Wohn­bau­ten mit Holzp­flicht

Studienauftrag Überbauung Schweighof, Kriens

Drei grundlegende Ingredienzen prägen das neueste Projekt im Areal Schweighof bei Luzern. Eine starke Bindung der Landbesitzer zum Ort.  Der Wunsch, eine moderne und beispielhafte Wohnsiedlung zu errichten. Und der Wille, mit Holz ökologisch vorbildlich zu bauen.

Date de publication
02-11-2017
Revision
05-01-2018

Der Studienwettbewerb auf Einladung für fünf Wohnbauten im neuen Quartier Schweighof in Kriens fordert ausdrücklich Holz als Baumaterial – eine einzigartige Vorgabe. Den Architekturbüros stand kostenlos ein Holz­experte zur Seite. Sieben Teams aus Luzern wurden eingeladen und haben ihre Entwürfe eingereicht.

Schweighof: Entwicklungsschwerpunkt Luzern Süd

Luzern Süd mit den Gemeinden ­Kriens und Horw ist ein Schwerpunkt der Stadtentwicklung. Die Überbauung Schweighof bildet mit 500 bis 600 Wohnungen einen bedeutenden Anteil. Die Familie Theiler-Buholzer ist seit über 100 Jahren Eigentümerin des Areals, das sie jahrzehntelang landwirtschaftlich nutzte und später einer Gärtnerei verpachtete. Das Areal (67'000 m2) soll zu zwei Dritteln mit Wohnungen, der Rest mit Dienstleistungsbetrieben bebaut werden – ein geschätztes Investitionsvolumen von 500 Mil­lionen Franken. Die Basis hierfür bildet der Bebauungsplan von 2012 des Büros Meletta Strebel Zangger.

Partnerschaft

Die Erbengemeinschaft Theiler-­Buholzer suchte Mitinvestoren, die sich langfristig für Mietwohnungen engagieren und sich an der geplanten Autoeinstellhalle, den Umgebungsarbeiten und Anlagen zur Energieumwandlung beteiligen. Ziel ist ein «Quartier der etwas besonderen Art» mit einem vielfältigen Erscheinungsbild. Für einzelne Gruppen wurden deswegen Studienwettbewerbe durchgeführt. Die Bauten sollen den Grundsätzen der 2000-Watt-Gesellschaft und dem Minergie-Standard entsprechen – deshalb Holzbau und eine Seewasser-Energienutzung.

Jurierung

Die gemeinsamen Veranstalter, die Schweighofpark AG und die St. Anna Stiftung, führten diesen Wettbewerb als Studienauftragsverfahren auf Einladung anonym durch. Die Entwürfe unterscheiden sich vor allem bei den Grundrissen und den Strukturvorgaben für den Holzbau. Architektonische Höhenflüge unterblieben und waren auch kaum zu erwarten. Es sind vielmehr pragmatische Gestaltungen für eine sinnvolle und langfristige Nutzung. Der Entscheid der Jury fiel einstimmig für das Projekt Nr. 6 «Veranda» aus. Für die übrigen sechs Projekte wurde keine Rangordnung festgelegt.

Siegerprojekt «Veranda»

Der Name des Projekts drückt die wesentliche Eigenschaft des Entwurfs aus – eine grosszügig gestaltete Verandaschicht der Wohnungen. Die beiden Zeilenbauten zeigen dieses Merkmal südseitig, die drei Punkthäuser dort, wo es dem Grundriss entspricht. Dies ergibt eine räumliche Tiefenwirkung mit feingliedrigen und offenen Bauten.

Die Häuser verfügen über hohe räumliche und architektonische Qualität. Die Wohnungen sind präzise in die Gebäudeflächen eingeschrieben, die Wohnungstypologien sind vielfältig: Zeilenbauten mit Durchdienerwohnungen, Punkthäuser mit Eckwohnungen, dazu Ateliers und Studentenwohnungen im selben Konstruktionsraster. Die Pro­jektverfasser beschäftigten sich intensiv mit dem differenzierten Wohnen an diesem Ort. Die Synthese Holzbau-Gestaltung überzeugt und erzeugt einen ökologischen Mehrwert für Quartier und Bewohner.

Projekt 1: «Baumschlager»

Das Projekt zeigt eine klare, dreischichtige Holzstruktur und ein vielfältiges Erscheinungsbild. Die Punktbauten verfügen über angenehme Wohn-Ess-Bereiche um einen gedeckten Aussenraum mit anliegenden Schlafzonen. Die Zeilenbauten hingegen sind in der Grundrissgestaltung (Bereiche Küche Ess­raum) mangelhaft.

