Das Ver­bor­ge­ne sicht­bar ge­macht

Mit ihrer aktuellen Ausstellung «Continent» reagiert die kroatische Künstlerin Dora Budor auf die Architektur des Kunsthauses Bregenz. Wieder einmal zeigt sich, wie anregend der inzwischen 25-jährige Bau von Peter Zumthor ist und wie bereitwillig er zur Abbildung künstlerischer Positionen beiträgt.

Publikationsdatum
29-03-2022

Genau das sollte Kunst tun: Irritieren, Unsichtbares an die Oberfläche holen und in neue Zusammenhänge stellen, ortsspezifisch eingreifen, Denkprozesse auslösen, die Sinne reizen. Die Interventionen von Dora Budor vermögen all das und sind dabei – trotz aller Tiefe – nicht frei von Schönheit und Humor. Allerhand!

Für ihre Ausstellung im Kunsthaus Bregenz hat Dora Budor hinter die glatten Oberflächen, in den Untergrund, in die Zwischenräume des Gebäudes geblickt. An den Schlitzwänden, die das Gebäude im Erdreich von eindringendem Wasser schützen, führt ein schmaler umlaufender Revisionsgang entlang. Die Künstlerin hat ihn abgeschritten und die Wandoberflächen mit Latex abgegossen. Diese Abdrücke haften nun an grauen Wandscheiben, aufgebaut aus geschredderten Akten des Museums, im ersten Geschoss und zeichnen die Fundamente auf einer abstrakten Ebene nach.

Geräusche der Lüftungsanlage, in die sie Objekte als Widerstände eingelegt hat, durchziehen jetzt die zweite Etage. Etwas, das man sonst mit grossem Aufwand zu vermeiden sucht, greift sich akustisch Raum. Dass die Museumsbar, ausgelagert in ein eigenes Gebäude vor dem Ausstellungshaus, trotzdem Teil der Anlage ist, machen vermeintliche Pucks spürbar, die über den Boden verteilt sind. Es ist der Kaffeesatz der letzten Wochen, der das Koffein, das die Gäste aufgenommen und mit dem sie sich im Museum bewegt haben, in Erinnerung ruft– getragen von einer Energie, wie sie den Hockeysport kennzeichnet. Im Raum treten sie mit den Halterungen der Glaspaneele, die gegen das Licht als dunkle Punkte erscheinen, in eine bizarre Zwiesprache.

In den fast leeren Räumen und auch in der näheren Umgebung des Museums gibt es viel zu entdecken. Die Manipulationen durch Dora Budor sind subtil und dringen ins Unterbewusstsein ein, bevor man sich ihrer gewahr ist. Nicht zuletzt verführen sie den Besuchenden zu einem frischen Blick auf das Gebäude.

Die Ausstellung «Continent» ist noch bis 26. Juni 2022 im Kunsthaus Bregenz zu sehen.

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