Mit En­er­gie in­tel­li­gent um­ge­hen

Der SIA plädiert für eine integrale Bezugsgrösse der Energie im CO2-Gesetzesentwurf – analog dem Energieverbrauch. Dies hat er einer nationalrätlichen Kommission in einer Anhörung kundgetan.

Publikationsdatum
07-06-2018
Revision
07-06-2018

Die Energiestrategie 2050 und die als verbindlich deklarierten Ziele der Klimakonferenz 2015 in Paris (Reduktion der CO2-Emissionen um 50 % bis 2030 gegenüber 1990) bedingen im Schweizer Gebäudepark nicht nur eine markante Effizienzsteigerung der eingesetzten Energie, sondern vor allem auch eine Abkehr von den fossilen Brennstoffen. Dank den Entwicklungen der Avantgarde rund um das Label Minergie, den entsprechenden SIA-­Normen sowie den verschärften kantonalen Vorschriften (MuKEn 2014) erfüllen Neubauten diese Anforderungen bereits weitgehend.

Die Transformation der Bestandsbauten mittels energetischen Sanierungen hingegen ist mit einer Rate von weniger als 1% pro Jahr – trotz ­Förderung im Gebäudeprogramm – unbefriedigend. Konsternierend ist auch der Umstand, dass, wie eine aktuelle Untersuchung im Kanton Zürich1 zeigt, 94% der fossilen Heizkessel bei einem allfälligen Austausch wieder durch solche ersetzt werden. Es gilt, entsprechend auf der politischen Ebene Rahmenbedingungen und zielgerichtete ­Vorschriften zu schaffen, die technologischen Entwicklungen voranzutreiben und mittels Information eine der strategischen Zielsetzung folgende Motivation zu wecken.

Nach der Vernehmlassung der Vorlage zur Revision des CO2-Gesetzes war der SIA am 9. April 2018 zur Anhörung in die nationalrätliche Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) eingeladen. Das CO2-Gesetz wird vom SIA grundsätzlich unterstützt. Er hat aber besonders beim Verfehlen der Ziele verschärfte und progressive Lenkungsabgaben vorgeschlagen.

Ergänzend zu den im CO2-Gesetzesentwurf formulierten Aspekten hat der SIA die Gelegenheit genutzt, auf das Problem der Bezugsgrösse für die CO2-Emissionen aufmerksam zu machen. Während die Zielsetzungen für den Energieverbrauch pro Kopf formuliert sind, sind sie für die CO2-Emissionen als absolute Grössen vorgegeben. Dies führt für die CO2-Emissionen zu einer einseitigen, aus Sicht des SIA wenig zielführenden Vorgabe. Haben doch die Bevölkerungszahl und das damit verbundene Wachstum der Energiebezugsflächen (EBF) direkten Einfluss auf den Energieverbrauch und auf die CO2-Emissionen.

So erstaunt es auch nicht, dass wir in Bezug auf die Zielerreichung des Energieverbrauchs (–36%) auf gutem Weg sind, während dies beispielsweise für die Reduktion der CO2-Emissionen in der Energiebereitstellung (–14%) bei gleichzeitigem Wachstum der Bevölkerung (+25%) und der Energiebezugsflächen pro Person (+9%) nicht der Fall ist.

Während bis 2016, mittels technologischer Verbesserungen zur Steigerung der Energieeffizienz und Reduktion von fossilen Brennstoffen bei der Strom- und Heizenergie­erzeugung, die CO2-Emissionen um rund 45% reduziert werden konnten, wurden sie durch die sozioöko­nomisch bedingten Entwicklungen (Bevölkerungswachstum, Zunahme Energiebezugsflächen) um rund 37% erhöht. Im Gesamtresultat ­werden wir daher das definierte Zwischen­ziel einer absoluten Reduktion der CO2-Emissionen bis 2020 um 40% wie auch die bis 2030 angestrebten –50% kaum erreichen.

Analog zur Kaya-Formel2 können die Haupttreiber der CO2-Emissionen in Gebäuden auf zwei Einflussgrössen reduziert werden. Dies sind zum einen die technolo­gischen Faktoren (CO2-Anteil am Energiemix und Energieverbrauch pro m2 EBF) und zum anderen die sozioökonomischen Faktoren (Be­völkerung und Energiebezugsflächen pro Person). Die Analyse der Empa-Forscher rund um Peter Richner (stellvertretender Direktor der Empa und Vizepräsident des SIA-­Fachrats Energie) in Anlehnung an die Kaya-Identität unterstreicht: Eine nationale und absolute Zielgrösse, wie sie im Klimaabkommen und entsprechend auch im CO2-Gesetzes­entwurf vorgesehen ist, ist nicht nur wenig sinnvoll, sondern bei in etwa gleich bleibender Entwicklung der Bevölkerung und der Energiebezugs­flächen in den nächsten Jahrzehnten im Gebäudebereich kaum erreichbar.

Aus diesem Grund plädiert der SIA im Gebäudebereich für eine integrale Bezugsgrösse wie beim Energieverbrauch. Dies, um nicht nur die technologisch bedingten Möglichkeiten abzubilden, sondern zudem die sozioökonomischen Entwicklungen adäquat zu adaptieren. Im internatio­nalen Kontext hätte das zudem den Effekt, dass auch Länder mit sinkenden Bevölkerungszahlen die Ziele bezüglich absoluten CO2-Emissionen nicht ohne weitere Massnahmen erreichen könnten und somit gleichermassen in der Pflicht blieben, ihren Beitrag zur Erreichung der globalen Klimaziele zu leisten.

Der SIA hat bereits im Jahr 2009, mit der Publikation seines «SIA-Energieleitbilds», eine Dekarbonisierung des Gebäudeparks, ja überhaupt den intelligenten Umgang mit Energie gefordert. Diese Forderungen hat er in der Anhörung bei den nationalen Parlamentariern mit einer fundierten und konsistenten Haltung eingebracht. Unabhängig davon gehen wir davon aus, dass unsere Mitglieder dies in ihrem Wirkungskreis tagtäglich eigenverantwortlich umzusetzen versuchen.

Anmerkungen

  1. Vollzugsuntersuchung Heizkessel­ersatz 2017 im Kanton Zürich, Quelle: AWEL 2018.
  2. Kaya-Identität: Um die Staaten besser vergleichen zu können, setzten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den CO2-Ausstoss pro Kopf zum Energie­verbrauch und zur Wirtschafts­leistung ins Verhältnis. Dies geschieht mithilfe der Kaya-Identität, benannt nach dem japanischen Energieökonomen Yoichi Kaya.

Verwandte Beiträge