Der Wald im öf­fen­tli­chen Bau

Holz aus heimischen Wäldern hat einen positiven Einfluss auf Bauprojekte der öffentlichen Hand. Wie kann eine Gemeinde ihre eigenen Holzreserven aktivieren?

Data di pubblicazione
03-06-2021

Besonders umweltfreundlich ist ein Holzbau, der aus Holz aus der nächsten Umgebung gebaut wurde. Holz aus der Region wird nicht weit transportiert und idealerweise auch regional weiterverarbeitet, wodurch die im Baustoff enthaltene graue Energie stark reduziert wird.

Der Weg zum eigenen Holz

Die Verwendung von Holz aus der Region ist bei privat finanzierten Bauprojekten problemlos möglich. Bei grösseren öffentlichen Bauprojekten ist die Lage etwas komplizierter: Gemäss Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) werden je nach Auftragswert verschiedene Verfahrensarten vorgeschrieben. Bauprojekte, die den Schwellenwert von 9.575 Mio. Franken überschreiten, müssen öffentlich ausgeschrieben werden. Gleiches gilt für die Leistungen des Bauhauptgewerbes (Bsp. Zimmerarbeiten) oder einzelne Lieferungen (Bsp. Einschnitt des Rundholzes) wenn sie den Schwellenwert von 500’000 Franken bzw. 250’000 Franken überschreiten.

Neubauprojekte wie zum Beispiel Schulhäuser müssen somit meist öffentlich ausgeschrieben werden. Nach dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung im BöB darf hinsichtlich der Materialherkunft keine Forderung gestellt werden. Nur regionales Holz zu fordern, ist somit nicht zulässig. Es darf auch nicht verlangt werden, dass das Holz aus einem bestimmten Umkreis des Baus stammt, was ökologisch gesehen sinnvoll wäre. Und so darf der Unternehmer, der den Zuschlag erhält, entscheiden, woher das Holz stammt, das er verwenden will. Oftmals wird eine günstige Lösung gewählt und diese ist meistens nicht die regionale Alternative.

Möglichkeiten der inhouse-Beschaffung

Es gibt aber Möglichkeiten, wie trotz öffentlicher Ausschreibung Holz aus der Umgebung verwendet werden kann: Die Bereitstellung des Holzes durch die Bauherrschaft selber, die sogenannte inhouse-Beschaffung ist eine davon. Gemeinden, die selber über Rohstoffe verfügen, dürfen diese zur Verfügung stellen und dies in der Ausschreibung so definieren.

Voraussetzung dafür ist, dass die Gemeinde über gewisse Waldreserven verfügt. Aber selbst wenn das eigene Holz nicht ausreicht, gibt es Lösungen, wie das Beispiel der neuen Eishalle des HC Ajoie in Porrentruy mit einer Holzkonstruktion von Timbatec zeigt: Das Holz für die Halle mit 4650 Sitzplätzen wurde nicht nur von Porrentruy selber, sondern von einer Union umliegender Gemeinden, dem «Syndicat intercommunal District de Porrentruy», geliefert. Besonders interessant ist auch, dass der Verarbeitungsgrad der Produkte freigestellt ist. Das bedeutet, es können ganze Stämme, Schnittholz oder auch verleimte Produkte bereitgestellt werden.

Bei der direkten Nutzung ist sichergestellt, dass das in den eigenen Wäldern geschlagene Holz auch tatsächlich für ein bestimmtes Bauprojekt genutzt wird. Jeder gefällte Baum wird für eine bestimmte Verwendung geplant und die Rückverfolgbarkeit ist gewährleistet.

Bei der indirekten Nutzung wird gleich viel Holz geschlagen, wie für ein bestimmtes Bauprojekt verwendet wird. Dieses Prinzip ermöglicht einem Waldbesitzer, seine eigenen Ressourcen zu nutzen. Das Holz wird nicht direkt für den bestimmten Bau verwendet, aber die gleichen Holzmengen werden auf dem Schweizer Markt gehandelt.

Beispiel Schulhaus Aeschi

Auch beim Primarschulhaus in Aeschi bei Spiez im Kanton Bern wurde Holz aus dem Gemeindewald verwendet. Das alte Schulgebäude aus dem Jahr 1909 wurd durch einen dreigeschossigen Neubau in Holzbauweise erweitert. Ursprünglich war ein Projekt aus Stahlbeton als Erweiterungsbau geplant. Dank der Überzeugungsarbeit verschiedener Akteure steht jedoch heute ein moderner Holzbau neben dem alten Schulhaus. Die drei überirdischen Geschosse wurden komplett in Holz erstellt. Das Sockel- und Untergeschoss wurden betoniert.

