16. Ar­chi­tek­tur­bi­en­na­le: Deutsch­land

Die spannendsten Länderpavillons der diesjährigen Architekturbiennale Venedig stellen wir in kurzen Beiträgen und in loser Folge vor.

Publikationsdatum
18-06-2018
Revision
26-06-2018

Schwarze Tafeln, die den Stücken der Berliner Mauer nachempfunden sind, stellen sich dem Besucher des Deutschen Pavillons entgegen. Erst beim Betreten des Innenraums verwandelt sich ihre Geschlossenheit aus einer neuen Perspektive in Durchlässigkeit und zeigt auf den Rückseiten der Stelen Informationen zu ausgewählten Abschnitten der ehemaligen innerdeutschen Grenze. 

Imposante Blickachsen, Baulücken und Grünflächen zur Versorgung der lange Zeit eingeschlossenen Bevölkerung mit Frischluft prägen das Stadtbild seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Zusammen mit dem ehemaligen Mauerstreifen trägt die Stadt viele Narben, die im Sinn der Erinnerungskultur als Gewinn zu betrachten sind. In den 28 Jahren seit dem Mauerfall hat sich eine Vielfalt an Programmen und Nutzungen entwickelt, mit der nicht alle Anwohner einverstanden sind.

Der Reichtum an Formen, den diese Gegenden angenommen haben, bildet die intensive Debatte um ihre Bedeutung ab. Das Kuratorenteam stellt über 20 Orte entlang der deutsch-deutschen Grenze, hauptsächlich innerhalb Berlins, vor. Während so populäre Abschnitte wie der Checkpoint Charlie – der ehemalige Grenzübergang an der Friedrichstrasse – in ihrer heutigen Form als vollkommen missglückt zu betrachten sind, haben sich die Anwohner am Prenzlauer Berg mit dem Mauerpark ein eigenes Biotop geschaffen, das Besucher anzieht und sich weiterentwickelt. Der Prozess von «unbuilding walls» vollzieht sich im Stadtraum schneller als unter den Menschen. Es ist eine grosse Chance, Inhalte für den noch nicht definierten Raum anzubieten und damit die Mauern innerhalb der Gesellschaft ins Wanken zu bringen. Durch die Konfronation mit der faschistischen Architektur des Pavillons erhält die Inszenierung eine zusätzliche Eindringlichkeit.

Auftraggeber: Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat
Kuratoren: Marianne Birthler mit Lars Krückenberg, Wolfram Putz, Thomas Willemeit
von Graft Architekten
Ort: Giardini

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