Ein Pan­ora­ma zu Fens­ter und Fas­sa­den

Windays 2015

An den windays 2015 in Biel wurden die neuesten Entwicklungen rund um die Themen Fenster und Fassade aufgezeigt. Am zum siebten Mal durchgeführten Fachanlass der Schweizer Fenster- und Fassadenbranche nahmen über 300 Fachleute aus dem In- und Ausland teil.

Publikationsdatum
26-03-2015
Revision
01-09-2015

Die Branche folgt weitgehend der Entwicklung der Bautätigkeit im Inland und diese wiederum ist verknüpft mit den Entwicklungen vor allem in der EU. Heinz Karrer, Präsident von economiesuisse, skizzierte die Situation der Schweiz im internationalen Standortwettbewerb und zeigte auf, wie sehr unsere wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch das Verhältnis zur EU geprägt sind. Er betonte, dass damit verbundenen Regulierungen zielführend und Kosten-Nutzen im Gleichgewicht sein sollten und schloss seine Ausführungen mit einem Zitat von Karl Valentin: «In der Vergangenheit hat die Zukunft auch schon besser ausgesehen.»

Martin Langen von B+L Marktdaten Bonn dokumentierte mit Daten, wie Chancen und Risiken für den Fensterbau stark vom Bedarf nach neuem Wohnraum abhängen und dieser wiederum durch die Zuwanderung geprägt ist. Er zitierte zudem eine aktuelle Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) laut der die schweizerische Bauwirtschaft von der Aufwertung des Frankens in vergleichsweise geringem Umfang getroffen werde. Das heisst, die darauf zurückgehenden Auswirkungen dürften voraussichtlich geringer ausfallen als die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen.

Um die kommenden Entwicklungen im Baumarkt abzuschätzen, seien die Baubewilligungen ein wesentlicher Indikator, betonte Birgit Neubauer-Letsch von Berner Fachhochschule AHB. Diese gelten auch als wichtiger Indikator für die Beurteilung der Investitionsabsichten. 30.000 Baubewilligungen werden jährlich in der Schweiz erteilt. Zur Hälfte betrifft dies Neubauten, die übrigen 15.000 Baubewilligungen sind Anbauten, Umbauten und Sanierungen. Die Bauerneuerung belegt demnach einen beträchtlichen Teil der derzeitigen Bautätigkeit.

Glas ist nicht einfach Glas

Fenster sind in erster Linie dazu da, um Tageslicht in Räume zu bringen und einen Ausblick in die Umgebung zu ermöglichen. Der Anlass zeigte indes klar auf, dass es allein damit keineswegs getan ist. Fensterglas in seinen unterschiedlichen Qualitäten beeinflusst weit mehr als die optische Wirkung. Verbundglas weist heute hervorragende Dämmwerte in Bezug auf die Temperaturunterschiede zwischen Aussen- und Innenraum auf und gleichzeitig dienen moderne Fenstergläser und Fensterkonstruktionen einem wirksamen Schallschutz.

Die Ausführungen im (eher technischen) zweiten Teil des Anlasses drehten sich weitgehend um die genannten Ansprüche an Fassaden und vor allem an das Bauteil Fenster. So etwa ist Glas ist nicht einfach Glas, wie Markus Läubli vom schweizerischen Institut für Glas am Bau aufzeigte. Es wird unterschieden zwischen transparenten und transluziden Basisgläsern, Gläsern mit Funktions- und mit Farbbeschichtungen, vorgespannten Gläser, Verbundglas und Verbund-Sicherheitsglas, gebogenem Glas, Brandschutzverglasungen und Isolierglas. Diese Liste lässt erahnen, wie viele unterschiedliche Fenstertypen produziert werden und zur zu Wahl stehen.

Lüftung, Schallschutz und Statik

Die weiteren Präsentationen drehten sich um Lüftungsfragen, Schallschutz und die technischen Fragen bei der Konstruktion von Lüftungsflügeln. Für die Sommertauglichkeit von Gebäuden betrachtet Martin Teibinger (Holzforschung Austria, Wien) drei Faktoren als grundlegend: Die thermischen Lasten (interne und solare Einträge), die nächtliche Lüftung und die Bauweise der Gebäude. Die zunehmend grossflächiger werdenden Verglasungen der Neubauten lassen den Sonnenschutz immer wichtiger werden. Teibinger betonte, das die richtige Anwendung des Systems Verglasung und Beschattung wesentlich zu einem angenehmen Raumklima beiträgt.