Für den gesamten Erweiterungsbau wollte die Gemeinde, als grösster Waldbesitzer des ganzen Frutigtals, ausschliesslich Konstruktionsholz aus den umliegenden Wäldern innerhalb der Gemeinde verwenden. Für den Planungsprozess ist ausschlaggebend, dass ein solcher Entscheid bereits früh getroffen wird. Holz wird idealerweise im Winter geschlagen, demnach müssen Planer und Bauherr schon im Herbst wissen, welche Bäume für das Projekt gebraucht werden. Zumindest eine grobe Planung der Querschnitte inklusive Reserven und der ungefähre Anteil an Laub- und Nadelholz ist zu diesem Zeitpunkt unabdingbar.

Nach der Ernte lieferten die Forstbetriebe das Holz nach Erlenbach für den Einschnitt und später nach Blumenstein für die Weiterverarbeitung. So wurden regionale Firmen berücksichtigt und die Transportwege minimal gehalten.

Der Erweiterungsbau kombiniert die Holzmassiv- und die Rahmenbauweise geschickt: Alle tragenden Wände und die Geschossdecken sind in Holzmassivbauweise aus Brettschichtholz erstellt. Die Innenwände sind nicht tragende Rahmenbauten. Für die Fassaden wurden weitgehend astfreie Tannenbretter eingesetzt. Als Schallschutz wurde eine trocken gebundene Splittschüttung verwendet. Spannend bei diesem Projekt waren zudem die Brandschutzlösungen: Die vertikalen Fluchtwege sind als gekapselte Holzkonstruktion ausgeführt.

Fertiggestellt wurde das Schulhaus im Frühjahr 2020, während des Shutdowns aufgrund des Coronavirus. Nach Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts im Mai wurde es erstmals von Lehrern und Schülern besucht.

Eine Aufstockung ist bereits eingeplant ist und kanneinfach vorgenommen werden, weil alle Bauteile so dimensioniert sind, dass das Schulhaus zu einem späteren Zeitpunkt um ein Geschoss erhöht werden kann. Dazu werden die Kräfte grösstenteils über Holzstützen, die die gesamte Gebäudehöhe durchlaufen und unten eingespannt sind, abgeleitet. Ausserdem sind die Innenwände nicht tragend und erlauben so maximale Nutzungsflexibilität.

Ökologisch sinnvoll bei kleinem Mehraufwand

In dem für den Erweiterungsbau verwendeten Holz sind rund 652 Tonnen CO2 dauerhaft gespeichert. Dank der sehr kurzen Transportwege konnten auch die CO2 Emissionen bei der Herstellung der Holzbauteile und beim Bau selber niedrig gehalten werden. Die anfallenden Mehrkosten für das Holz aus der Region sind gemessen an der Bausumme im Promillebereich angesiedelt.

Bauprojekte aus Holz können schneller erbaut werden als vergleichbare aus Stahlbeton, da keine Austrocknungszeit nötig ist. Die Bauzeit für Projekte aus gemeindeeigenem Holz ist kaum länger, als für solche aus Holz, das wie üblich auf dem Markt eingekauft wird. Wichtig ist hier aber, dass gewisse Planungsphasen vorgezogen und schon frühzeitig ausgeführt werden, damit die nötigen Holzbauteile rechtzeitig zur Verfügung stehen können.

Am Bau Beteiligte

 

Bauherrschaft
Gemischte Gemeinde Aeschi, Aeschi b. Spiez


Architektur
Jaggi Frei Brügger Architekten, Frutigen


Tragkonstruktion
Ramu Ingenieure, Frutigen


Holzbaukonstruktion
Timbatec Holzbauingenieure Schweiz, Bern


Holzbau
ARGE Däpp Holzbau / Bärtschi Bau, Aeschi b. Spiez
ARGE Cotting / Zurbuchen Holzbau und Sägerei, Aeschi b. Spiez


Bauphysik
Weber Energie und Bauphysik, Bern


Fassadenplanung
Müller Bernhard, Aeschi b. Spiez

 

Facts


Kosten
BKP 1-9: 8 Mio. CHF
BKP 2: 6.792 Mio. CHF
BKP 214: 1.396 Mio. CHF


Baudaten
Brettschichtholz 630 m³
Dreischichtplatten 900 m²
Gipsfaserplatten 1050 m²

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