Hongkong zwischen Moderne und Vergangenheit
Editorial TEC21 38/2019
Gleich zwei Projekte realisieren Herzog & de Meuron derzeit in Hongkong: den bald fertigen Museumsneubau M+ am Victoria Harbour auf aufgeschüttetem Terrain und zwei kleinere Bauten im ehemaligen, heute denkmalgeschützten Polizeihauptquartier Tai Kwun auf Hong Kong Island. Der städtische Kontext prägt ihre jeweilige Architektur – doch auch historische und soziale Umstände spielen eine Rolle. So zeigen die Komplexe auf gegensätzliche Art, wie sehr Kultur und Politik zusammenhängen.
Das M+ im boomenden West Kowloon hat kürzlich die Kunstsammlung des Schweizers Ueli Sigg erhalten. Darunter befinden sich auch chinakritische Werke. So verwundert es nicht, dass die Sammlung ihren Weg nach Hongkong fand, dessen Sonderstatus eine gewisse Eigenständigkeit erlaubt. Für diese wird zurzeit demonstriert – Anlass ist ein Gesetz, das flüchtige Straftäter an China ausliefern soll.
Zu diesem Thema passt das zweite Projekt – auch wenn Tai Kwun, das ehemalige Polizeihauptquartier der früheren britischen Kolonialisten, aus der zeitlichen Distanz geradezu nostalgisch anmutet. Heute sind die renovierten Verwaltungsbauten und das Gefängnis mit den Zellen Touristenattraktionen. Die Metallfassaden der beiden Neubauten der Basler Architekten erinnern an das Kettenhemd einer Ritterrüstung. Ist dies eine klimatische oder politische Antwort auf die aktuellen Verhältnisse in Hongkong oder eine Anspielung auf die Funktion des Areals in der Vergangenheit? Die Interpretation bleibt den Besuchenden überlassen.
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