75 Tun­nels, 1 Um­bau­kon­zept

Normalbauweise bei der Rhätischen Bahn

Die über ein Jahrhundert alten Tunnelbauwerke der Rhätischen Bahn müssen in den nächsten 50 Jahren instandgestellt werden. Diese gewaltige Aufgabe umfasst ein Investitionsvolumen von 15 bis 25 Mio. Franken pro Jahr und soll durch ein standardisiertes Verfahren umgesetzt werden. Das Vorgehen wurde an der HTW Chur vorgestellt.

Date de publication
23-06-2016
Revision
24-06-2016
Thomas Ekwall
MSc. EPFL Bau-Ing., MAS ETHZ Arch., Korrespondent TEC21

Die Rhätische Bahn RhB hat auf ihrem Streckennetz 115 Tunnels mit einer Gesamtlänge von 58 km zu unterhalten. Die überwiegende Mehrheit wurde von 1901 bis 1914 gebaut. Diese Bauwerke sind typischerweise einspurig, mit teilweise unverkleideten Mauern. Heute sind zwei Drittel dieser Tunnels beschädigt oder befinden sich in einem schlechten Zustand (Zustandsklasse 3 und 4). Sie müssen in den nächsten 5 bis 35 Jahren instandgesetzt werden.

Zweiter Lebensabschnitt

Weil die Tunnels nach den gleichen Normalien hergestellt wurden, gleichen sich auch die erhobenen Schadensbilder. Um Kosten zu sparen und geregelte Bauabläufe zu gewährleisten, war es für die RhB wichtig, ein standardisiertes Instandsetzungsverfahren zu entwickeln.

Solche Normalbauweisen werden vom regionalen Bahnunternehmen seit 2011 schrittweise entwickelt und an Testabschnitten auf Herz und Nieren geprüft. Auch das aktuelle Bauprojekt Glatscheratunnel auf der Albulastrecke, das bis Frühling 2017 fertiggestellt wird, dient dazu, das Baukonzept auszutesten. Urs Tanner, Bau- und Projektleiter der RhB, stellte die Massnahmen am Bau um: Der Tunnelquerschnitt wird vergrössert und mit vorgefertigte Betonelemente neu gesichert (vgl. Bildstrecke).

Kosten zwischen Instandsetzung und Neubau

Die bis ins letzte Detail durchgeplante Normalbauweise ist sehr umfangreich, garantiert aber eine Nutzungsdauer von 70 bis 100 Jahren. Die Gesamtkosten dürften dank zunehmender Erfahrung auf etwa 42'500 Fr./Lm Tunnel sinken. «Dies enspricht einem Mittelwert zwischen sanfter Instandsetzung und Tunnelneubau», sagt Karl Baumann, Leiter Infrastruktur und Kunstbauten der Rhätischen Bahn. Bereits zweimal sind sanfte Instandsetzungskonzepte realisiert worden: 2013 am Charnadüratunnel auf der Berninastrecke und 2012 am Argenteritunnels zwischen St. Moritz und Samedan. Die Kosten betrugen 20'000 bis 30'000 Fr./Lm, wobei die verlängerte Nutzungsdauer auf 25 bis 30 Jahre ausgelegt ist. Ein Tunnelneubau wie der Saasertunnel auf der Landwasserlinie (2006 realisiert) kostet dagegen 55'000 bis 65'000 Fr./Lm, bei einer Nutzungsdauer von 100 bis 125 Jahren.

Langfristig soll sich die Normalbau-Strategie lohnen: Das Infrastrukturportfolio der RhB besteht aus vielen Kurztunnels, wobei die Anzahl Baustellen auf dem Schienennetz gering zu halten sind. Gleichzeitig wird eine möglichst hohe Nutzungsdauer der Massnahmen angestrebt. Im Schnitt werden immerhin zwei bis drei Tunnels pro Jahr ertüchtigt: Nach dem Jahrhundertbauwerk am Gotthard folgt der Jahrhundertumbau an den Bahntunnels im Kanton Graubünden.

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