Holz­bau im Hö­hen­rausch

Internationales Holzbau-Forum IHF 2017

Was bringt die Zukunft im Holzbau? Akteure aus Wissenschaft und Baupraxis zeigten sich am IHF 2017 in Garmisch optimistisch und diskutierten grosse Ideen.

Publikationsdatum
17-12-2017
Revision
08-05-2018
Viola John
Redaktorin TEC21 / Konstruktion und nachhaltiges Bauen

Vom 6. bis 8. Dezember fanden sich in Garmisch-Partenkirchen knapp 1700 interessierte Teilnehmer zum Forum Holzbau 2017 ein. Der Kongress diente Fachleuten aus Architektur, Ingenieurwesen, Fertighaus- und Holzbau als Treffpunkt, um Geschäftskontakte zu pflegen und auszubauen. Gleichzeitig bot die Veranstaltung spannende und thematisch vielfältige Vorträge. Erörtert wurden unter anderem aktuelle Entwicklungen am Markt und in der Holzforschung. Ergänzend wurden Leuchtturmprojekte aus der Praxis vorgestellt.

Wie wird sich der Immobilienmarkt in Zukunft entwickeln? Diese Frage wurde gleich zum Auftakt des Kongresses gestellt und beantwortet: Die grössten Potenziale bei der Wohnungsbauentwicklung sind derzeit in Frankreich, Grossbritannien, Deutschland und Polen zu erwarten, wobei es in Grossbritannien und Deutschland in den kommenden Jahren wahrscheinlich einen Rückgang an Baugenehmigungen geben wird. Der Wohnbau wird sich in Deutschland und Österreich aber voraussichtlich auch noch im Jahr 2020 positiv entwickeln, während in der Schweiz die Bauinvestitionen in diesem Bereich bereits heute rückläufig sind. Der Trend geht dahin, weniger Einfamilienhäuser und stattdessen immer öfter Mehrfamilienhäuser für den Bau zu genehmigen. Beim Nichtwohnbau wird sich das Wachstum der Bauinvestitionen in Westeuropa ab 2018 verlangsamen und auf Wachstumsraten von unter 1% zurückfallen.1

Für den Holzbau hat dies unter anderem zur Folge, dass Neubauten in grösseren Dimensionen gedacht werden müssen als bisher: Holzhochhäuser und Grossstrukturen aus Holz werden wichtiger, um im Wettbewerb um Neubauprojekte bestehen zu können. Der mehrgeschossige Holzbau hat sich in vielen Ländern bereits als Standard etabliert. Momentan wetteifern diese weltweit darum, wer das höchste Holzhochhaus bauen kann. Dabei führen ganz unterschiedliche Bauweisen zum jeweiligen Erfolg. Vorherrschend ist die Modulbauweise in Holz, aber auch Hybridkonstruktionen (beispielsweise Holz-Beton-Verbundsysteme) kommen zum Einsatz. Unsere Bildergalerie zeigt ein paar aktuelle Beispiele.

Aber können kleine Holzbauunternehmen solche grossen Projekte überhaupt realisieren? Fachleute sagen ja, denn durch die zunehmende Digitalisierung im Holzbau und das Building Information Modelling (BIM) würden ganz neue Netzwerke der Zusammenarbeit möglich.2 Parametrische Planung und Programmierung ersetzten zunehmend das Zeichnen und Modellieren. Einig waren sich die Vortragenden auch darin, dass der Holzfertigbau optimale Voraussetzungen bietet, um Grossprojekte zügig und qualitativ hochwertig umzusetzen. Vorfertigung sei bereits ein etabliertes Verfahren im Holzbau, und auch die digitale Fabrikation sei vielerorts schon Alltag. So entstehe zunehmend eine Kultur, in der alle Beteiligten etwas zum gemeinsamen Projekt beitragen könnten. Architekten, Ingenieure und Fachplaner rückten so enger zusammen. Die Holzfachplaner betonten allerdings mehrfach, der BIM-Koordinator solle idealerweise immer im Holzbauunternehmen verortet sein. Denn nur dort laufe die entsprechende Fachkompetenz aller Abläufe und Normen sowie der 3-D-Modellierung zusammen.

In den Diskussionen kam zum Ausdruck, wie wichtig es sei, dass Holzbauplaner die sich abzeichnenden Entwicklungen erkennen und sich am Markt neu aufstellen. Erfolgreich würden in Zukunft nur jene Unternehmen sein, die Kompetenzen im grossmassstäblichen und seriellen Holzbau vorweisen könnten – wer zu langsam reagiere, könne als Zulieferer enden.

Die gute Nachricht: Wer den Sprung nicht schafft, kann sich laut Prognosen dennoch über Aufträge freuen. Die Neubautätigkeit wird tendenziell in den nächsten Jahren eher abnehmen. Das schafft bei Holzfachplanern und Handwerkern wieder Kapazitäten für Sanierungsanfragen. Und diese sind ohnehin zahlreicher vorhanden als die Angebote für neue, grosse Leuchtturmprojekte.       

Anmerkungen
1 M. Langen, Holzbaupotenziale 2020: Was ist vom Neubau zu erwarten? IHF 2017.
2 R. Berger: Hausbau einfach gemacht: Ich AG – Holzbauplaner – Elementproduzent – neue Netzwerke entstehen. IHF 2017.
 

Weitere Beiträge zum Thema Holzbau finden Sie in unserem E-Dossier.

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