Ein Holz­ras­ter für das ver­netz­te Trai­ning

Für einen Pavillon, der dem vernetzten Training dient, wäre eine digitale Architektur naheliegend. Der Gewinner des Studierendenwettbewerbs hat sich jedoch für einen rationalen Lowtech-Ansatz aus Holz entschieden. 

Publikationsdatum
16-11-2022

Der Universitätscampus Lausanne ist eine richtige Stadt: Mehr als 30 000 Menschen kommen täglich zum Arbeiten oder Studieren hier her. Nur einen Steinwurf vom Genfersee entfernt, in offene, baumgesäumte Flächen eingebettet, liegen auch die Gebäude der Sportanlagen. In dieser Idylle, neben zwei Sporthallen und über bestehenden Umkleidekabinen, sollte ein neues Teil im Puzzle entstehen, das der körperlichen Betätigung und der Gesundheit dient.

Das Projekt des Smart Training Pavillon soll ein breites Sportangebot umfassen und individuelles Training ermöglichen. Für die olympische Hauptstadt ist es die Gelegenheit, verbunden mit dem Programm «Health for Performance» eine persönliche Betreuung der Athletinnen und Athleten –von den Anfängern bis zur Elite – anzubieten. Das Ziel ist, traditionelle Methoden mit Spitzentechnologie zu kombinieren.

Offener Wettbewerb für Studierende

Das Raumprogramm – eine grosse, flexible Halle, ein vernetzter Fitnessraum, ein Trainingsraum mit digitalen Geräten und ein Ort für medizinische Beratung – bot eine interessante Aufgabe für die nahe Architekturfakultät. So organisierte und betreute Professor Emmanuel Rey vom Labor für Architektur und nachhaltige Technologien (LAST) 2018 einen Wettbewerb für die Studierenden der EPFL. Das Siegerprojekt sollte die Forderungen der Universität bezüglich des ökologischen Wandels und des Respekts vor der Umwelt erfüllen.

Dieser Artikel ist erschienen im Sonderheft «Stadt aus Holz – Bildungsbauten aus Holz». Weitere Artikel zum Thema Holz finden Sie in unserem digitalen Dossier.

Dieses Vorgehen ist zwar selten, aber es ist keine Ausnahme: Eine erste erfolgreiche Erfahrung wurde bereits 2015 gemacht, als das LAST den Wettbewerb für den Point Vélo der EPFL betreute, der ähnliche Nachhaltigkeitsziele umfassen und aus Massivholz gefertigt sein sollte. Auch diesmal waren die Wettbewerbsprojekte für den Smart Training Pavillon eine Gelegenheit zum Experimentieren, es wurden aber unterschiedliche Materialvorschläge gemacht: Metallstruktur, Stampflehm oder Beton. Letztendlich wurde eine Tragstruktur aus kreuzförmigen Holzpfosten gewählt, die ein Gitter aus Holzbalken tragen. Die Hülle besteht aus einer Glasfassade, die mit festen Holzlamellen hinterlegt ist. Bereits in der Wettbewerbsphase bestand die Besonderheit darin, dass Tiefe, Abstand und Winkel der Lamellen je nach Ausrichtung der Fassaden variabel waren, um die beste Lösung für die natürliche Belichtung, den Sonnenschutz und den Sichtbezug nach draussen zu finden.

Ein Raster von 1.5 m × 1.5 m

Die Entwicklung des Projekts ging dann aus einem Wettbewerbsresultat hervor, dessen Gewinner Martin Handley, Yann Junod und Nicola Schürch sich auch als Architekten zusammen mit LAST an der Realisierung beteiligten.

Die klare Struktur besteht aus einem Raster von 1.5 m × 1.5 m, Stützen aus Furnierschichtholz, die ein Gitter aus Brettschichtholz tragen. Die Stützen sind aus Buchenholz und das Gitter aus Weisstanne. Zierleisten aus Weisstanne mit einer natürlichen Vorvergrauungslasur verfeinern die scheinbare Einfachheit der Primärstruktur der Fassade. Im Süden sind die Lamellen horizontal angebracht und dienen als Sonnenschutz. Im Norden sind sie vertikal ausgerichtet, als ein Filter zwischen den Nutzenden der Sportanlage und den vorbeigehenden Studierenden. Die meisten Elemente wurden in der Werkstatt vorgefertigt und dann vor Ort montiert.

Tektonischer Ausdruck im Dienst der Einfachheit

Die Verbindung zwischen kreuzförmigen Stützen und Dachgitter ist interessant. Die horizontalen Holzpaneele wurden auf der Achse der Vertikalträger aufgedoppelt, damit diese in die Decke eingreifen. Die quadratischen Leuchten, die kleiner sind als der Raster, sind bündig auf der Gitteroberfläche angebracht. Die demontierbaren, an den Ecken abgerundeten Wände der Beratungsräume heben sich so von der Decke ab. Diese Gestaltung erzeugt einen fliessenden Raum, der nur durch die interaktiv gesteuerten Geräte und die virtuellen Übungsbereiche moduliert wird.

Der neue Pavillon, voller digitaler Innovationen im Sportbereich, hätte wohl eine technisch hochvernetzte Architektur erwarten lassen: Dennoch ist es gerade dieser präzise und bescheidene Lowtech-Ansatz, der das Projekt so selbstverständlich macht.

AM BAU BETEILIGTE


Bauherrschaft:
Direction générale de l’enseignement supérieur (DGES), Direction générale des immeubles et du patrimoine (DGIP), Universität Lausanne (UNIL)

Architektur:
Martin Handley, Yann Junod, Nicola Schürch (Architekturschaffende EPFL), Lausanne

Begleitung:
LAST EPFL, Lausanne

Statikplanung:
Kälin & Associés, Lausanne

Holzkonstruktion:
JPF-Ducret, Bulle

 

Gebäude

Nutzfläche/Volumen: 596 m2 / 3390 m3

Nettonutzfläche: 571 m2

Label:
Minergie; Zertifikat ­Herkunftszeichen Schweizer Holz; entspricht Vorgaben ­Minergie-P-Eco, ohne mechanische Lüftung

 

Holz und Konstruktion

Holz:
Brettschichtholz aus COBS-Fichte (Schweiz), Furnierschichtholz aus
«BauBuche» (Deutschland)

Fassade Holz: 660 m2

Dreischichtplatten: 1500 m2 Decke/Wände

 

Daten und Kosten

Konstruktion: Juli 2020 – April 2021

Fabrikation/Aufrichten Module: 10 Wochen

Baukosten (BKP 1-9): 2 Mio CHF

Kosten Holz: 917 000 CHF

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