Nachhaltige Stadt-Land-Ökosysteme
Zukunftsfähige Stadtplanung
In Einklang bringen, wiederbeleben, aufwerten: Vier Module des Future Cities Laboratory erforschen die komplexen Abhängigkeiten zwischen Städten und dem Hinterland, das sie ernährt.
Das Ziel von FCL Global, nachhaltige Lösungen für Urbanisierung, Ressourcenmanagement und Nahrungsmittelproduktion zu entwickeln, bedingt einen interdisziplinären Ansatz, der die Wechselwirkungen zwischen den Dimensionen der Nachhaltigkeit einerseits und den Interdependenzen zwischen Stadt, Land und Natur andererseits berücksichtigt.
Gesünder und widerstandsfähiger
Das Modul Comparative Ecology of Cities (CEC) basiert auf den Disziplinen Stadtökologie und Stadtsystemwissenschaften. Es untersucht die Beziehungen zwischen Mustern, Prozessen und Funktionen in fünf wichtigen städtischen Funktionen:
- Biodiversität: Die Beziehung zwischen den Mustern städtischer Elemente und der Biodiversität wird untersucht; es wird aufgezeigt, dass eine gute Integration von baulichen Elementen und Landschaft die Artenvielfalt erhöhen kann, und belegt, dass der Erhalt der Biodiversität und städtisches Wachstum nebeneinander bestehen können und sollten.
- Klima und Energie: Städte verursachen einen hohen Energieverbrauch und hohe Emissionen. Die Forschung zeigt, dass massgeschneiderte Strategien für die Stadtbegrünung die Klimaresilienz und die energetische Nachhaltigkeit verbessern und den städtischen Wärmeinseleffekt verringern können.
- Sozioökonomie: Die Beziehung zwischen städtischen Strukturen und lokaler wirtschaftlicher Dynamik wird analysiert, mit dem Ziel, einen Beitrag zur Gestaltung ökologisch nachhaltiger und wirtschaftlich widerstandsfähiger städtischer Gebiete zu leisten.
- Gesundheit: Aufgezeigt wird die Bedeutung der Baumkronenkonfiguration bei der Schaffung gesünderer und widerstandsfähigerer Grün- und Lebensräume; dies geht über die reine Vergrösserung der Baumkronen hinaus.
- Hydrologie: Thematisiert wird das durch die Auswirkungen des Klimawandels und des Städtewachstums erhöhte Überschwemmungsrisiko in Städten. Stadtplanerinnen und Entscheidungsträgern werden Handlungsanweisungen zur Anpassung von Gestaltungsrichtlinien geliefert, die die Hochwasser-Resilienz der Städte erhöhen.
Skalierung und Multi-Stress-Perspektive
Die Widerstandsfähigkeit gegen Überschwemmungen ist auch ein Kernthema im Modul Sea-City-Interface (SEA). Die flachen Küstengebiete umfassen nur 2% der Erdoberfläche, aber 13% der Weltbevölkerung. 350 bis 400 Millionen Menschen leben dort in etwa 40 Megastädten. Diese Megastädte stehen unter einer Vielzahl von Belastungen.
Naturbasierte oder blau-grüne Infrastrukturlösungen sind eine anerkannte Massnahme zur Verringerung des urbanen Stresses, aber zwei Fragen bleiben offen: Sind diese Ansätze skalierbar? Wie können wir sie in einer Multi-Stress-Perspektive betrachten? Das Modul untersucht ganzheitlich, wie städtische Küstengebiete den zunehmend intensiveren Klimaveränderungen wie Hitze, Wind, Überschwemmungen und dem Anstieg des Meeresspiegels ausgesetzt sind und wie sie sich daran anpassen können.
Da es sich bei Küstenstädten in der Regel um Gebiete mit geringem Gefälle handelt, können starke Regenfälle zu Überschwemmungen führen. SEA quantifiziert die Zusammenhänge, indem es zur Vorhersage und Risikoabschätzung von Überschwemmungsgebieten Satellitenniederschlagsdaten mit hochauflösender städtischer Topografie und zweidimensionaler Abflussmodellierung kombiniert. Grünflächen sind sowohl für die Regenwasserregulierung als auch für die Temperatursenkung von Vorteil.
Durch Analyse der Hitzeexposition soll die Forschung erhellen, wie Strategien für die Stadtgestaltung den zunehmenden Hitzestress eindämmen können. Da das thermische Wohlbefinden im Freien auch von der Geschwindigkeit der Luftströmung abhängt, wird mit Hilfe von Architekturbüros untersucht, wie die gebaute Umwelt die Windgeschwindigkeit reduzieren kann. Ziel ist es, Entscheidungsträgerinnen in Küstenstädten eine Grundlage zu bieten, um jene Risiken zu priorisieren, denen sie in Zukunft am stärksten ausgesetzt sein werden und die potenziell die grössten Auswirkungen haben – und so die Verwundbarkeit zu vermindern.
