Vil­la Pa­tum­bah

Publikationsdatum
30-09-2013
Revision
25-08-2015

Der mit dem Tabakanbau auf Sumatra reich gewordene Kaufmann Karl-Fürchtegott Grob-Zundel (1830–1893) liess sich von 1883 bis 1885 von den Architekten Chiodera & Tschudy und dem Landschaftsarchitekten Evariste Mertens ein traumverlorenes Paradies erschaffen.1

Nach jahrelangem Ringen wurden erst der Park und nun die Villa – seit 2006 im Besitz der eigens gegründeten Stiftung Patumbah – instandgesetzt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Pfister Schiess & Tropeano, die 2007 den Wettbewerb gewannen, haben das Haus in Begleitung der Denkmalpflege des Kantons Zürich und in minutiöser Feinarbeit mit den Restauratoren wieder in ein Bijou verwandelt.

Dessen paradiesischer Charakter widerspiegelt sich in der bühnenhaften Architektur: Was sich als Marmor gebärdet, ist in Wirklichkeit gemalte Scheinarchitektur, die sich im Innern fortsetzt, wo illusionistische Malereien Aussenräume vortäuschen. Stahlträger und Hourdisdecken verankern den Bau hingegen im realen 19. Jahrhundert. Hinter den Kulissen verbirgt sich denn auch ein disziplinenübergreifendes Räderwerk.

Chiodera, der Künstler des Duos, hatte auf seiner Italienreise 1873–1874 nicht nur die Neorenaissance kennengelernt, sondern auch den Bau von Stahlkonstruktionen – wie die Galleria Vittorio Emanuele II in Mailand. Die mit Gewölben in filigraner Stahl-Glas-Konstruktion gedeckte Passage stammte von seinem «Lehrmeister» in Italien, Giuseppe Mengoni (1829–1877). Der mochte Chiodera gelehrt haben, sich über Fachgrenzen hinwegzusetzen: Mengoni hatte erst mathematische Physik studiert, arbeitete dann bei einem Bühnenbildner, schloss 1951 ein Ingenieurstudium ab, war Assistent des Eisenbahningenieurs Jean Louis Protche (1818–1886) und studierte gleichzeitig an der Accademia di belle arti di Bologna! Chiodera seinerseits entwickelte, nachdem er 1908 seine Architektenkarriere aufgegeben hatte, ein Luftschiff und widmete sich der Malerei...

Wenn das nicht die kongeniale Hülle für ein Zentrum für Baukultur ist, wie es der Schweizer Heimatschutz in dem instandgesetzten Haus eingerichtet hat 

Anmerkung

  1. Um das Idyll nicht durch den an seinem Grundstück vorbeiführenden Streckenabschnitt der Nordostbahn trüben zu lassen, setzte er sich für dessen Untertunnelung ein und berappte sogar dessen Finanzierung mit. «[...] auf [...] Wunsch der anstossenden Grundbesitzer der Riesbacher Voreinschnitte [wurde] von der Ueberführung der Münchhaldenstrasse bis zum ehemaligen Tunnelportal, also auf eine Länge von 270m, nachträglich wieder eingewölbt [...]. Die hieraus erstehenden Mehrkosten tragen die Grundeigentümer (Villenbesitzer), wogegen das gewonnene Land in deren rechtmässigen Besitz übergeht.» Vgl. R. Moser, Die rechtsufrige Zürichseebahn von Tiefenbrunnen bis zur Einmündung in den Bahnhof Zürich, in: SBZ, 15 (1890), H. 24, S. 140–143.
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