Neue Brücke in Sicht

Projektwettbewerb Ersatz Rheinbrücke Flaach

Mit 18 Wettbewerbsbeiträgen wurde dem Preisgericht eine breite ­Palette an Lösungsvorschlägen zum Ersatz der Rheinbrücke zwischen Flaach ZH und Rüdlingen SH geboten. Durchgesetzt hat sich das Projekt «Point de vue». Es baut auf Bestehendem auf, riskiert gestalterisch aber wenig.

Date de publication
13-06-2019

Seit knapp 150 Jahren überspannt die Rheinbrücke zwischen Flaach und Rüdlingen den Rhein und damit die ­Kantonsgrenze zwischen Zürich und Schaffhausen. Ursprünglich bei der vierfeldrigen Brücke sind allerdings nur noch die Mauerwerkspfeiler, die seit 1929 einem Stahltragwerk als Unterbau dienen. Der natürliche Alterungsprozess hat indes dazu geführt, dass im Jahr 2015 nach einer umfassenden Zustandserfassung Schwachstellen am Bauwerk iden­tifiziert, ein Einspurbetrieb für den motorisierten Verkehr verhängt und entsprechende Massnahmenstu­di­en veranlasst wurden. Nach einer Bera­tung der beiden betroffenen Kantone wurde Anfang 2018 ein Projektwettbewerb zum Ersatz der bestehenden Brücke ausgeschrieben.

Über vier Felder zum Erfolg

Das vielfältige Spektrum an Präqualifikationsbeiträgen liess sich in vier Konzeptgruppen einteilen: Zwei- oder Dreifeldträger, Vierfeldträger, Voutenträger und Brücken mit obenliegenden Bögen. Letztlich wurden daraus sieben Beiträge für eine Jurierung selektioniert; die Mehrheit davon in Gestalt von vierfeldrigen Duchlaufträgern. Überhaupt vermochte das Tragsystem mit vier Feldern zu überzeugen: Alle drei prämierten Projekte weisen ein solches auf. Viel massgebender für die Jury schien aber der ausgewogene Umgang zwischen Eigenständigkeit und Einpassung in die bestehende Situation zu sein.

Das Projekt «Point de vue» würdigt die ehemalige Brücke und belässt den historischen Mauerwerk­unterbau. Mit einem neuen Überbau in Stahl-Beton-Verbundbauweise und der Verwendung von Cortenstahl entsteht ein durchdachtes Konzept. Das Projekt «La Linea» sieht stromaufwärts neben der bestehenden Brücke einen Neubau aus Spannbeton mit stromlinienförmigen Pfeilern und weit auskragenden Konsolen vor und erreicht mit der neuen Linienführung eine Verbesserung der Fahrgeometrie. Auch das Projekt «Stringente» beinhaltet einen oberwasserseitig zur bestehenden Brücke liegenden Neubau. Dieser besteht ebenfalls aus Stahl-Beton-Verbund und Cortenstahl und passt sich so unauffällig in die Landschaft ein.

Allen drei prämierten Projekten gemeinsam ist eine dezente Ausgestaltung, die Langsamverkehrsführung auf einem unterwasserseitigen Gehweg und einem oberwasserseitigen, kombinierten Rad-/Gehweg sowie die Wahrung der Natur- und Waldschutzzonen.

Gestalterisch zurückhaltend

Während sich die drei prämierten Projekte sehr zurückhaltend mit der bestehenden Brückenform auseinandersetzten, lieferten die übrigen Wettbewerbsbeiträge mitunter auch gestalterisch erfrischende und sehr mutige Ansätze. So beinhalten beispielsweise mehrere Wettbewerbsbeiträge Bogenbrücken oder sehen parallel zu einem Neubau den Erhalt des bestehenden Bauwerks für den Langsamverkehr vor.

Als einziger dieser mutigeren Ansätze schaffte es das Projekt «8416-8455» immerhin in die Jurierungsrunde, schied dort aber im ersten Wertungsrundgang bereits wieder aus. Damit hat der Auftraggeber das ausgelobte Ziel eines umfassenden Variantenvergleichs mit verschiedenen Linienführungen und Tragwerkskonzepten zwar erreicht, gleichzeitig aber das gestalterische Potenzial vermutlich nicht vollends ausgeschöpft.

Letztlich entschied sich die Jury für das Projekt «Point de vue» – ein gestalterisch zurückhaltendes, aber wohldurchdachtes Konzept, das auf bestechende Weise mit der Unterbausubstanz umgeht und ein dauerhaftes Tragsystem wählt. Demgegenüber lieferten die beiden Projekte «La Linea» und «Stringente» – angesichts der Möglichkeiten, die sich in Bezug auf die Wahl des Tragwerksystems bei einem Komplettneubau ergeben – punkto Konzeption und Ästhetik offensichtlich zu wenig überzeugende Argumente.

Inbetriebnahme frühestens im Jahr 2023

Bis im Sommer 2019 soll nun das Siegerprojekt bis auf Vorprojekt­stufe vertieft und gemäss Kantonalzürcher Verfahren der Öffentlichkeit zur Mitwirkung vorgelegt werden. Laufen alle nachgelagerten Verfahren erwartungsgemäss, wird nach heutiger Einschätzung mit einer ­Inbetriebnahme 2023 gerechnet.

Weitere Pläne und Bilder finden Sie in der Rubrik Wettbewerbe.

 

Auszeichnungen

1. Rang: «Point de vue»: Bänziger Partner, Zürich; Lorenz Eugster Landschaftsarchitektur und Städtebau, Zürich
2. Rang: «La Linea»: dsp Ingenieure und Planer, Greifensee
3. Rang: «Stringente»: ewp, Effretikon

Fachpreisrichter mit ­Stimmrecht

Martin Käser, TBA Kanton ZH (Vorsitz); Francesco Cargnelutti, TBA Kanton SH; Heinrich Figi, Bauingenieur; Katrin Jaggi, Architektin; Stefan Rotzler, Landschaftsarchitekt

Sachpreisrichter mit ­Stimmrecht

Ingitta Scapozza, TBA Kanton ZH; Ursina Wiedmer, ALN Kanton ZH; Pascal Kern, AFV Kanton ZH; Rolf Armbruster, TBA Kanton SH

Berater und Experten ohne Stimmrecht

Kerstin Lang, TBA Kanton ZH; Markus Bissig, TBA Kanton ZH; Walter Staub, Gemeinde Flaach; Martin Kern, Gemeinde Rüdlingen

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