Nachhaltige Lebensmittelproduktion
Die Forschung des Moduls Agropolitan Territories of Monsoon Asia (AGR) ist an der Schnittstelle zwischen Urbanisierung und Landwirtschaft angesiedelt. Die industrielle Landwirtschaft ist für rund 80% der weltweiten Entwaldung und etwa 70% der weltweiten Süsswasserentnahme verantwortlich; mehr als 33% der Böden der Welt gelten aufgrund von intensiver Landwirtschaft, Entwaldung und Überweidung als degradiert.
Die industrielle Landwirtschaft ist aus dem globalen, linearen Nahrungsmittelsystem hervorgegangen und dient diesem. Sie hat uns in eine katastrophale Lage gebracht, in der die ungleiche Verteilung der Vorteile und der Auswirkungen auf die Umwelt die sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten verschärft – und genau jenes Problem der Ernährungsunsicherheit zementiert, das sie zu lösen versuchte.
Im Gegensatz dazu integriert die Agrarökologie ökologische Grundsätze in die Landwirtschaft und verbindet traditionelles Wissen mit wissenschaftlich-technischem Fortschritt, um nachhaltige und widerstandsfähige Nahrungsmittelsysteme zu schaffen. Die Umstellung von der industriellen Landwirtschaft auf die Agrarökologie erfordert jedoch koordinierte Anstrengungen auf anderen Ebenen des Systems, einschliesslich Wirtschaft, Raumplanung und Urbanisierung.
Die Forschung zielt darauf ab, die Beziehung zwischen Landwirtschaft und Urbanisierung zu überdenken und neu zu gestalten. Wie sieht die Zukunft der vielfältigen landwirtschaftlichen Gebiete aus, die die Städte unterstützen? Wie planen wir agropolitane Regionen, die durch eine sensible Politikgestaltung, Infrastrukturplanung und Siedlungsgestaltung eine gesunde Ökologie, robuste Volkswirtschaften und widerstandsfähige Gemeinschaften unterstützen?
Gestaltung eines nachhaltigen Agri-Urbanismus
Das «Urbane» und das «Rurale» wurden lange Zeit als getrennte Fachgebiete mit unterschiedlichen disziplinären Ansätzen behandelt. Die Verstädterung erfasst heute jedoch weltweit immer grössere Gebiete, was einen Paradigmenwechsel und eine kritische Reflexion im Sinne des Konzepts der planetaren Urbanisierung erfordert: Während auf der einen Seite die «konzentrierte Urbanisierung» grosse Agglomerationen hervorbringt, die sich auf das oft weit entfernte Hinterland auswirken, transformiert auf der anderen Seite die «ausgedehnte Urbanisierung» einen immer grösseren Teil der vorwiegend landwirtschaftlich genutzten Peripherien. Diese Räume stehen heute im Mittelpunkt der Klimakrise, der Biodiversitätskrise und des absehbaren erheblichen Rückgangs der landwirtschaftlichen Erträge.
Das Modul New Urban Agendas under Planetary Urbanisation (NEW) untersucht die Zukunft der ausgedehnten Urbanisierung in landwirtschaftlich geprägten Gebieten und befasst sich mit der Gestaltung von agrarökologischen Territorien. Erstes Ziel ist ein besseres Verständnis der urbanen Transformationen von landwirtschaftlichen Regionen. Zweites Ziel ist die Entwicklung beispielhafter grossräumiger Gestaltungsvorschläge und neuer Governance-Strategien für einen «Agri-Urbanismus», die auf den Prinzipien der Agrarökologie und der nachhaltigen Stadtentwicklung basieren.
Dieser territoriale Gestaltungsprozess dient als Plattform für die Synthese und die Integration von Wissen, um praktische Lösungen in miteinander verknüpften Disziplinen zu entwickeln. Das Forschungsprojekt erstellt einen vergleichenden Überblick über fünf Fallstudien in Europa und Asien und schlägt neue Landschaftstypologien vor. Der interdisziplinäre Design-Cluster «Agrarökologisches Design für die Region Zürich» erstellt eine kartografische Synthese des Agrargebiets Zürich und unterbreitet neue Design- und Governance-Vorschläge.
CEC Comparative Ecology of Cities
Prof. Dr. Paolo Burlando
Assoc. Prof. Dr. Tan Puay Yok
SEA The Sea-City Interface
Prof. Dr. Peter Molnar
Assoc. Prof. Dr. Rudi Stouffs
AGR Agropolitan Territories of Monsoon AsiaProf. Dr. Stephen Cairns
Dieser Artikel ist im Sonderheft Future Cities Laboratory erschienen. Weitere Beiträge finden Sie auch in unserem digitalen Dossier.