Haet­ten­schwei­ler von A bis Z

In der Region Zug begegnet man dem Werk des Schriftgestalters, Grafikers und Künstlers Walter F. Haettenschweiler (1933–2014) auf Schritt und Tritt: Seine Logos für die Confiserie Speck oder das Bauunternehmen Risi prägen noch heute den Stadtraum. Das Museum für Gestaltung in Zürich widmet dem charismatischen Zuger Gestalter nun eine sorgfältig kuratierte Werkschau.

Publikationsdatum
15-11-2022

Die Kuratorin Barbara Junod fächert Haettenschweilers reiches Oeuvre in sieben Kapitel auf – von der Briefmarke bis zu Kunst-am-Bau-Projekten. Den Auftakt bilden 56 grossformatige, auf die Wand im Foyer des Toni-Areals applizierte Logos, die einen ersten Vorgeschmack auf seine Produktivität geben. Die Schau selbst setzt ein mit «Die frühen Jahre»: Neben Haettenschweilers Biografie erfährt man hier anhand seiner frühesten Arbeiten von seiner Grafikausbildung an der Kunstgewerbeschule Zürich in den 1950er-Jahren. Dort studierte er unter anderem bei Ernst Keller, einem der Väter des Swiss Styles.

Schriften zwischen Kunst und Kommerz

Nach diesem Prolog tauchen die Besucher:innen in Haettenschweilers Schriftentwürfe ein, die hier als überwältigendes, schwarzweisses Universum präsentiert werden. Im Zentrum von «Die Schriften» stehen seine mit Armin Haab herausgegebenen «Lettera»-Bände mit eigenen und neu aufgelegten Schriftentwürfen. Die Erfolgsgeschichte der vier Bände, die von 1954 bis 1972 im Niggli Verlag erschienen sind, nahm ihren Anfang im Atelier des Fotografen Haab.

Dieser liess seine Fotomappen vom Grafiker Alex Stocker beschriften, der die Typografie individuell auf den Inhalt der Mappen abstimmen sollte. Unterstützend wirkte hier auch der junge Haettenschweiler. Die charaktervollen Beschriftungen weckten schnell das Interesse des Verlegers Arthur Niggli. So entstand der erste Band mit Schriftentwürfen – darunter Haettenschweilers «Schmalfette Grotesk». Bereits als Grafikstudent an der Kunstgewerbeschule Zürich hatte er diese Schrift entworfen. Jahrzehnte später griff Microsoft sie auf und machte sie als Systemschrift auf jedem PC verfügbar. Die «Lettera»-Bände mit ihren fantasievollen Titelschriften stiessen auf grosse Nachfrage: Kultmagazine wie Twen verwendeten die Schriften und auch viele Plattencovers, Plakate oder Buchumschläge wurden damit bestückt.

Die Schriftgestaltung brachte Haettenschweiler zwar internationales Renommee, aber kein geregeltes Einkommen. Entsprechend verdiente er den Lebensunterhalt für seine siebenköpfige Familie primär mit Auftragsgrafik, die neben seinen Schriften das Herzstück der Schau bildet: «Die Auftragsgrafik» konzentriert sich auf seine rund 50-jährige Tätigkeit in seinem Studio für Werbung und Design, wo er über 160 regionale und internationale Kunden aus Industrie, Gewerbe, Dienstleistung, Kultur und Gastronomie bediente.

Von corporate design bis zu Kunst am Bau

Ein wichtiger Auftraggeber war etwa Multiforsa, eine etablierte Marke für Tiernahrung sowie Nahrungsmittelergänzung. Für seine Kunden schuf er unzählige Erscheinungsbilder mit einprägsamen Logos und Signeten sowie Werbedrucksachen, Verpackungen, Messestände, Raumgestaltungen und Orientierungssysteme. Aber auch verschiedene Briefmarkenentwürfe für die Schweizer Post stammten von Haettenschweiler, die er dank Wettbewerben realisieren konnte.

Ein weiteres Standbein schuf er sich ab Anfang der 1970er-Jahre in den Bereichen Signaletik, Farbgebung, Raumgestaltung oder Kunst am Bau. Mittels Beamer projizierte Fotografien geben in «Sekundärarchitektur und Kunst am Bau» Einblick in dieses dreidimensionale Betätigungsfeld. Wichtige Beispiele in Zug sind das Schulhaus Herti mit seinen Wandmalereien und Piktogrammen (1975) oder das Verwaltungsgebäude der Marc Rich + Co. mit ihrer Signaletik und Farbgestaltung der frühen 1980er-Jahre.

Ausstellung mit Ateliercharakter

Als Abschluss der Ausstellung werfen die Kapitel «Das Atelier sowie Kunst und Allerlei» einen sehr persönlichen Blick auf Haettenschweiler: Ehemalige Lehrlinge erzählen in Filminterviews vom Arbeitsalltag, in einer Nische angeordnete Werkzeuge oder Entwurfsmuster erwecken das Atelier des Gestalters zu neuem Leben. Zu sehen ist auch eine kleine Auswahl seiner künstlerischen Arbeiten wie Zeichnungen von Alltagsszenen, Landschaftsgemälde sowie Druckgrafiken und Plastiken. Teil des letzten Bereiches ist auch «Die Logo-Werkstatt», in dem junge und ältere Besucher:innen selbst experimentieren können.

Gekonnt ging die Kuratorin Barbara Junod damit um, teils kleinste Exponate wie Buchstabenentwürfe oder Visitenkarten ansprechend zu inszenieren und kontextualisieren. Gut nachvollziehbar werden die Entstehung seiner Lettern, Grafiken und Logos von der Inspirationsquelle bis hin zum fertigen Resultat mit originalen Exponaten aus dem umfangreichen Fundus dokumentiert.

Wer nach der Ausstellung Lust auf mehr hat, sollte im kommenden Frühjahr nach Zug reisen: Dort wird rund um den Postplatz vom 9. bis zum 19. März die Schau «Universum Haetti. Eine Hommage an Walter F. Haettenschweiler» zu sehen sein, organisiert von seiner Tochter Sasha Haettenschweiler. Ziel ist, den Gestalter vor allem als Person und als Stadtoriginal zu zeigen. Unter anderem sind Rauminszenierungen, Soundinstallationen, Banner sowie Plakate geplant. Ein analoger und ein digitaler Stadtplan mit Haettenschweilers darin verzeichneten Werken ergänzt die Aktion.

Die Ausstellung «Haettenschweiler von A bis Z – Schriftgestalter, Grafiker und Künstler» im Museum für Gestaltung auf dem Toni-Areal in Zürich läuft noch bis zum 19. Februar 2023.


Weitere Infos: museum-gestaltung.ch/de/ausstellung/haettenschweiler-a-z

 

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