Bei der Bernischen Fachhochschule AHB läuft zudem derzeit das Projekt, hinsichtlich der 2014 revidierten Eidgenössischen Lärmschutzverordnung (LSV) einen Überblick im Bereich der automatisierten Schallschutzfenster zu schaffen. Das Bundesamt für Umwelt BAFU sucht nach Lösungen für automatisch schliessende und öffnende Fenster, vor allem in Gebieten mit Fluglärm. Um den Komfort der Bewohner in betroffenen Regionen zu verbessern sollen die Fenster nachts wenn kein Fluglärm auftritt (Nachtflugverbot) automatisch öffnen und am Morgen bei Flugbeginn automatisch wieder schliessen.

Geklebte Fensterzukunft

Der Klebetechnik kommt im Bauwesen eine zunehmend grosse Rolle zu. Fassaden aus Holz-Glas- Verbundelementen (HGV) werden seit einem Jahrzehnt in Forschungs- und Entwicklungsprojekten untersucht. Peter Schober von Holzforschung Austria (Wien), Hartwig Lohse von der Firma Klebtechnik (Breitenbach D) und Marc Donzé von der BFH-AHB erläuterten diverse Systeme. Vorgestellt wurde die Entwicklung eines Holzfenstersystems mit aussen verklebter Verglasung (Donzé), die Verglasung mit Klebebändern und ihre Chancen und Leistung sowie die damit gemachten Erfahrungen ((Lohse).

Schober zeigte auf, dass es sich bei Holz-Glas-Verbundelementen um ein leistungsfähiges System handelt und wie so eine bisher ungenützte aber ohnehin vorhandene Eigenschaft von Glas aktiviert und zur Gebäudeaussteifung genutzt wird: seine statische Belastbarkeit. Diese Systeme seien nicht nur leistungsfähig sondern auch wirtschaftlich und lassen sich als alternativen zu andern Fassadensystemen einsetzen.

Neue Materialien für das Fenster der Zukunft

Mit einem Ausblick auf neue Fensterkonzepte wartete Monika Willert-Porada (Universität Bayreuth) auf. Sie betonte, dass die Fassade als Schnittstelle eines Gebäudes zur Aussenwelt einen erheblichen Beitrag zur Energieeffizienz leisten kann. Die Suche geht nach neuartigen Fenstern und Fassaden die flexibel auf Einflüsse wie Wärme, Licht, Feuchtigkeit und Lärm reagieren und damit sowohl den Energieverbrauch von Gebäuden senken wie auch einen erhöhten Komfort der Räume bewirken können. Davon sollen gemäss Willert-Porada nicht nur die Bewohner und Nutzer der Gebäude profitieren sondern ebenso die europäische Industrie welche so ihre Wettbewerbsfähigkeit weltweit durch neue Technologien, Verbundmaterialien und nachhaltig wirksame Kostenvorteile festigen könne.

Die konkrete Entwicklung obliegt einem im September 2012 begonnenen EU-Projekt HarWin das bis August 2015 läuft. Entwickelt werden neue Verglasungen auf Basis laminierter Kunststoff-Glas-Verbundmaterialien und Leichtbaurahmen aus Polymerschaum-Strukturen, die mit glasfaserverstärkten Folien in Form gebracht werden. Sogenannte PCM (Phase Change Materials) in der Verglasung sollen eine latente Wärmespeicherung möglich machen und so einen Beitrag zur Reduktion der Kühl- und Heizenergie leisten.

Ebenfalls erzielt werden sollen Einsparungen bei der Beleuchtungsenergie. Dafür kommen neuartige Gläser (LDC-Gläser, Luminescent  Down Conversion) zum Einsatz, die den UV-Anteil des Sonnenlichts in sichtbare Wellenlänge konvertieren. Die erzielbaren mechanischen, thermischen und akustischen Eigenschaften solcher Fenster-Komponenten werden mittels Simulation untersucht und auch experimentell verifiziert.

Weitere Infos und Präsentationen finden sich hier.

Die nächsten windays finden am 23. Und 24. März 2017 in Biel statt. Der Tagungsband im Format A4 und mit 111 Seiten Sachinformationen kann für Fr. 40.- beim Weiterbildungssekretariat bezogen werden wb.ahb [at] bfh.ch (wb[dot]ahb[at]bfh[dot]ch).

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