Projekt 2: «Fünf Freunde»

Die Volumen fügen sich in die Umgebung. Mit Erkern, Balkonen oder Loggien ist das Äussere gekonnt gestaltet. Innen zeigen sich abwechslungsreiche Raumfolgen und unerwartete Sichtbeziehungen. Doch die Jury bemängelt die konventionellen Grundrisse mit teils innen liegenden Korridoren und engen Eingängen. Abgehängte Decken und verkleidete Wände kaschieren den Holzbau.

Projekt 3: «Lignator»

Der Holzbau dominiert diesen Entwurf klar, und die konstruktive Ausbildung mit Brettstapeldecken, Trägern, Stützen sowie die Balkonkonstruktionen aus Metall scheinen wirtschaftlich. Die südlichen Balkone charakterisieren die leicht gestaffelten Gebäude und dienen als Holzschutz. Die Jury ist jedoch der Meinung, dass die offenen und durchlässig gestalteten Balkonbereiche die Privatheit einschränken.

Projekt 4: «Noisette»

Der konsequent konstruierte Skelettbau führt zu einfachen und klaren Baukörpern. Die innen sichtbaren Stützen und Unterzüge aus Holz setzen Akzente. Sämtliche Bauten sind gleich gestaltet, zwei Bauten sind im Grundriss und der Höhe gestaffelt, haben aber knapp be­messene Küchen, die nicht ideal in die Wohnung passen. Die Grund­risse mit Schaltzimmern in den Punkthäusern für die St. Anna Stiftung funktionieren gut. Die klein­teiligen Wohn-Ess-Bereiche der Langbauten WZ5 beurteilt die Jury kritisch.

Projekt 5: «Quint»

Ortsbaulich sind die Gebäude nicht überzeugend. Auch das Potenzial des Holzbaus ist nicht voll ausgeschöpft. Eine stringente Gliederung der Tragstruktur ist nur fragmen­tarisch erkennbar, die Mischung unter­schiedlicher Holzbausysteme dürfte konstruktiv aufwendig und kostspielig sein. Laut Jury erinnern die Gebäude eher an Massivbau mit Holzverkleidung.

Projekt 7: «Wood y Allen»

Die Baufelder sind unterschiedlich gestaltet: für die Schweighof AG ­vertikal, bei der St. Anna Stiftung horizontal. Die Konzeption als reine Holzbauten kommt gestalterisch aber kaum zum Tragen. Die Grundrisse funktionieren teils gut, die Küchen im Eingangsbereich werden kritisch beurteilt. Die Vorgabe Holzbau ist zwar erfüllt, wird aber weder ­innen noch aus­sen spürbar.

Pläne zu den einzelnen Projekten und weitere Informationen finden Sie unter der Rubrik Wettbewerbe.

Anm. der Redaktion: Zu diesem Wettbewerb haben wir folgende Anmerkung von Monika Jauch-Stolz, Präsidentin Wettbewerbskommission SIA 142/143 erhalten:

«Unter dem Titel ‹Wohnbauten mit Holzpflicht› berichtete TEC21 44/2017 über einen Wettbewerb, bei dem mit einem anonymen Studienauftrag ein Verfahren gewählt wurde, das die beiden Konkurrenzverfahren der Ordnungen 142 2009 (Ordnung für Architektur- und Ingenieurwettbewerbe) und 143 2009 (Ordnung für Architektur- und Ingenieurstudienaufträge) vermischt. In der Ordnung 142 werden die Spielregeln des Wettbewerbs geregelt, in der Ordnung 143 diejenigen des Studienauftrags. Ein massgebender Unterschied dieser beiden Verfahren ist der Umgang mit der Anonymität – der Wettbewerb ist ein anonymes Verfahren, der Studienauftrag ist ein nicht anonymes Dialogverfahren. Beim Wettbewerb gibt es eine Gesamtpreissumme und die besten Projekte werden rangiert – es gibt einen ersten Rang, der vom Preisgericht zur Weiterbearbeitung empfohlen wird. Beim Studienauftrag hingegen erhalten alle teilnehmenden Teams dieselbe, fixe Entschädigung, die dem effektiven Aufwand für die Bearbeitung entspricht. Das beste Projekt bekommt den Zuschlag zur weiteren Bearbeitung, und die übrigen Projekte scheiden aus. Die detaillierten Ausführungen sind in den beiden Ordnungen 142 und 143 klar beschrieben. Beim Vermischen der beiden Verfahren entsteht für die Teilnehmenden, die Jury und die Ausloberschaft eine unklare Ausgangslage. Solche Verfahren sind klar nicht konform mit den Ordnungen SIA 142 und 143 und sind zu vermeiden. Eine klare Ausgangslage ist die beste Voraussetzung für ein optimales Verfahren und eine gute Lösungsfindung.»


