SIA: Pla­ner blei­ben ge­las­sen

Geschäftsaussichten der Planungsbranche im 3. Quartal 2015

Den Frankenschock hat die Schweizer Wirtschaft noch nicht ganz verdaut. Der Projektierungssektor zeigt sich davon grösstenteils unbeeindruckt, wobei die Architekten zuversichtlicher sind als die Ingenieure.

Publikationsdatum
10-09-2015
Revision
05-11-2015

Die Schweizer Wirtschaft hat sich noch nicht an die neuen Verhältnisse seit Aufhebung der Franken-Untergrenze angepasst. Obwohl der sogenannte KMU-Exportindikator der Credit Suisse eine steigende ausländische Nachfrage anzeigt, kommt die Nachfrage in­folge der Wechselkurssituation nur abgeschwächt in der Schweiz an. Die Perspektiven befinden sich auf einem Rekordtief: Nur mehr rund ein Viertel der befragten KMU erwartet fürs aktuelle Quartal einen Exportzuwachs. In sieben von acht Sektoren rechnen Unternehmen mit sinkenden Ausfuhren. Den deutlichsten Rückgang erwartet der Pharma- und Chemiesektor. Im Gegensatz zum export­orientierten Gewerbe bleibt der Binnensektor vorderhand stabil. 

Preisrückgang stärkt Kaufkraft

Dank der Frankenstärke hat die Kaufkraft zugenommen: So lagen zur Jahresmitte die Preise für den Import von Erdöl und Erdgas um mehr als 30% tiefer als zwölf Mo­nate zuvor. Einfuhrpreise für Eisen und Stahl sanken im gleichen Zeitraum um 20%, was Kostenersparnisse für Bau-, aber auch Industriebe­triebe bedeutet. Die vom Bundesamt für Statistik (BfS) erhobenen Bau­preise sind in der ersten Jahres­hälfte 2015 gegenüber dem Vorjahr um 0.9% gesunken. Der Zürcher ­Index der Wohnbaupreise ist zwischen April 2014 und April 2015 um 1.2% gesunken und hat den Stand von 101.0 Punkten erreicht (Basis April 2010 = 100). Im Jahr zuvor waren die Wohnbaupreise noch um 0.5% gestiegen.

Bauwirtschaft noch robust

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) rechnet nach der seit 2013 zu beobachtenden Abflachung des Wachstums mit einem leichten Rückgang der Bauinvestitionen. Die Bautätigkeit, aber auch der Arbeitsvorrat und die Auftragseingänge gehen zurück. Sowohl das SECO als auch das Baublatt vermerken jedoch in ihren Analysen, dass sich der Auftragsbestand immer noch auf «hohem» (SECO) bzw. «komfortablem» (Baublatt) Niveau befindet. Dennoch mehren sich Anzeichen einer teilweise deutlichen Konjunkturabschwächung im Bausektor. Der KOF-Baublatt-Indikator tendiert 2015 nach unten und prognostiziert für Beginn des Jahres 2016 einen deutlichen Rückgang.

Architekten optimistischer als Ingenieure

Dieser Befund gilt insgesamt auch für den Projektierungssektor, wie die aktuellen Ergebnisse der quartalsweise durchgeführten Umfrage der Konjunkturforschungsstelle an der ETH (KOF) zeigen. Demgemäss schätzen noch immer rund 50% der befragten Büros die momentane Geschäftslage als gut ein. In den Jahren 2012 und 2013 resultierten regelmässig Werte von über 60%; Anfang 2014 sanken diese erstmals seit 2011 wieder unter die Marke von 60% und erreichten Ende 2014 Werte von 50%. Für das nächste halbe Jahr rechnen zwar sowohl Architekten wie auch Ingenieure mit einer Verbesserung, dennoch werden auch Stimmen laut, die über eine schwächere Nachfrage berichten. 

