Wie kön­nen Pla­ner von BIM pro­fi­tie­ren?

In den letzten Jahren ist BIM vor allem als dreidimensionale Planungsmethode bekannt geworden. Die Methode geht aber weit über diesen Bereich hinaus, wie eine Analyse möglicher Anwendungen zeigt.

Date de publication
27-09-2017
Revision
28-09-2017

Alle Planer im Hochbau sprechen heute von BIM, aber nur die wenigsten haben persönliche Erfahrungen, die über den Einsatz in der dreidimensionalen Planung von Projekten hinausgehen. Die folgende Analyse beleuchtet BIM in der ganzen Breite möglicher Anwendungen. Viele davon haben für Berufsfelder, die stark mit Berechnungen konfrontiert sind (z. B. Bauingenieure, Gebäudetechniker), zwar eine besondere Bedeutung. Mittelfristig werden aber sämtliche am Bau beteiligten Akteure mit den Auswirkungen konfrontiert sein.

Zeichnen/Modellieren

Das wichtigste Kommunikationsmittel im Baugewerbe sind nach wie vor Pläne, in der Regel Grundrisse, die zusammen mit Schnitten und Schemazeichnungen ein umfassendes Bild der geplanten Objekte abgeben. Pläne sind organisiert nach Bereichen, z. B. Stockwerke, und strukturiert in Schichten (Layer), die einzelne Teile und Anlagen des geplanten Bauwerks abbilden. In den letzten Jahren wurde diese Darstellungsweise immer häufiger ergänzt durch räumliche Modelle, die mit perspektivischen, dreidimensionalen Abbildungen dargestellt werden können.

Diese Art der Visualisierung hat den grossen Vorteil einer wirklichkeitsnahen Wiedergabe, die sowohl Laien als auch Profis einen intuitiven Zugang zum Projekt ermöglichen. Die zugrunde liegenden Modelle machen es möglich, dass sich die Betrachter virtuell im Gebäude bewegen und dabei die Planung prüfen können. Die Modelle werden ergänzt durch Assistenten, die beispielsweise Kollisionen oder andere Fehler im Modell automatisch erkennen.

Mengen, Kosten, Termine

Die realistische Abbildung der einzelnen Bauteile ermöglicht es dem Planer, Bauelemente bestimmter Gewerke automatisch zusammenzuziehen. So erlauben es einige Programme, elektronisch verarbeitbare Listen von Elementen zu erstellen, wie sie für Mengenauszüge bei Ausschreibungen benötigt werden. Das bedingt freilich, dass sämtliche Elemente, die im Auszug erscheinen sollen, auch modelliert werden und die gewünschte Struktur der Ausschreibung bereits im Modell abgebildet wird. So lassen sich beispielsweise Lüftungskanäle nur dann in einem Auszug nach Anlagen ordnen, wenn den einzelnen Kanalstücken bereits im Modell ein entsprechendes Attribut der jeweiligen Lüftungsanlage zugeordnet wird.

Auch Informationen zum Zeitpunkt der Montage eines bestimmten Bauteils (4-D-BIM) oder zu den Kosten (5-D-BIM) lassen sich theoretisch bereits im Modell für die weitere Planung hinterlegen. Allerdings erlauben die meisten heute verfügbaren Zeichnungsprogramme das Erfassen solcher Informationen noch nicht. Als Zwischenlösung können die Kosten und Termine in einem Hilfsdokument gespeichert werden, in das der Zusammenzug der automatischen Auszüge abgefüllt wird. Was weiter zu beachten ist: Das detaillierte Modellieren von Anlagen und das Abfüllen von Attributen (Eigenschaften) ist derzeit sehr zeitintensiv. Es gilt abzuwägen, ob der generierte Nutzen diesen Aufwand rechtfertigt, zumal die Planung mit häufigen Projektänderungen verbunden ist und Modelle entsprechend mehrfach erstellt oder abgeändert werden müssen. In Zukunft dürften die verwendeten Programme aber zunehmend mit Hilfen zur Modellierung und zur vereinfachten Erfassung von Attributen ausgestattet sein.