Das sagt der Holzbauingenieur

«Bauen mit Holz» (für Trag- und Trennstrukturen) war ausdrücklich vorgegeben, Hybridkonstruktionen (z. B. massive Erschliessungen) waren zugelassen. Da diese Bauweise nach Meinung der Veranstalter im beruflichen Alltag für viele Architekturschaffende jedoch noch nicht oder aber in unterschied­lichem Mass geläufig ist, wurde für die eingeladenen Architekturbüros eine Einführungsveranstal­tung organisiert. Refe­rent war der Holzbauingenieur Beat Lauber aus Luzern. Während der Entwurfsarbeit waren die Architekturteams berechtigt, Beat Lauber in entwurfsspezifischen Fragen zu konsultieren. Es war ein Zeitbudget pro Team von acht Stunden zulasten der Veranstalter reserviert. Die Holzbauingenieure haben sich verpflichtet, jeden unerwünschten Ideentransfer zwischen den Teams auszuschliessen.

Siegerprojekt
 

Projekt Nr. 6: «Veranda»
Lütolf und Scheuner Architekten, Luzern;
Mitarbeitende: Ivo Lütolf, Daniel Scheuner, Valentino Sandri, Karin Ohashi;
Fachplanende:
Makiol + Wiederkehr, Beinwil am See
 

Weitere Teilnehmer
 

Projekt Nr. 1: «Baumschlager»
Scheuner-Mäder Architekten, Luzern; Mitarbeitende: Ruedi Dietziker, Herbert Mäder, Nicole Signer, André Signer, Pascal Wacker


Projekt Nr. 2: «Fünf Freunde»
TGS Architekten, Luzern;
Mitarbeitende: Andreas Leu, Ruth Bachmann, Stefan Koch, Anika Näf  


Projekt Nr. 3: «Lignator»
Lengacher Emmenegger Partner, Luzern;
Mitarbeitende: Hansjörg Emmenegger, Daniel Lengacher, Caroline Svoboda, Valentin Hobi, Lea Riechsteiner, Matthias Scherer


Projekt Nr. 4: «Noisette»
Meletta Strebel Architekten, Luzern;
Mitarbeitende: Jonathan Hermann, Claudio Meletta, Martin Risch, Corinne Räz; Akustik und Lärmschutz: Thomas Gasser, Martinelli Menti, Luzern


Projekt Nr. 5: «Quint»
Josef G. Zangger, Luzern,
Mitarbeitende: Peggy Mordasini, Andreas Bächtiger  


Projekt Nr. 7: «Wood y Allen»
ro.ma.roeoesli & maeder, Luzern;
Mitarbeitende: Jörg Schumacher, Ana Perucha, Matthias Thaler, Jsabelle Weibel, Adrian Rogger, Philipp Röösli, Christian Maeder
 

Beurteilungsgremium
 

Verena Theiler, VRP Schweighofpark (Vorsitz); Sr. Heidi Kälin, Generaloberin der St. Anna-Schwestern; Rosmarie Ettlin-Theiler, VR Schweighofpark; Louis K. Renner, Stiftungsratspräsident St. Anna Stiftung; Dr. Elisabeth Blum, Architektin, Zürich; Pia Durisch Nolli, Architektin, Massagno; Lorenzo Giuliani, Architekt, Zürich; Franziska Manetsch, Architektin, Zürich; Beat Waeber, Architekt, Zürich
 

Expertin und Experten
 

Otto Durrer, Architekt, Kriens; Patrizia Galizia, Projektleitung Bau, St. Anna Stiftung, Luzern; Christoph Elsässer, Pirmin Jung Ingenieure, Rain; Thomas Lustenberger, Abt. Leiter Planung/Baugesuche, Gemeinde Kriens; Bernard Trachsel, Ingenieur, Luzern (Massivbau); Jürg Weilenmann, ­Energieingenieur, Luzern; Roger Gort, ­Architekt, CEO Büro für Bauökonomie (Vorprüfung); Walter Graf, Stiftungsrat St. Anna Stiftung (Moderation/ Jurybericht)

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