Die Einschätzung des Auftragsbestands fällt sehr heterogen aus: So geht ungefähr ein Sechstel der Büros von einer Verbesserung und fast der gleiche Anteil von einer Verschlechterung aus. Wie in den vergangenen Monaten sind es auch in dieser Umfrage die Ingenieure, die weniger zuversichtlich in die Zukunft blicken. Sie fürchten sinkende Honorare und beklagen nach wie vor das Fehlen qualifizierter Fachkräfte.

Gefragte Wohnbauten 

Die gebremste Entwicklung im Projektierungssektor kann laut KOF auf die schwache Beurteilung der Bausummen zurückzuführen sein. Offenbar ist der saisonbereinigte Wert im Vergleich zum Vorquartal deutlich gesunken. So äussert sich ein Viertel der Büros negativ zur Entwicklung im industriell-gewerblichen Sektor, was sich wie ein roter Faden durch die Umfrageerhebungen der letzten Monate zieht. Aber auch die Bausummen der öffent­lichen Hand geben deutlich nach: Etwa ein Viertel der Büros berichtet über einen Rückgang. Dagegen melden die Architekten einen weiterhin regen Wohnungsbau, dessen Volumen wohl die Rückgänge in den anderen Bereichen zu einem guten Teil kompensiert.

Steigt die Gefahr einer Immobilienblase? 

Die anhaltend gute Gesamtlage im Bau- und Projektierungssektor ist auf das Tiefzinsumfeld zurückzuführen, das für Investoren trotz drohender Überproduktion hohe Anreize schafft, Mietwohnungen zu planen und zu realisieren. So ist im August die langfristige Finanzierung von Wohneigentum erneut günstiger geworden. Gemäss dem UBS Swiss Real Estate Bubble Index gilt nun sogar Appenzell Innerrhoden, wo die Preise in den letzten zehn Jahren um fast 70 % angestiegen sind, als Region mit erhöhtem Korrekturpotenzial. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat in ihrem Bericht zur Finanzstabilität schon vor zwei Monaten klar gemacht: Der weitere Zinsrückgang seit Januar 2015 erhöht das Risiko, dass die Ungleichgewichte auf dem Hypothekar- und Wohnimmobilienmarkt weiter wachsen. Die zunehmende Risikobereitschaft von Investoren könnte den Hypothekar- und Immobilienmarkt also belasten, sollte sich das Zinsgefüge dereinst verändern.

Die SNB beobachtet Investoren und Banken

Zum einen könnte die zusätzliche Nachfrage von Investoren insbesondere nach Wohnrenditeliegenschaften die Preise weiter nach oben treiben. Die SNB will deshalb diese Investorensegmente verstärkt unter die Lupe nehmen. Nebst Pensionskassen und anderen institutionellen Investoren gehören dazu auch Kapitalgesellschaften, die teilweise an eher schlechten Lagen in der Schweiz grosse Projekte realisieren. Zum ­anderen schafft nach Ansicht der SNB das beispiellose Zinsumfeld zusätzliche Anreize für die Banken, höhere Zins- und Kreditrisiken einzugehen. Das aber würde die Banken gegenüber substanziellen Zinsschocks und einer Preiskorrektur auf dem Hypothekar- und Immobilienmarkt verwundbar machen. Die SNB will nötigenfalls Massnahmen zur Anpassung des antizyklischen Kapitalpuffers ergreifen. 


Die Konjunkturumfrage der ETH-Konjunkturforschungsstelle (KOF) für den Projektierungssektor ist eine Befragung von freiwillig teilnehmenden Schweizer Architektur- und Ingenieurbüros. Die Fragebögen bestehen aus Einschätzungen hinsichtlich der jüngst vergangenen, gegenwärtigen und künftigen Geschäftsaktivitäten. Wer an der Umfrage teilnehmen möchte, kann den Fragebogen online unter http://survey.kof.ethz.ch beantworten. Weitere Infos: www.kof.ethz.ch

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