Berechnungen/Simulationen

Berechnungen und Simulationen für Komponentenauslegungen oder für behördliche Nachweise wurden früher mit einer Vielzahl unterschiedlicher Software-Tools durchgeführt, die selten vernetzt waren. Für jede Berechnung oder Simulation war die Erstellung eines neuen Modells erforderlich. Es gibt heute eine zunehmende Zahl von Berechnungen, die entweder bereits im Zeichnungsprogramm selbst durchgeführt werden oder mit Daten aus dem dreidimensionalen Modell über standardisierte Schnittstellen (IFC, gbXML) gespeist werden können. Dies sind zum Beispiel Raumtemperatursimulationen oder Energieberechnungen, Simulationen von Tages- oder Kunstlicht und vieles mehr. Zurzeit sind der Datenaustausch und die nötige Zuordnung von Eigenschaften je nach Aufgabe noch aufwendig. Auch in diesem Bereich ist aber damit zu rechnen, dass in Zukunft die Verwendungsmöglichkeiten und die Einfachheit der Schnittstellen und der Datenerfassung zunehmen werden.

Planungsunterstützung und Datenhaltung

Neben den rein geometrischen Informationen wie Dimensionen und Standort/Lage sind für viele Bauteile die technischen Daten oder die berechneten Einstell- oder Dimensionierungswerte von grosser Bedeutung. Dies können Angaben wie das Gewicht oder auch die verfügbare Heizleistung eines Heizkörpers sein. Diese Daten werden heute weitgehend unabhängig vom (dreidimensionalen) Modell bewirtschaftet und nur in gewissen Projektphasen in Plänen oder Schemata abgebildet. Die aktuell verfügbaren Programme und Datenschnittstellen sind nicht in der Lage, die grosse Zahl möglicher Informationen einheitlich zu hinterlegen und auszutauschen. Darüber hinaus sollen die Daten historische Veränderungen abbilden, um die Projektenwicklung zu dokumentieren. 

Die grossen Datenmengen haben zur Folge, dass eine Bewirtschaftung der Daten in den Zeichnungsprogrammen zu Problemen führt. Somit ist es sinnvoller, die Daten in externen Datenbanken zu bewirtschaften und von dort über Referenznummern mit den Projektmodellen zu verknüpfen. Hierzu gibt es erste Anwendungen auf dem Markt, die aber bisher nur mit bestimmten Zeichnungsprogrammen genutzt werden können. Der Datenstandard COBie (Construction Operations Building Information Exchange) wurde dazu entwickelt, nicht-geometrische Informationen zu Räumen und Anlagen für das Facility Management bereitzustellen.

In der Schweiz kaum bekannt, kommt der Standard bisher primär im angelsächsischen Raum und in den nordischen Ländern Europas zum Einsatz. Ein weiteres Thema ist der standardisierte Austausch von Herstellerinformationen zu Bauteilen, um den sich derzeit verschiedene nationale und internationale Normengremien bemühen.

Wie rasch sind diese Anwendungen umsetzbar?

Die genannten Beispiele fassen die aktuelle Herausforderung der Planungsbüros zum Thema BIM anschaulich zusammen: Viele spannende Anwendungen sind im Entstehen, Teile davon lassen sich heute bereits effizient nutzen – beides Gründe, die aktuelle Entwicklung sehr nah zu verfolgen und eigene Erfahrungen zu den verschiedenen beschriebenen Verwendungsmöglichkeiten zu sammeln. Dabei ist der folgende Aspekt zu berücksichtigen: Die Anwendungen von BIM generieren Mehrwerte und einen Mehraufwand. Bei Projektbeginn muss mit dem Auftraggeber geklärt werden, ob er bereit ist, diese zu entschädigen. Im Planungsteam wiederum müssen die neuen Rollen und Verantwortlichkeiten geklärt werden.

Weitere Artikel zum Thema BIM gibt's im gleichnamigen E-Dossier.

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