Viel­falt ver­sus Wir­kung?

Architektur- und Planungspreise als Instrument der Baukultur

Sensibilisieren Preise das Publikum für Baukultur? Nur intensive Medienarbeit kann verhindern, dass gerade das Echo regionaler Auszeichnungen allzu schnell verhallt.

Date de publication
16-06-2016
Revision
16-06-2016

Die Zahl der schweizerischen Architekturpreise ist beachtlich: Neben der öffentlichen Hand sind Berufsverbände, Fachpresse und Unternehmungen aktiv und zeichnen gute Architektur aus. Weiter prämieren häufig auch Hochschulen die besten Projekte ihrer Jahrgänge. Die Preise widerspiegeln vielfältige Aspekte der Baukultur. Die Prämierungskriterien variieren vom Einsatz eines bestimmten Baumaterials bis zum Städtebau. Zudem verfügt beinahe jede Region bzw. jeder Kanton über eine eigene lokale Auszeichnung. Nur in der Zentralschweiz findet sich kein Auslober, der bereit ist, gute Architektur zu sichten und zu prämieren. 

Ziele und Anerkennung 

Bei vielen Auszeichnungen geht es darum, bemerkenswerte Projekte und Beiträge zur Baukultur zu belohnen und mit der damit verbundenen Anerkennung weitere zu fördern. Vielfach jedoch werden die ausgezeichneten Bauten kaum über den engen Rahmen der Juroren und Teilnehmer hinaus bekannt, und die Aufmerksamkeit verflacht nach der Siegerbekanntgabe sehr schnell. 

Unstrittig ist, dass eine Auszeichnung den Projektverfassern Anerkennung einbringt. Ein Preisgeld muss damit nicht verbunden sein. Bei Auszeichnungen der öffentlichen Hand ist es nicht die Regel. Unternehmen und die Fachpresse sind dagegen häufig bereit, Preis­gelder auszurichten. Die grösste Belohnung stiftet zurzeit der ­«Tageslicht-Award» der Velux-Stiftung, der dem Gewinner stattliche 100 000 Franken einbringt.

Bei gleichem Ziel unterscheiden sich in der aktuellen Preislandschaft Wege und Wirkung. Nach beinahe 20 Jahren hat sich ­das ­Architekturforum Ostschweiz entschieden, auf eine Verleihung alle vier Jahre zu verzichten. 

Medienpartnerschaften statt Architekturpreise?

Stattdessen wurde in der Tagespresse eine monatliche Artikelserie zu architektonischen und städtebau­lichen Themen gestartet. Die Intention dahinter: Der stete Diskurs bringt auf die Dauer mehr als das kurze Highlight einer Preisverleihung. Architektur gehört zum All­tag und soll auch so vermittelt und wahrgenommen werden.

In der Westschweiz dagegen wird alle vier Jahre die «Distinction Romand d’Architecture» verliehen – die mit rund 250 eingereichten Beiträgen fast schon repräsentativ das Schaffen der Region aufzeigt, eine auffallend hohe Akzeptanz geniesst und von den beteiligten Fachleuten als identitätsstiftend empfunden wird.

Ein hoher Grad an öffent­licher Aufmerksamkeit unterstützt zweifellos das Ziel, durch Auszeichnung Baukultur zu fördern. In dieser Hinsicht schneidet der «Goldene Hase» der Zeitschrift «Hochparterre» besonders gut ab. Den prämierten Beträgen ist eine spürbare Resonanz in verschiedenen Medien gewiss. Breiten Kreisen wird damit gezeigt, dass Baukultur beachtens- und förderungswürdig ist. 

SIA als Stimme der Planer

Der SIA mischt mit seiner Auszeichnung «Umsicht – Regards – Sguardi» ebenfalls erfolgreich mit. Beurteilungskriterien sind dabei nicht so sehr architektonische Prägnanz und Qualität, sondern vielmehr das interdisziplinäre Zusammenspiel der Planer und eine langfristige Wertigkeit ihres Projekts. Der für alle bau- und landschaftsbezogenen Planungssparten offene Preis lädt das gesamte Spektrum der im SIA vertreten Planer zur Teilnahme ­ein, darunter viele Disziplinen, für die es bisher praktisch keine Auszeichnungen gab. Die Auszeichnung wird ­im Frühjahr 2017 zum vierten Mal Beiträge für eine «zukunftsfähigen ­Gestaltung unseres Lebensraums» würdigen. 2015 erntete die Auslandstournee der dritten Ausgabe viel positives Feedback.

Der SIA ­arbeitet daran, die Resonanz des noch jungen Preises auch innerhalb der Schweiz weiter zu verstärken. Mit rund 16 000 Mitgliedern stellt der SIA eine starke und kompetente Stimme in der Baukultur dar. Er muss sich weiterhin dafür einsetzen, die Idee und den Anspruch dieses ganzheitlich konzipierten, in dieser Form wohl einmaligen Preises nach aussen zu tragen, um damit der Baukultur sowie der interdisziplinären Arbeit des Vereins das notwendige Gewicht zu verleihen. 

Auch ein klassischer, nationaler Architekturpreis des SIA ist im Gespräch. Die Diskussion über ein sinnvolles Format, das insbesondere eine starke öffentliche Resonanz verspricht, wird auf verschiedenen Ebenen des Vereins geführt und ist noch nicht abgeschlossen.

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