Das Kran­ke­n­haus In­si­de-Out: Hi­sto­ri­sches Er­be und so­zia­le In­no­va­tion

Die ständig wiederkehrende Pandemie hat auch die Verwundbarkeit der Spitäler sichtbar gemacht, auch in den Medien. Sie sind dadurch zu einer Angelegenheit von aktueller politischer Bedeutung geworden. Eine Konferenz in Rom befasst sich mit diesem Thema.

Data di pubblicazione
02-11-2022
Adam Jasper
Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (gta), ETH Zürich

Die Idee des städtischen Krankenhauses lässt sich bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurückverfolgen, bis zum Ospedale Maggiore, das von Filarete für die Sforza in Mailand gebaut wurde. Dieses Haus bestand aus zwei grossen, sich kreuzenden Schiffen, entlang derer die Betten angeordnet waren, eine Konstruktion, die daran erinnerte, dass Kranke früher in der Hoffnung auf göttliche Hilfe in Nischen von Kirchen schliefen. Das wichtigste Kriterium bei deren Planung war, dass die Kranken und Sterbenden die Messe an einem Altar in der Mitte des Gebäudes hören konnten.

Das Krankenhaus als Stadt

Das zeitgenössische öffentliche Krankenhaus ist eine viel komplexere Angelegenheit, eher eine Stadt in der Stadt als eine einzelne Einrichtung. Es ist ein unverzichtbares Organ im Leben einer Stadt, aber gleichzeitig ist es eine Ansammlung kleinerer Einrichtungen, jede mit ihrem eigenen fachlichen Schwerpunkt und ihrer eigenen technischen Halbwertszeit. Die Halbwertszeiten sind immer kürzer geworden, und das Krankenhaus wurde in den letzten anderthalb Jahrhunderten mehrfach radikal neu definiert. Als Mikrokosmos der Stadt lässt sich das Krankenhaus nicht lange in einer einzigen Gebäudetypologie einschließen. Mit dem technologischen und sozialen Wandel wandelt und differenziert es sich.

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Obwohl Architekten von der Grösse und der offensichtlichen Bedeutung von Krankenhäusern fasziniert sind, tun sie sich schwer, eine feste Form für die vielfältigen Funktionen des Krankenhauses zu finden. Auch heute sind viele Krankenhäuser im Wesentlichen ingenieurgetriebene Projekte - meist Plattenbauten mit vielen Leitungen. Wie jüngere Arbeiten zeigen, ändert sich dies nun. Insbesondere Projekte von Christ & Gantenbein, Herzog de Meuron und OMA zeigen grundlegende Veränderungen in der Beziehung zwischen dem Architekturbüro als Arbeitseinheit und dem Krankenhaus als politisches, soziales und technisches Problem.

Wie entwirft man ein Krankenhaus? Die überwältigende Komplexität der Anforderungen an ein Krankenhaus macht es zu einer Bewährungsprobe für die Arbeitsweisen in Architekturbüros. Bei der Erfüllung der Anforderungen entdecken Architekten Techniken interdisziplinärer Zusammenarbeit, die nicht nur für ihr Fachgebiet, sondern auch für politische Entscheidungsträger und Verwaltungen von Bedeutung sind.

Alte Dilemmas, neue Forschung

Im Zuge der Pandemie erklärte der OMA angegliederte Think-Tank AMO, dass das zentralisierte Krankenhaus ein Relikt der Vergangenheit sei und dass die Krankenhäuser der Zukunft verstreute Einrichtungen seien, in denen Informationstechnologie die physische Infrastruktur ersetzen würde. Christ & Gantenbein hingegen verfolgen die Idee des Krankenhauses als unverzichtbare Einrichtung für die Patientenversorgung. Welche Sichtweise sich auch immer durchsetzt, sie wird das zukünftige Stadtbild prägen.

Eine Konferenz in Rom befasst sich mit diesen Veränderungen. Sie fordert auf, die Geschichte des Krankenhauses aus einer zeitgenössischen Perspektive neu zu überdenken. Fragen der Zentralisierung von Spitälern und der damit einhergehenden Schliessung kleinerer regionaler Krankenhaus in der Schweiz, wie auch Renovationen geschichtsträchtiger Spitäler in Italien bieten für der Architektur Dilemmas und Chancen, die nur in der Praxis gelöst werden können.

The Hospital Inside Out. 24.–25. November 2022 in Rom, organisiert vom Istituto Svizzero in Rom, unterstützt von La Sapienza in Rom, der ETH Zürich, der Universität Bern und der EPFL. Die Konferenz steht der Öffentlichkeit offen, online oder vor Ort.

 

Weitere Infos und Programm: istitutosvizzero.it/conferenza

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