Das Au­ge der Si­cher­heit

Revision
13-01-2016

Als ich kürzlich in Marseille war, sind mir die vielen Kameras aufgefallen, mit denen der öffentliche Raum dort observiert wird. Sie sollen Falschparkern und Rasern das Hand­werk legen und so den Verkehr flüssiger machen. In vielen Städten hat sich die Anzahl der Kameras in den ­letzten drei Jahren verdoppelt. Befürworter meinen, jede sei das Auge eines Polizei­beamten. Die meisten Kameras sind staatlich, und das Überwachungspersonal ist amtlich beglaubigt.

Doch wie anderswo mehren sich auch in Marseille die kritischen Stimmen, es regt sich Widerstand gegen diese Art von Überwachungsstaat: Auf einer Website werden sämtliche Kameras lokalisiert und mit Besitzer aufgeführt sowie Meldungen zur «vidéo-verba­lisation» veröffentlicht. So wird kritisiert, dass der Staat die Hausarreste, die er nach den Anschlä­gen vom 13. November über «verdächtige Individuen» verhängt hat, mittels der Kameras überwacht.

Abends unterhalte ich mich darüber mit dem libanesischen Ladenbesitzer vis-à-vis meiner Wohnung. Er meint: «Die Kameras sind effektiv, vor allem der Verkehr ist ruhiger geworden. Aber am liebsten verlasse ich mich immer noch auf meine Augen – wenn hier ein Unbekannter länger herumsteht, dann spreche ich ihn an.» Eigentlich naheliegend und sicher günstiger, denke ich.

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