosse und als Abschluss das geschlossene Technikgeschoss im Dach abbildet. Ihre Hauptstruktur ist in Beton und die Sekundärstruktur mit Holz- und Glaselementen gestaltet. Damit wird auch das Tragwerk als Skelettbau mit Ort­beton­decken und vorgefertigten Stützen nach aussen sichtbar. Zusammen mit den aussteifenden ­Kernen verspricht dies ein schlüssiges und wirtschaftliches Konzept.

Solide Zweckarchitektur mit guter Nutzqualität

Insgesamt wartet das Projekt «Janus» mit einer Lösung auf, die die Wünsche der drei hauptsächlich Beteiligten, des Amts für Grundstücke und Gebäude des Kantons Bern (AGG), der Universität und der Stadt Bern, optimal abdeckt. Nicht zu vergessen, finden auch die sechs im Neubau vereinten Institute – Anatomie, Biochemie und Molekulare Medizin, Physiologie, Pharmakologie, das Institut für Infektionskrankheiten und das Theodor-Kocher-Institut – hier eine neue Heimat und profitieren künftig von räumlichen und organisatorischen Synergien. Das projektierte Gebäude wirkt durch Grösse und Ausformung als starkes Zeichen für dieses Vorhaben und dank seiner Lage beim Haupt­zugang auch für das Areal der Insel, ohne irgendwelche modische Mätzchen, wenig spektakulär, dafür aber eigenständig und klar.

Pläne und Jurybericht zum Wettbewerb finden sich auf competitions.espazium.ch

Auszeichnungen

1. Rang, 1. Preis: «Janus»
ARGE Archipel Generalplanung, Bern, ASTOC Architects and Planners, Köln, GWJ Architektur, Bern, und IAAG Architekten, Bern; ARGE dsp Inge­nieure + Planer, Uster und Kissling + Zbinden, Thun; Eicher + Pauli, Bern
2. Rang, 2. Preis: «Backbone»
Bauart Architekten und Planer, Bern; Schnetzer Puskas Ingenieure, Zürich; Beag Engineering, Winterthur
3. Rang, 3. Preis: «Labora»
Büro B Architekten, Bern; smt Ingenieure + Planer, Bern; Pirmin Jung Schweiz, Thun; Jobst Willers Engineering, Bern; Probst + Wieland, Burgdorf
4. Rang, 1. Ankauf: «Plan Libre»
Staufer & Hasler Architekten, Frauenfeld; Pöyry Schweiz, Zürich; Conzett Bronzini Partner, Chur; Hochstrasser Glaus & Partner Consulting, Zürich; Bösch Sanitäringenieure, Dietikon
5. Rang, 2. Ankauf: «Chrysalide»
ARGE Studiopez, Basel, und NYX Architectes, Zürich; Ingeni, Zürich; EBP Schweiz, Zürich

FachJury

Angelo Cioppi, Kantonsbaumeister Bern (Vorsitz); Matteo Cogliatti, Bauingenieur, Zürich; Fritz Schär, Architekt, Bern; Beat Schneider, Architekt, Aarau; Markus Stokar, Dr. sc. techn. ETH/SIA, Basel; Anna Suter, Architektin, Bern; Mark Werren, Architekt, Stadtplaner, Bern; Maria Zurbuchen-Henz, Architektin, Lausanne

SachJury

Beat Keller, Abteilungsleiter Immobilienmanagement Kanton Bern; Susanna Krähenbühl, Abteilungsleiterin Bau und Raum, Bern; Daniel Schönmann, Vorsteher Amt für Hochschulen Kanton Bern; Dr. Lukas Stalder, Dekanatsleiter Medizinische Fakultät Universität Bern; Steve Weissbaum, Programmleiter Infrastrukturentwicklung Insel Gruppe

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