Häu­ser pla­nen ist ein­trä­gli­cher als Strom pro­du­zie­ren

Bernische Kraftwerke wandeln sich zum Engineeringkonzern

Der Energiebranche geht es schlecht; die grossen Stromkonzerne sind verunsichert und wenden sich sogar von der Energieproduktion ab. Nur bei der Nummer drei der Schweiz, den Bernischen Kraftwerken BKW, läuft es prima – der wachsende Geschäftsbereich «Engineering» hat wesentlichen Anteil daran.

Revision
23-05-2018

Das Stromgeschäft in Europa ist im Umbruch. Traditionelle Produktionsquellen wie fossile Brennstoffe und die Kernkraft sind mittelfristig zu ersetzen; zumindest die westlichen Länder treiben den Ausbau der erneuerbaren Power aus Wind, Sonne und Biomasse voran. Parallel dazu sinken die Strommarktpreise auf ein immer niedrigeres Niveau, was auch Schweizer Energiekonzerne deutlich zu spüren bekommen. Die beiden grössten Versorgungsunternehmen Alpiq und Axpo beklagen einbrechende Umsätze und hohe Verluste. Selbst das Abstossen von Kraftwerken, deren Betrieb eigentlich ein Kerngeschäft ist, wird zum strategischen Thema.

Auch die Nummer drei, die BKW, leidet unter dem schrumpfenden Stromgeschäft. Gleichzeitig steht sie am Anfang einer verheissungsvollen Transformation: Der Stromriese, an dem der Kanton Bern die Aktienmehrheit besitzt, mausert sich zu einer Grösse, die auch in klassischen Ingenieurs- und Planungsdisziplinen schweizweit an die Spitze drängt. Die Umsatzeinbrüche werden durch Zusatz- und Nebengeschäfte operationell mehr als kompensiert.

Von der Tragwerksplanung zum Wasserbau

In den letzten Jahren hat die BKW mindestens zwei Dutzend Einzelfirmen und Unternehmensgruppen im Engineeringsektor übernommen. Damit erweitert sie ihr Geschäftsfeld im Elektroinstallations- und Gebäudetechnikbereich; ebenso kommen strategische Tätigkeitssegmente neu dazu. 2017 hat BKW erstmals Ingenieurbüros erworben, die auf Hoch- und Tiefbau, BIM oder Tragwerksplanung spezialisiert sind. Weitere Akquisitionsschwerpunkte bilden die Vermessung, der Verkehrswegebau und sogar die Siedlungswasserwirtschaft. Letztere betrifft Firmen, deren Portfolio mit Projekten aus dem Kanalbau oder der Trinkwasseraufbereitung bestückt sind. Die Übernahme solcher Ingenieurbüros konzentriert sich weitgehend auf Deutschland und die Schweiz; hier streckt die BKW aber ihre Fühler in viele Regionen aus, darunter die Nordwestschweiz, Graubünden, Zürich und das westliche Mittelland.

In der Planerbranche wird dieser Markteintritt nicht goutiert; der neue usic-Präsident Bernhard Berger moniert hier einen volkswirtschaftlichen «Sündenfall»: Ein öffentliches Unternehmen, das in der Vergangenheit von einer staatlichen Monopolsituation am Energiemarkt profitiert habe, weiche nun auf andere Märkte aus und spiele seine starke finanzielle Position aus (vgl. TEC21 17/2018).

Fast 100 Mio. Franken für Akquisitionen

Für die BKW selbst scheint die Rechnung aufzugehen; mögliche Wachstumsschmerzen bleiben vorerst aus. Der Berner Energiekonzern verdient inzwischen jeden fünften Franken im Planungssektor, bei einem Umsatzanteil von immerhin fast 30 %. Doch gratis ist dieses Wachstum nicht zu haben; für die letztjährigen Übernahmen hat der Konzern laut Geschäftsbericht fast 100 Mio. Franken investiert. Das ist der doppelte Betrag des Reingewinns im neuen Geschäftsfeld. Im Jahresabschluss 2017 wird betont, wie «positiv sich die BKW zu einer führenden Energie- und Infrastrukturdienstleisterin transformiert». Obwohl das Energiegeschäft um 7 % sank, ist der Gesamtumsatz leicht gestiegen. Der Reingewinn lag 2017 bei 270 Mio. Franken, was jedoch unter dem Schnitt der letzten vier Jahre liegt.

Gemäss BKW-CEO Suzanne Thoma gehe es darum, das Energiegeschäft über die ganze Wertschöpfungskette von Produktion, Handel und Vertrieb zu optimieren. Der Gebäudebereich sei ein ebenso wichtiges Wachstumsfeld, weil positive Ergebnisse zu erwarten sind. «Will die Schweiz ihre klima- und energiepolitischen Ziele erreichen, steckt hier das grösste Potenzial», so Thoma.

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