Ver­wun­schen, ver­ru­cht und be­dro­ht

Kolumne

Data di pubblicazione
16-05-2019

Brachen sind üppig und wild, geheimnisvoll und schwer überblickbar. Sie bieten Platz für Fantasie und alles, was im öffentlichen Stadtraum unerwünscht ist: leere Bierdosen, ein illegal abgehaltener Yogakurs, seltene Pflanzen, Parcours-Besessene, Mäuse, natürlich auch Katzen und küssende Liebespaare.

Das Bild zeigt eine Passage der 32 km langen Pariser «Petite Ceinture», die seit 1934 stillgelegt ist und sich wie ein in den Schlaf ­versetzter, verwunschener Graben durch das Häusermeer zieht. In dem alten, über das Trassee gespannten Bahnhof, von dem aus das Foto entstand, befindet sich ein Restaurant mit fantastischer Küche. Die Möbel darin sind wahrscheinlich allesamt Fundstücke aus der Bahnschneise, die jemand dort entsorgt hatte.

Die Aussicht vom Restaurant auf die Gleise überrascht, denn von der Strasse aus sieht die Situation ordentlich, ja «normal» aus. Was wäre es für ein Glück, eine Wohnung zu haben mit Blick auf die Brache! Jede Stadt sollte ein Gesetz haben, das solche Orte vor Umgestaltung schützt.

Und ja, ich weiss, was ich sage: Das sind auch unbeleuchtete Ecken, wo un­erlaubt Abfall deponiert wird und sich Menschen aufhalten, denen ich nachts nicht begegnen möchte – aber ich muss nicht jederzeit überall hin. Im Übrigen: Zweifelhafte Individuen gibt es auch an beleuchteten Orten.